Kontos: Physische Karten sind auch im Digitalzeitalter unverzichtbar
Der Chef der Austriacard Holdings, Manolis Kontos, erwartet nicht, dass das klassische Bankomat- und Kreditkartengeschäft in den nächsten Jahren von der Bildfläche verschwinden wird. Zwar gehe bei Zahlungen wie in vielen Bereichen der Trend in Richtung Digitalisierung, die "Menschen werden aber in Zukunft weiter von physischen Karten Gebrauch machen", zeigte er sich im Gespräch mit der APA überzeugt.
Was sich ändere, seien die Bedürfnisse und damit das Nutzungsverhalten.
So werde seitens der Konsumenten immer mehr auf schnelles und unkompliziertes Bezahlen Wert gelegt, etwa via digitalen Karten auf sogenannten "Wallets". Dies vor allem in Teilen Mittel- und Nordeuropas, wo ohnehin schon elektronische- und Kartentransaktionen das bevorzugte Zahlungsmittel seien und Bargeld nur mehr eine geringfügige Rolle spiele. Für viele Personen wird das die Kartenzahlung unattraktiv machen, glaubt Kontos, der aber zu bedenken gibt, dass das physische Produkt den Konsumenten auch eine bekannte Alternative biete und damit eine bestimmte Sicherheit gebe. Bankomatkarten würden daher mittelfristig gewiss nicht vollständig vom Markt verschwinden, selbst wenn sie weniger genutzt werden sollten.
Wachstumsmöglichkeiten für das Kartengeschäft
Kontos machte ebenso darauf aufmerksam, dass die Verbreitung von Karten in den verschiedenen Teilen der Welt sehr unterschiedlich ausgeprägt sei. In Afrika etwa seien viele Menschen nach wie vor "underbanked", sprich ohne Konto und damit auch ohne Bankomatkarte. "Es bestehen also immer noch Entwicklungs- und Wachstumsmöglichkeiten für das Kartengeschäft." Den Geldhäusern wiederum werden Karten künftig mehr als Marketing-Instrument dienen, sollten sie weniger physische Karten ausstellen, glaubt der Manager, seit heuer CEO des Konzerns. Zu beobachten sei dies vor allem bei Neo-Banken wie N26 oder Revolut sowie aufstrebenden Finanztechnologieunternehmen ("Fintechs"), die ihren Bekanntheitsgrad steigern wollen.
Mit Neo-Banken kommt die Austriacard Holdings, die ihren Hauptsitz in Wien hat, regelmäßig in Berührung; sie gehören zum engeren Kundenkreis des Kartenherstellers, dessen Portfolio neben Bankomat- und Kreditkarten unter anderem auch Personalausweise sowie die österreichische E-Card als großes Vorzeigeprojekt umfasst. Sich selbst versteht das Unternehmen allerdings mehr als Anbieter umfassender digitaler Sicherheitstechnologien mit diversen Anwendungen - denn die Dienstleistungen gehen über das Herstellen und Personalisieren von Karten hinaus, wie Kontos erklärt.
Austriacard als digitaler Dienstleister
"Was uns von anderen Kartenherstellern unterscheidet, ist vor allem unser technisches Wissen in Bezug auf das operative System, also den Chip der Smart-Karten." Beispielsweise kooperiere man eng mit Chip-Herstellern wie Infineon, denen man technische Inputs zur Software liefere und ihnen damit die Weiterentwicklung ihrer eigenen Chips ermögliche, etwa in Bezug auf Sicherheitsfeatures. Ähnliche Services biete man den Banken, die ihre Karten von Austriacard beziehen. Diesen stelle man beispielsweise Analysedaten in Bezug auf das Nutzungsverhalten der Konsumenten zur Verfügung, was den Banken wiederum ermögliche, ihr Angebot an spezifische Kundenbedürfnisse anzupassen.
Die Austriacard Holdings, seit 2023 in Wien und Athen börsennotiert, sieht sich aufgrund dieser technologischen Ausrichtung für die digitalen Umwälzungen in der Zahlungsbranche vorbereitet, zumal sie die Umsätze nicht aus der Verwendung, sondern aus der Herstellung der Karten und aus den erwähnten digitalen Services generiert. In der Banken- und Zahlungsbranche erkennt Kontos ebenso wie beim Nutzerverhalten einen Umbruch: Derzeit drängten viele Akteure auf den Markt, die mit neuen Funktionalitäten aufwarten - wie etwa vor einigen Jahren Paypal. Austriacard werde daher den Fokus auch in Zukunft verstärkt auf digitale Dienstleistungen legen.
Mit der 2023 erfolgten Börsennotierung in Wien will die Austriacard Holdings, die heute über 2.500 Mitarbeiter beschäftigt, nach den Worten von Kontos ein "Signal an die lokalen Partner und die finanzielle Community senden", um hierzulande an Popularität zu gewinnen und seine starke Verankerung in Österreich zu untermauern. In Wien sitzt beispielsweise das größte Produktionszentrum der Gruppe, selbst wenn die Personalisierung von Karten dezentral erfolgt und das Unternehmen auch sonst in vielen anderen Ländern Europas operativ tätig ist.
Weitere Expansion geplant
Ihre Wurzeln hat die heutige Austriacard Holdings im griechischen Unternehmen Inform, das im Jahr 1897 gegründet wurde, sich 1981 als IT-Unternehmen etablierte und 1994 an der Börse in Athen gelistet wurde. 2007 kaufte sie die Mehrheit an der österreichischen Austriacard, damals Tochter der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), ehe sie nach weiteren Expansionsschritten mit der Börsennotierung in Wien parallel zu Athen zur Austriacard Holdings verschmolz.
Ziel der Gruppe sei es, sich ausgehend von Wien weiter international zu etablieren, so Kontos. So verfolgt das Unternehmen etwa Expansionspläne in den USA, im Vereinigten Königreich, aber auch in Afrika. Was die Kartennutzung und Digitalisierung von Transaktionen in Österreich betrifft, sieht Kontos eine "langsam vorangehende Entwicklung", wobei er auch hier - trotz des hohen Stellenwerts von Bargeld in der Bevölkerung - mit einem Schwung in Richtung Kartenzahlung und Digitalisierung rechnet.
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