Corona: Deutsche Autoindustrie am Dienstag beim Arzt
Am Dienstag werden Vertreter der Automobilindustrie im deutschen Kanzleramt mit der Bundesregierung und Ländervertretern zum Autogipfel zusammenkommen. Einigkeit besteht im Vorhinein nur, dass es der deutschen Prestigebranche schlecht geht.
Die Streitfrage ist, ob der von der Corona-Pandemie ausgelöste Einbruch zu einem breit angelegten Strukturwandel genutzt werden kann oder muss. Es geht um Arbeitsplätze, Klimaschutz, Forschung und die Zukunft eines nationalen Identifikationsobjekts.
Angebots- und Nachfrageschock
Laut einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) taugt die Automobilindustrie derzeit nicht als Motor der deutschen Wirtschaft. Die globalen Lieferketten seien von einem Angebotsschock getroffen worden. "Jetzt ist die Branche mit einem Nachfrageschock konfrontiert, von dem sie sich nur langsam wieder erholt".
Erschwert werde die Situation dadurch, dass bereits hohe Überkapazitäten existierten und der technologische Wandel die Geschäftsergebnisse belaste. "In der Folge steht die Autoindustrie erstmals nach einem Jahrzehnt wieder vor spürbaren Personalanpassungen und wird als Wachstumslokomotive für den Standort Deutschland zunächst ausfallen", erklärten die Forscher.
Für die Befürworter des Wandels ist damit jetzt der ideale Zeitpunkt, um in hoffentlich zukunftsweisende Technologien zu investieren. Eine Studie von PwC Strategy& sieht die Zukunft des Verbrennungsmotors im Individualverkehr kritisch und verortet das größere Wachstumspotenzial bei alternativen Antrieben. Darin wird aber auch eingeräumt, dass "weiterhin Investitionen in Forschung und Entwicklung notwendig" seien um die neuen Fahrzeuge "wettbewerbsfähig auf den Markt zu bringen".
Schlüsselbranche
Allerdings beruhen auf der größtenteils auf konventionelle Verbrenner ausgelegten Autoindustrie in Deutschland mehr als 800.000 Arbeitsplätze und etwa 5 Prozent der Bruttowertschöpfung. Durch diese Größe hat sie auch eine Bedeutung für andere Branchen wie Metallerzeugung und Maschinenbau. Auch investieren die Hersteller erheblich in Forschung und Entwicklung.
IG Metall, Grüne und SPD befürworten deswegen einen staatlichen Beteiligungsfond, der insbesondere mittelständischen Zulieferern Sicherheit geben und Arbeitsplätze erhalten soll.
Förderungen
Die Ministerpräsidenten der "Autoländer" Bayern und Niedersachsen halten hingegen an der Forderung einer Verschrottungsprämie fest. Demnach soll auch die Anschaffung von modernen Verbrennern mit Steuergeld gefördert werden. Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder hatte das bereits im Frühling gefordert, war damit aber an Kanzlerin Merkel und der SPD gescheitert.
Die Berliner Koalition beschloss eine Förderung für Elektroautos. Die Preise für Verbrenner würden durch die Senkung der Mehrwertsteuer ohnehin fallen. Nun fordert die CSU zusätzlich zur Schrottprämie zehn Milliarden Euro für Batteriezellforschung und -produktion in Deutschland.
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