AT&S-Chef: Mikroelektronik elementar für Klima- und Energiewende
Der Chef des börsennotierten steirischen Leiterplattenhersteller AT&S, Andreas Gerstenmayer, sieht Österreich und die EU im globalen Wettbewerb in der Mikrotechnologie "dem Fell ein Stück hinterherlaufen". Dabei sei gerade diese für die Energie- und Klimawende elementar. In der Alpenrepublik gebe es an sich gute Voraussetzungen, diese gehörten aber geschickt genutzt - aber dafür gehöre auch etwas mehr getan, sagte der Manager sinngemäß im Ö1-"Journal zu Gast" am Samstag.
"Die Mikroelektronik muss Teil der Klimawende und der Energiewende werden", sagte Gerstenmayer. Es brauche noch mehr Investitionen in Energie- und Dateninfrastruktur als sie bisher in EU und Österreich vorgesehen seien. So sei der geplante europäische "Chips Act" ein wichtiger Schritt, könne aber auch nur ein erster und sicher kein finaler sein. Im Zuge der herausfordernden Digitalisierung und Elektrifizierung der Gesellschaft gehe es darum, die Energie und die Datenmengen zu verteilen - "und die wachsen weiter".
Im Rahmen der EU-Mikroelektronik-Initiative ist AT&S wie berichtet eines von sechs Unternehmen und einem Partner in Österreich, die insgesamt hierzulande europäische und österreichische Beihilfen von bis zu 175 Mio. Euro für Spitzentechnologie-Projekte bekommen. Dabei sind unter anderen auch AVL und Infineon Austria. Die Summe setzt sich aus 125 Mio. Euro vom Europäischen Wiederaufbaufonds sowie aus 50 Mio. Euro nationalen Mitteln zusammen.
In der EU geht es aktuell um insgesamt 42 Mrd. Euro an neuen Subventionen, die noch final zu fixieren sind. Auch beispielsweise Südkorea und die USA haben massive IT-Förderprogramm aufgesetzt, die jenes in der EU geplante übersteigen.
Österreich könne grundsätzlich auf seine starke Autozulieferer-Industrie bauen, aber auch diese müsse digital umgebaut sowie stärker auf Elektromobilität ausgerichtet werden. Für (Hightech-)Unternehmen - egal ob um heimische oder auswärtige, die sich hier ansiedeln sollen - sei eine attraktive Umgebung wichtig. Dabei gehe es um die Verfügbarkeit von Fachkräften, die Forschungsinfrastruktur und die Kosteninfrastruktur. "Die Forschungsinfrastruktur ist in Österreich relativ gut; das ist ein Asset vieler europäischer Länder", sagte der gebürtige Bayer Gerstenmayer. Bei den Fachkräften hätten alle Probleme, die sich ohne qualifizierten Zuzug sicher nicht lösen ließen, auch wenn in Europa einige Parteien dagegen seien. "Wir brauchen den qualifizierten Zuzug und müssen uns dafür öffnen, dafür brauchen wir eine Willkommenskultur", so der Manager in Ö1. Zu hohe (Arbeits-, Steuer- und Abgaben-)Kosten müssten durch Subventionen ausgeglichen werden.
Nicht nur für Menschen geht es in der Digitalisierung um Datenschutz - auch für Firmen. Laut Gerstenmayer müssten Unternehmens-, Forschungs- und Kundendaten sicher sein, um sie in Netze einzubringen.
Der AT&S-Konzern hatte erst dieser Tage fürs erste Quartal seines Geschäftsjahres 2023/24 einen deutlichen Einbruch beim Umsatz und Ergebnis gemeldet. Der Umsatz sank im Jahresabstand um 28 Prozent auf 362 Mio. Euro und das Konzernergebnis drehte von 96 Mio. Euro auf minus 2 Mio. Euro in die Verlustzone. Immerhin gegenüber dem Vorquartal legte der Umsatz jedoch um ein Fünftel zu. "In einem nach wie vor schwierigen Marktumfeld mit beinahe täglich wechselnden Prognosen ist es uns gelungen, eine Stabilisierung der operativen Entwicklung zu erreichen", sagte CEO Gerstenmayer bei der Präsentation der Zahlen am vergangenen Dienstag. Die Effizienz- und Kostenoptimierungsprogramme würden rascher als geplant greifen. In den kommenden beiden Geschäftsjahren sollen in Summe 440 Mio. Euro eingespart werden.
AT&S hat ein Milliardenprojekt in Kulim in Malaysia laufen. Beim Werk 1 wurde zuletzt die Dachgleiche erreicht, Produktionsstart sei im Herbst 2024. Der Produktionsstart des bereits fertig gebauten Werks 2 hängt aber weiter von der Entwicklung des Marktes ab, so die Firma kürzlich. Das Projekt geht langsamer voran als ursprünglich angestrebt. In Leoben könne man aber beispielsweise auf das lang aufgebaute Know-how und gerade die Fachkräfte zählen, so Gerstenmayer.
Dort fließen 500 Mio. Euro in ein fertig werdendes Forschungs- und Entwicklungszentrum mit angeschlossener Serienfertigung für IC-Substrat-Technologien. 700 Jobs entstehen in der Obersteiermark. Diese Technologie mit der Substrate-Fertigung gebe es in dieser Dimension erstmals in der westlichen Welt. Damit und dem neuen Werk in Kulim und den etablierten Produktionsstandorten in Chongqing, Shanghai (beide China), Ansan (Korea) und Nanjangud (Indien) will der AT&S-Konzern im weltweiten Wettbewerb "einen entscheidenden Schritt voraus sein".
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