"OZ": Aufbruch hinter Gittern

So viel Freiheit hatten Drehbuchautoren davor noch nie: Ausschnitt aus "Oz" von 1997
Eine brutale Serie über ein fiktives Gefängnis legte 1997 den Grundstein für die Blüte des amerikanischen Serienmarktes. Sky zeigt "Oz" ab Montag.

Am Anfang schufen die Drehbuchschreiber Gefängnisschlägereien und Gitterstäbe. Und sie sahen, dass es gut war: Mit dem brutalen Zellen-Drama "Oz" hat der US-Bezahlsender HBO im Jahr 1997 sämtliche Tabus der Fernsehbranche über Bord geworfen und seinen heute legendären Ruf begründet. Noch nie gab es ein Drehbuch, das so schonungslos und drastisch war, noch nie hatte man den Fernsehzusehern Gewalt, Missbrauch und Skrupellosigkeit der einzelnen Charaktere so nahe gebracht. "NYPD Blue wirkt im Vergleich dazu so harmlos wie die ,Blaue Lagune‘", staunte die Branchenbibel Variety damals in einer ersten Kritik: "Es ist ungefähr so schön wie eine modernde Leiche und es gibt keinen, zu dem man halten kann."

Die US-Hochglanz-Serien waren geboren.

Im Sondertrakt

"Oz" erzählt die Geschichte des Anwaltes Tobias Beecher, der wegen eines Unfalls in den Sondertrakt des fiktiven Gefängnisses Oswald Maximum Security Prison kommt. Dort wird er Opfer und Zeuge schwer verdaulicher Gewalt: Das Gefängnis ist in mehrere Gruppen geteilt, die sich das enge Reich skrupellos und brutal aufteilen. Beecher gerät gleich in die Fänge eines Neonazis, der den wehrlosen braven Bürger von nebenan brutal unterwirft.

"Oz" kann mit den späteren Klassikern von HBO wie den "Sopranos", "The Wire" oder "Six Feet Under" oder "Game of Thrones" noch nicht mithalten, brachte aber eine strategische Neuausrichtung im US-TV-Geschäft: Lass deinen Drehbuchautoren jegliche Freiheit, suche dir eine spitze Zielgruppe, die das daraus entstandene polarisierende Werk bejubelt und jede neue Folge sehnsüchtig erwartet – der Erfolg sei dir gewiss. Mit den "Mad Men" und "Breaking Bad" zogen Sender wie AMC mit ebenso ambitionierten wie kultisch verehrten Serien nach. Auch die Internetplattform Netflix hat mit "House of Cards" so ein Pferd im Stall.

Zielgruppenfrage

Die neue Ära, die "Oz" begründet hat, lässt die europäischen und deutschsprachigen Serienmacher dafür alt aussehen und stellt auch die Programmplaner vor Probleme: Die kompromisslosen Drehbücher eignen sich nur selten für ein Massenpublikum, so gut die Kritiken auch sein mögen. Als Spartensender profitiert hierzulande deshalb fast nur die Bezahlplattform Sky von der teuren Ware aus Übersee (Sky wird "Oz" ab Montag um 20.00 Uhr ausstrahlen). Im großen US-Fernsehmarkt sind eben auch kleine Zielgruppen noch recht üppige Massen.

Am Prominentesten:
The Sopranos, eine Mafia-Saga um einen Gangster beim Therapeuten.

Am Ausgefeiltesten:
The Wire, eine epische Verquickung von Drogengeschäft, Medien und Politik in Baltimore.

Am Populärsten:
Game of Thrones, 2013 die am öftesten raubkopierte US-Serie.

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