16.700 Unternehmer suchen Nachfolger
23 Prozent der Klein- und Mittelunternehmer wollen sich in den nächsten fünf Jahren operativ aus ihrem Unternehmen zurückziehen. Bei aktuell etwa 345.200 KMU in Österreich (laut KMU Forschung Austria) sind das rund 79.400 Betriebe, in denen bis zum Jahr 2025 das Ruder übergeben werden soll. Das zeigt die aktuelle Studie der Österreichischen Notariatskammer (ÖNK).
Familie bevorzugt
Die Mehrheit der Unternehmer würde dabei gerne einen Nachfolger aus der Familie bevorzugen (siehe Grafik). 15 Prozent denken an verdiente Führungskräfte im Unternehmen. Interessantes Detail: 16 Prozent würden ihre Firma auch an einen Jungunternehmer übergeben, der bereits etabliert ist.
Somit steht ein Jungunternehmer als möglicher Nachfolger – abgesehen von der Familie – mehr im Fokus als alle anderen Möglichkeiten. Management Buyouts haben hingegen an Bedeutung verloren und sind nur noch für sieben Prozent eine Option.
„Chemie“ muss passen
Allerdings: Rund 16.700 Unternehmer haben keinen Nachfolger und wissen auch noch nicht, wer dafür überhaupt infrage kommt. Oft auch, weil die Kinder bereits einen anderen Beruf gewählt haben.
„Das Finden eines geeigneten Nachfolgers ist der Knackpunkt bei der Unternehmensübergabe“, sagt Michael Umfahrer, Präsident der Österreichischen Notariatskammer.
„Es geht bei einem Nachfolger nicht nur um dessen fachliche Kompetenz, sondern auch um dessen menschliche Qualitäten. Die Chemie zwischen ihm und dem Übergeber muss stimmen.“ Übrigens: Für acht von zehn KMU spielt es keine Rolle, ob es sich um einen männlichen oder weiblichen Nachfolger handelt.
Die Studie zeigt auch, dass mit der „Hofübergabe“ rechtzeitig begonnen werden sollte. 48 Prozent der Befragten sind der Auffassung, dass ein bis fünf Jahre vor dem geplanten Rückzug mit der Vorbereitung der Unternehmensübergabe begonnen werden sollte. Und zwar möglichst mit einem klaren Plan.
Streitigkeiten
Umfahrer: „Unternehmen mit unklaren Eigentumsverhältnissen, Zielen und Kompetenzregelungen sind besonders in ihrem Bestand gefährdet.“ So könnten Erbstreitigkeiten und widersprüchliche Vorstellungen über die Zukunft eines Betriebes für alle Beteiligten zeit- und kostenaufwendig sein.
„Solche Streitigkeiten lassen sich verhindern, wenn der Unternehmer rechtzeitig selbst bestimmt, wer wann und in welcher Form die Firma übernehmen und führen wird und wie Vermögen in der Familie verteilt werden soll.“ Die Studie offenbart aber auch, dass nicht alle Unternehmer für ihren Ruhestand vorgesorgt haben.
64 Prozent geben zwar an, dass sie finanziell für das Alter abgesichert sind, aber das sind um elf Prozentpunkte weniger als noch vor vier Jahren bei der vergangenen Umfrage. Und nur 40 Prozent (minus zwölf Prozent-Punkte gegenüber 2016) haben die finanzielle Sicherheit des Partners, der Kinder und deren Ausbildung abgesichert.
Nachholbedarf
Knapp ein Drittel der befragten Firmenchefs hat für den Weiterbestand des Unternehmens vorgesorgt. Bei großen Unternehmen ab zehn Mitarbeitern hingegen hat allerdings schon fast die Hälfte (46 Prozent) für eine Sicherung des Lebenswerkes vorgesorgt.
„Kleinere Betriebe haben hier eindeutig Nachholbedarf“, so Umfahrer. Rechtliche Vorkehrungen mit Gesellschaftsvertrag, Vorsorgevollmacht, Ehe- und Partnerverträgen sowie Testament geben der Hälfte der heimischen KMU gerade in Corona-Zeiten ein zusätzliches Gefühl der Sicherheit.
Apropos Corona: Für 26 Prozent der KMU hat die Corona-Pandemie bislang keine negativen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens gehabt. Für 35 Prozent hält sich das Minus in Grenzen. Jeder fünfte Betrieb spürt negative Auswirkungen aufgrund des Lockdowns. Davon meinen zwölf Prozent, dass es schwierig wird, das Minus wettzumachen.
Herber Schlag
Klein- und Mittelbetriebe machen einen Anteil von 99 Prozent der gesamten privaten Unternehmen der heimischen Wirtschaft aus. Sie sind für mehr als 60 Prozent der Umsätze, Bruttowertschöpfung und Investitionen verantwortlich.
Die Corona-Pandemie ist für viele dieser Betriebe ein herber Schlag. Die wirtschaftlichen Folgen der Krise treffen KMU denn auch härter als größere Unternehmen, wie eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Bezan & Ortner jüngst feststellte. Die oft bemühte Formulierung, dass eine Krise auch eine Chance ist, ist bei vielen KMU aber keine leer Worthülse.
60 Prozent der von Bezan & Ortner befragten Unternehmen setzen gerade jetzt auf die strategische Neuausrichtung des Vertriebs. Aber auch die Digitalisierung spielt eine wichtige Rolle. So haben ebenfalls rund 60 Prozent der Befragten angegeben, Prozesse im eigenen Unternehmen zu digitalisieren.
Neue Serie
Umso wichtiger sind die Hilfspakete der Regierung, um gerade solche Unternehmen durch die Krise zu tragen. Es sichert nicht nur ihre Existenz, sondern auch die ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Tatsächlich beschäftigten die 345.000 KMU hierzulande vor Corona knapp zwei Millionen Menschen. Und sie bildeten rund 52.900 Lehrlinge aus.
Knapp ein Viertel dieser Betriebe wird in den kommenden fünf Jahren übergeben werden. Beunruhigend ist jedoch, dass davon ganze 16.700 Unternehmen noch keinen Nachfolger haben. Der private Fernsehsender Servus TV und der KURIER unterstützen daher die Unternehmer bei ihrer Nachfolgesuche.
Servus TV wird in einer fünfteiligen Serie die Unternehmen in einer eigenen Sendung vorstellen („Die Nachfolger“, immer am Donnerstag um 21.10 Uhr). Der KURIER porträtiert die Unternehmen schon vorab ein Mal in der Woche. Wir starten gleich in der morgigen Ausgabe damit.
Schließlich geht es dabei nicht nur um Zahlen, sondern auch um die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Insbesondere um die Zukunft von Zehntausenden Jobs.
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