Arbeitgeber: Können Teuerungskrise nicht alleine stemmen
Im Vorfeld der anstehenden Herbstlohnrunde, die am 19. September beginnt, versucht die metalltechnische Industrie die Erwartungen auf der Arbeitnehmerseite zu bremsen. „Die Kollektivvertragsverhandlungen starten heuer unter schwierigen Vorzeichen“, sagt Fachverbandsobmann Christian Knill.
Nach dem ersten Corona-Jahr kam es zwar in der Industrie zu einem guten Jahr 2021, auch das erste Halbjahr 2022 ist erfreulich verlaufen. Doch sollen sich jetzt erst alle Widrigkeiten so richtig zu Buche schlagen. Und das sind laut Industrie viele, allen voran die stockenden Lieferketten, aber auch der russische Angriffskrieg in der Ukraine, die für Engpässe und Preissteigerungen bei Vormaterialien sorgen. Dazu kommen die hohen Energiekosten, die die Produktion zusätzlich verteuern. Bei Vormaterialien können die Preissteigerungen zum Teil, bei der Energie gar nicht weitergegeben werden.
Schlechte Prognosen
Die Branche rechnet im zweiten Halbjahr 2022 angesichts der düsteren Prognosen der Wirtschaftsforscher mit einem deutlichen Abschwung, auch wenn Knill das „R-Wort“ (Rezession) noch nicht in den Mund nehmen will. Dennoch rechnet jeder vierte Unternehmer mit einem Rückgang der Produktion, jeder dritte mit einem negativen Betriebsergebnis.
Als Lösung für die schwierige Situation bringt Knill für die heurigen Kollektivvertragsverhandlungen einen „Schulterschluss“ ins Spiel. „Die Inflation ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, sagt der Fachgruppenobmann. Die Unternehmen könnten sie nicht alleine schultern. Bei neun Milliarden Euro an jährlichen Personalkosten würde allein die Inflationsabgeltung Zusatzkosten in Höhe von mehr als einer halben Milliarde bedeuten.
Vielmehr müssten auch Staat und Arbeitnehmer einen Beitrag leisten. Etwa, dass staatliche Unterstützungen in den Verhandlungen berücksichtig würden und der Staat nicht nur Haushalte, sondern auch Unternehmen fördere. Nur so könne ein fairer Abschluss zustande kommen, mit dem Unternehmen und Mitarbeiter dann leben müssten. Ob sogar ein Minus vor dem Abschluss stehen sollte, ließ sich Knill nicht entlocken, nur, dass es zu einem Wohlstandsverlust kommen könnte.
"Nicht vorstellbar"
Vorschläge, die bei der Gewerkschaft auf wenig Verständnis stoßen. Staatliche Unterstützungen für Haushalte bei den Verhandlungen einzubeziehen und dadurch auf einen niedrigeren Abschluss zu kommen, ist nicht vorstellbar, heiß es seitens der Gewerkschaft. Da müsste man ja auch Unterstützungen für Unternehmen, wie die Corona-Hilfen, mit einberechnen. Bei den Verhandlungen könne ja kein Minus für die Arbeitnehmer herauskommen, nur weil der Staat Gutscheine verteile.
Ein Abschluss unter der Inflationsrate ist für die Gewerkschaft ebenso undenkbar. Sie will noch die Schnellschätzung der Statistik Austria Mitte September abwarten, rechnet aber derzeit damit, dass die Inflation bei sechs bis sieben Prozent zu liegen kommen werde. Und das ist noch nicht einmal die Minimalforderung der Gewerkschaft, denn sie will unbedingt einen Lohnzuwachs in der heurigen Herbstlohnrunde erreichen.
Kein Grund zu Jammern
2021 und das erste Halbjahr 2022 seien für die Industrie super verlaufen, es gab trotz aller Widrigkeiten geradezu einen Boom. Der Industrie müsse es schon sehr schwerfallen, da auch noch zu jammern, heißt es aus der Gewerkschaft.
Die metalltechnische Industrie beschäftigt mehr als 134.000 Mitarbeiter und besteht aus rund 1.200 Betrieben. Nur 1,5 Prozent davon sind börsennotierte Unternehmen, der Großteil sind Familien- bzw. Klein- und Mittelbetriebe. Die Branche hat einen jährlichen Produktionswert in Höhe von 43,8 Milliarden Euro, das entspricht einem Viertel der gesamten österreichischen Industrie. Dem KV-Abschluss dieser Branche kommt deshalb so viel Bedeutung zu, weil er richtungsweisend für die folgenden Abschlüsse anderer Branchen ist.
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