Einkaufen: Wie Modehändler den Stadtkern aushöhlen können

Einkaufen: Wie Modehändler den Stadtkern aushöhlen können
„Lagerhaus statt Kaufhaus“ lautet das Motto in Zeiten des Onlinehandels. Abseits der großen Shoppingmeilen sind die Folgen enorm

In jedem zweiten Handelsgeschäft in Stadtlage ist ein Modehändler eingemietet.

Womit das Problem auch schon umrissen ist.

Seit große Feste und Veranstaltungen pandemiebedingt gestrichen sind, ist Abendrobe ein Ladenhüter. Textilhändler berichten, dass sich die Zahl der verkauften Anzüge halbiert hat, seit das Homeoffice in den meisten Firmen Einzug hielt. Die Umsätze der Textilhändler sind im Durchschnitt um 25 Prozent eingebrochen, die Liste der insolventen Modemarken reicht von Dressmann über Pimkie bis Stefanel und wird immer länger.

Mit der Schieflage der Modebranche schreitet auch die Aushöhlung der Stadtkerne weiter voran, warnt Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands. Bereits in den vergangenen zehn Jahren seien 10.000 Geschäfte verloren gegangen, aktuell wären weitere 10.000 existenzgefährdet. Freilich nicht nur coronabedingt, auch weil sich das Konsumentenverhalten ändert – Stichwort Onlineshopping.

Das Beratungsunternehmen Standort+Markt analysiert alljährlich die Entwicklung der Einkaufsstraßen. Die aktuelle Studie bestätigt, dass sich immer weniger Textilhändler in den Städten ansiedeln. „Nur noch zwölf Prozent der neuen Shops sind Modegeschäfte“, sagt Roman Schwarzenecker von S+M.

Generell seien Handelsflächen auf Schrumpfkurs. Österreichweit gibt es demnach nur noch zehn Städte, in denen die Verkaufsflächen noch ausgebaut werden.

889 leere Geschäfte

Doch Corona hat bisher wenig Spuren hinterlassen. „Allen Unkenrufen zum Trotz liegt die Leerstandsquote unverändert bei 5,9 Prozent“, sagt S+M-Geschäftsführer Hannes Lindner. Auch die Fluktuationsrate – im Schnitt wechseln in Geschäftslokalen alle 7,5 Jahre die Mieter – sei unverändert. „Aber es gibt viele Zombie-Unternehmen“, warnt er vor einer anrollenden Pleitewelle. Einzelhändler würden zudem den Rückzug aus Innenstädten antreten. „Lagerhaus statt Kaufhaus“, lautet das Motto, sagt Lindner mit Verweis auf den Webhandel.

In vielen Städten wäre es aus Sicht des Beraters höchste Zeit, sich zu überlegen, wie Besucher angelockt werden können, obwohl es immer weniger Geschäfte gibt. Ein Weg könnten mehr Gastronomie-Betriebe sein. Das allein werde aber vielerorts nicht reichen. Handelsflächen werden wohl auch in Büros oder Ordinationen umgebaut werden. Platz zur Entfaltung gibt es: Derzeit stehen in Städten Österreichs 100.000 Quadratmeter Verkaufsfläche leer, hat S+M errechnet. Das entspricht der Größe von 889 durchschnittlichen Shops.

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