Abstimmung zum Verbrenner-Aus wird verschoben
Die EU-Staaten sollten am kommenden Dienstag eine endgültige Entscheidung über das pauschale Verbot neuer Autos mit Verbrennungsmotor ab 2035 treffen. Wie ein Sprecher des zuständigen schwedischen EU-Ratsvorsitzes am Freitag bekannt gab, wird die Abstimmung nicht stattfinden. Der Grund dürfte die Weigerung Deutschlands sein, die Entscheidung mitzutragen.
Der deutsche Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte zuletzt erklärt, dass Deutschland dem geplanten Verbot zum derzeitigen Zeitpunkt nicht zustimmen kann. Wissing bekräftigte die Forderung, die EU-Kommission müsse einen Vorschlag unterbreiten, wie klimaneutrale synthetische Kraftstoffe nach 2035 in Verbrennungsmotoren eingesetzt werden können. Wissing verlangte eine entsprechende Zusage.
Ohne die Zustimmung Deutschlands hätte die für Dienstag geplante Abstimmung scheitern können. Notwendig für die Annahme des Gesetzes ist die Zustimmung von 15 von 27 Mitgliedstaaten, die zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen müssen. Neben Deutschland wollten zuletzt auch Länder wie Italien, Polen und Bulgarien den Plänen so nicht zustimmen. Die 65-Prozent-Hürde würde ohne Deutschland nicht erreicht.
Einigung im Oktober
Eigentlich hatten Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten sich bereits im Oktober darauf verständigt, dass in der EU ab 2035 nur noch Neuwagen verkauft werden dürfen, die im Betrieb keine Treibhausgase ausstoßen. Die ausstehende Abstimmung der EU-Staaten ist der allerletzte Schritt im Gesetzgebungsverfahren und eigentlich eine Formalie.
Wissing hatte jedoch bereits Anfang der Woche Widerstand gegen das Vorhaben angekündigt und damit gedroht, dass Deutschland nicht werde zustimmen können. Er begründete dies damit, dass die EU-Kommission bislang noch keinen Vorschlag dazu vorgelegt habe, wie nach 2035 nur mit klimaneutralen Kraftstoffen wie E-Fuels betankte Fahrzeuge zugelassen werden können. Dies war Teil der Einigung im Rat der EU-Staaten im Juni 2022, mit der die FDP zu einer Zustimmung innerhalb der Bundesregierung bewegt werden konnte.
Audi-Chef befürchtet "Hängepartie"
Audi-Chef Markus Duesmann hat in einer ersten Reaktion vor einer Kehrtwende gewarnt. "In der politischen Diskussion sehen wir das Risiko, dass der klare Beschluss der EU zum Verbrenner-Ausstieg 2035 wieder infrage gestellt wird", sagte Duesmann dem Spiegel. "Das birgt die Gefahr einer Hängepartie, und die wäre für die Autoindustrie fatal." Der Audi-Chef betonte die Notwendigkeit der Planungssicherheit für die Autobranche und ihre milliardenschweren Investitionen.
Audi will etwa ab 2026 nur noch neue Pkw-Modelle mit Elektromotor auf den Markt bringen und ist damit nicht alleine: Opel und Citroën sollen ab 2028 rein elektrisch sein, Fiat, Mini, Volvo, Ford und Mercedes wollen nach 2030 keine neuen Verbrenner-Modelle mehr bauen.
Synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, entstehen, indem Wasserstoff mit CO2 vermengt und dabei verflüssigt wird. Der große Vorteil: Sie können in aktuellen Modellen von Verbrennungsmotoren oder auch Ölheizungen verbrannt werden, ohne dass dazu ein Umbau nötig ist. Auch können sie als Flüssigkeiten gut gelagert und transportiert werden. Der große Nachteil: E-Fuels sind teuer und ineffizient. Laut einer Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung verbraucht das Verbrennen von E-Fuels in Motoren oder Triebwerken fünfmal so viel Energie, als Strom direkt zu nutzen. Auch ist unklar, wo der Wasserstoff in entsprechenden Mengen herkommen soll. Kritiker von E-Fuels wollen diesen lieber dort eingesetzt sehen, wo es keine guten Alternativen gibt, etwa in der Industrie.
Als klimaneutral gelten E-Fuels unter zwei Bedingungen: Erstens muss der Wasserstoff mit erneuerbaren Energien hergestellt worden sein. Zweitens muss das verarbeitete CO2 bereits in der Atmosphäre vorhanden gewesen sein bzw. darf es nicht zusätzlich erzeugt werden.
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