Mittelmeer-Diät wirkt nur bei der Oberschicht

Im Süden Europas wird viel mit Gemüse, Fisch und Olivenöl gekocht.
Italienischen Forschern zufolge werden die positiven Effekte einer mediterranen Ernährungsweise vom sozioökonomischen Status des Essers bedingt.

Olivenöl, Fisch und viel Gemüse – eine an mediterranen Essgewohnheiten ausgerichtete Ernährungsweise gilt seit geraumer Zeit als Garant für ein langes Leben. Forscher aus Italien kamen im Zuge einer neuen Studie nun zu dem überraschenden Ergebnis, dass die positiven Auswirkungen der Mittelmeer-Diät nur bei Menschen mit hohem sozioökonomischen Status zutage treten.

Lebensumstände relevant

Wissenschafter des Instituts Neuromed untersuchten unter der Leitung von Giovanni de Gaetano vier Jahre lang über 18.000 Personen, ihre Erkenntnisse publizierten sie im International Journal of Epidemiology. Es zeigte sich, dass die mit einer mediterranen Ernährung assoziierten Effekte auf das Herz-Kreislauf-System stark von den Lebensumständen der Studienteilnehmer abhingen. Konkret kamen die Forscher zu dem Schluss, dass das Risiko Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems zu entwickeln nur dann gesenkt wird, wenn die Person ein hohes Bildungsniveau und/oder ein hohes Einkommen (Jahreseinkommen von rund 40.000 Euro) aufweist. Bei Menschen aus weniger privilegierten Gesellschaftsschichten wurden keine positiven Auswirkungen der spezifischen Ernährungsweise festgestellt.

"Die positiven Effekte auf das Herz-Kreislauf-System, die mit einer Mittelmeer-Diät in Verbindung gebracht werden, sind bekannt. Unsere Studie hat zum ersten Mal gezeigt, dass der sozioökonomische Status diese förderlichen Auswirkungen modulieren kann", erläutert Marialaura Bonaccio, die an der Studie mitwirkte.

Auch nach möglichen Gründen für die Ergebnisse wurde gesucht. Hierbei zeigte sich unter anderem, dass Menschen mit besserer Bildung und höherem Einkommen eine größere Vielfalt an für die Mittelmeer-Diät typischen Lebensmitteln (Fisch, Früchte, Nüsse, Hülsenfrüchte, etc.) zu sich nahmen, mehr Vollkornprodukte aßen, andere Zubereitungsmethoden beim Kochen verfolgten und Produkte mit höherer Qualität und weniger Pestizidbelastung konsumierten. Daraus folgerte man, dass die Qualität der konsumierten Lebensmittel ebenso wichtig ist, wie die Quantität und Häufigkeit, in der die Produkte gegessen werden.

"Es könnte sein, dass gesellschaftlich schlechter gestellte Personen 'mediterranes' Essen mit geringerem Nährwert kaufen", betont Studienleiter Giovanni de Gaetano. Man könne daher nicht weiter davon ausgehen, dass die Mittelmeer-Diät automatisch förderlich für die Gesundheit des Menschen sei – "wenn wir nicht einen gleichberechtigten Zugang dazu ermöglichen".

Mittelmeer-Diät dennoch gesund?

Im Interview mit dem britischen Telegraph beurteilt Tim Chico, Experte für Herz-Kreislauf-Erkrankungen an der University of Sheffield, die Ergebnisse kritisch. Auch er habe im Zuge seiner Forschungen festgestellt, dass Menschen mit geringerem Einkommen ein fast doppelt so hohes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufweisen. Die Unterschiede, die in der aktuellen Studie ans Licht kamen, seien jedoch kein Indiz dafür, dass eine mediterrane Ernährungsweise nicht gesund sei. "Die Erkenntnisse sollten niemanden davon abhalten sich mediterran zu ernähren, es ist immer noch die beste Möglichkeit, um das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken", so Chico.

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