Peter Resetarits: "Das muss die Demokratie auch aushalten"

Warnung vor der „Selbstbestätigungsblase“: Moderator Peter Resetarits (mit Kanzler und Vizekanzler)
Peter Resetarits über die hitzige Debatte zum "Bürgerforum", und warum er zu der Sendung steht.

KURIER: Während und nach dem "Bürgerforum" sind die Emotionen hochgegangen. Wie sehen Sie die Sendung rückblickend?

Peter Resetarits: Ich glaube, die Sendung war eine Widerspiegelung der Stimmungslage in der österreichischen Bevölkerung – in ihrer Aufgeheiztheit und in ihrer ganzen Emotionalität. Insofern war es ein authentisches Bild.

Wie suchen Sie das Publikum für die Sendung aus?

Die Redaktion sucht es aus. Wir versuchen im Vorfeld schon anhand der Meinungsforschung ein Stimmungsbild zu bekommen. Da haben sich drei Gruppen herauskristallisiert: Die eher Aufnahmebereiten, die sehr Restriktiven und die Ambivalenten. Das haben wir versucht, widerzuspiegeln.

Am lautesten und auffälligsten waren dann die Repressiven und von Angst Getriebenen.

Das ist ein Stimmungsbild mit zwei Wahrheiten: Die einen fanden, dass eh schon wieder nur die "Gutmenschen" zu Wort gekommen sind und die Flüchtlinge zu lange geredet haben. Die anderen fanden, die Kritiker seien viel zu lange zu Wort gekommen.

Unversöhnliche Lager. Kann man das wieder auflösen?

Ich glaube, dass das sehr schwer ist. Ich glaube auch, dass wir als Journalisten gut beraten sind, uns nicht dem Vorwurf auszusetzen, mit der Kamera nur dort hinzuschauen, wo es uns passt, und in einer Selbstbestätigungsblase gegenseitig zustimmen, was gut ist.

Für heftige Debatten hat der Auftritt des Obmanns der Identitären gesorgt, einer Bewegung, die als rechtsextrem eingestuft wird. Weder Sie als Moderator noch die Diskutanten haben ihn weltanschaulich eingeordnet. Warum unterblieb das?

Wenn sich jemand vorstellt, ist es nicht meine Rolle, sofort eine Bewertung abzugeben. Ich glaube auch nicht, dass ein Einwurf von mir – etwa: "Sie sind ein Rechtsextremer" – dazu geführt hätte, dass der Herr zugestimmt hätte. Wir hätten vielmehr eine Debatte geführt, ob er sich nicht vielleicht eher heimatverbunden fühlt oder so etwas Ähnliches – und dem Ganzen viel mehr Gewicht gegeben, als es bei einer Minute Redezeit in einer Zweistundensendung der Fall war. Trotz alldem: Es gilt die Meinungsfreiheit in diesem Land. Es muss daher auch möglich sein, dass Dinge gesagt werden, die unangenehm, aber einfach da sind. Die Anwesenden hätten übrigens ihre Empörung über den Herrn ungehindert artikulieren können. Und die Identitären bewegen sich offenbar im Rahmen der Legalität, um es einmal so zu formulieren.

Das Kalkül der Redaktion war aber schon, die Identitären als Facette der Debatte einzuladen. Ihnen war auch bewusst, wofür der "Obmann" steht, als er sich vorgestellt hat.

Ich wusste nicht von allen Gästen, wer wer ist. Aber es war mir bewusst, dass jemand von der identitären Bewegung drinnen sitzt und womöglich etwas sagen wird.

Haben Sie Lehren aus der Sendung gezogen?

Es ist schlicht notwendig, das zu machen. Eine persönliche Bemerkung: Es ist mir nicht wahnsinnig angenehm, in so einer aufgeheizten Stimmung dort zu stehen und von allen Seiten Buh-Rufe und Beschuldigungen zu hören. Aber ich glaube auch, dass es wichtig ist, Dampf abzulassen und den Leuten den Eindruck zu geben: Wir nehmen euch ernst. Das muss die Demokratie auch aushalten.

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