Austro-Apotheken gegen Versandriesen: Ungleicher Wettbewerb
Abstand halten, lange Warteschlangen, Schutzmaske tragen: Weil der Besuch in der Apotheke coronabedingt derzeit anders abläuft als üblich und Kunden das Ansteckungsrisiko scheuen, bestellen viele ihre Arzneimittel lieber im Internet. Den Online-Apotheken beschert dies einen kräftigen Nachfrageschub. Schon der erste Lockdown im Frühjahr brachte den Versandapotheken zweistellige Umsatzzuwächse, der zweite Lockdown sorgte für einen weiteren Schub.
„Im Frühjahr haben sich unsere Umsätze verdoppelt, dann ist es etwas abgeflaut und jetzt sind wir wieder auf dem März-Niveau“, bestätigt Christoph Hoyer, Betreiber von ApoMed.at dem KURIER. Für den Apotheker aus Schwertberg/OÖ erweist sich sein Onlineshop als Glücksfall in der Krise. „Dank des Internet-Verkaufs konnten wir den coronabedingten Kunden-Rückgang im stationären Verkauf mehr als wettmachen“. Den Vorjahres-Umsatz von 80.000 Euro werde er heuer verdoppeln können. Dennoch sei der Shop derzeit nur ein Zubrot, das viel Aufwand und Engagement seiner 17 Mitarbeiter erfordere.
400-Millionen-Markt
Der Markt wäre riesig. Schon jetzt geben die Österreicher im Internet jährlich 400 Mio. Euro für Medikamente aus. Das größte Stück des Umsatzkuchens, geschätzte 90 Prozent, landet aber auf den Tellern ausländischer Versandhandelsriesen wie Shop-Apotheke, Zur Rose (Doc Morris) oder MyCare. Der niederländische Marktführer shop-apotheke.at setzte laut EHI Retail Institute im Vorjahr 94 Mio. Euro um und ist damit bereits der viertgrößte Online-Shop in Österreich. Auch US-Versandriese Amazon drängt mit „Amazon Pharmacy“ in den Milliardenmarkt und bietet seit kurzem in den USA auch rezeptpflichtige Medikamente an.
Gegen die Übermacht der Netzgiganten können die heimischen Apotheken wenig ausrichten. Erst seit 2015 dürfen sie überhaupt ihre rezeptfreien Produkte übers Internet vertreiben, streng reguliert und mit Werbeverbot.
Erst 80 von 1.400 Austro-Apotheken haben bisher eine Versandhandelserlaubnis beantragt, die meisten davon beschränken sich auf den lokalen Markt und liefern vorwiegend an bestehende Kunden. Nur einzelne ziehen den Online-Handel größer auf und verfügen über entsprechende Infrastruktur wie etwa medistore.at der Wiener Stern-Apotheke. Weil Medistore für den eigenen Shop einen Werbespot im Radio schaltete, hagelte es eine saftige Strafe von der Apothekerkammer, die vor dem Verwaltungsgerichtshof landete.
Verlust mit Diskont
Auch ApoMed-Gründer Hoyer fühlt sich von seiner Kammer im Stich gelassen und fordert eine Aufhebung des Werbeverbots. „Weil wir nicht werben dürfen, sind wir gegen die Großen ohnehin chancenlos.“ Preislich könne er sowieso nicht mithalten: „Wenn ich Aspirin um 30 oder 40 Prozent billiger verkaufe, mache ich Verlust, das hat keinen Sinn.“ Hoyer würde daher gerne seine weniger preissensiblen Nischenprodukte aus der Naturheilkunde (z.B. Tinkturen) sowie die persönliche Fachberatung bewerben.
Auch telefonische Bestellungen werden entgegengenommen. „Wir fragen auch nach, wenn ein Produkt ungewöhnlich oft bestellt wird.“ Als reine Versandapotheke für Österreich und Deutschland agiert vamida.at des Jungunternehmers Marco Vitula. Firmensitz ist in Brünn, die Geschäfte werden von Wien aus geführt, Partner ist die Wiener Maria Lourdes Apotheke. Vitula kämpft seit Langem gegen die Einschränkungen für heimische Shops und will auch rezeptpflichtige Arzneien liefern. Basis dafür könnte das elektronische Rezept sein.
Kommentare