Der Mann, der das Duschen aufgab

James Hamblin duscht nicht mehr.
Vor etwa einem Jahr begann James Hamblin seltener zu duschen - und hörte schließlich ganz damit auf.

James Hamblin ist kein Mann der großen Worte, er ist ein Mann der Taten. Als der gebürtige US-Amerikaner, der als leitender Redakteur beim Magazin The Atlantic arbeitet, vergangenes Jahr begann sich mit seiner Körperpflege auseinanderzusetzen, machte ihn folgende Zahl stutzig: 12.167. Das ist die Anzahl der Stunden, die wir im Schnitt in Laufe unseres Lebens für das Waschen und Pflegen unseres Körpers aufwenden. Das sind in etwa 500 Tage, also fast zwei Jahre, die wir damit verbringen uns sauber zu halten.

Neben dem immensen Zeitaufwand, der mit Duschen und Haarewaschen verbunden ist, gaben Hamblin, der studierter Mediziner ist und auch schon Artikel für die New York Times und die Zeitschrift Politico verfasst hat, auch der enorme Wasserverbrauch, der dadurch verursacht wird, und die beträchtlichen finanziellen Ausgaben für Pflegeprodukte zu denken.

Eine ganze Industrie sei damit beschäftigt, den Menschen vorzuschreiben wie oft und womit sie sich duschen und pflegen sollen, schrieb der Journalist im Juni 2016 in einem Blogeintrag auf theatlantic.com.

Doch Hamblin gibt nicht nur der Werbung und Großkonzernen die Schuld. Schließlich wisse jeder einzelne, was bereits nach wenigen Tagen ohne waschen passiert: "Man wird zu einem stinkenden Biest." Doch was, wenn man sich durch die unangenehmen Nebenwirkungen kämpft, um herauszufinden, wie es nach ein paar Tagen weitergeht? "Aus Neugier, nicht aus Faulheit, habe ich es ausprobiert", schrieb Hamblin.

Der Mann, der das Duschen aufgab
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"Es war ein gradueller Prozess"

Das alles ist nun ein Jahr her. Im Interview mit dem Independent ließ Hamblin seine Erfahrungen Revue passieren. "Es war ein gradueller Prozess", erklärt er im Interview. Er habe sich das Duschen über einen Zeitraum von sechs Monaten abgewöhnt. Mit der Zeit wurden die Begleiterscheinungen immer weniger intensiv, er fühlte sich nicht mehr schmuddelig, dreckig oder stinkig. Auch die Fettrückstände auf der Haut und in den Haaren gingen zurück. Wie oft er heute duscht? Fast gar nicht mehr. Allerdings sei er beim Händewaschen äußerst penibel, auch nach dem Sport sei ein kurzes Abduschen mit Wasser meist Pflicht. Bei verlegten Haaren nach dem Aufstehen helfe oft ebenfalls nur eine kurze Dusche. "Abgesehen davon dusche ich eigentlich gar nicht mehr", sagt Hamblin. Auf Shampoo, Duschgel und andere Produkte verzichtet er zur Gänze.

In seinem Blogeintrag zum Selbsttest berichtet er auch, dass sein Körpergeruch durch den Verzicht auf Deodorant anfangs tatsächlich recht intensiv war. Immerhin hatten die Bakterien auf seiner Haut, die sich von wässrig-öligen Drüsenflüssigkeiten ernähren und für Schweißgeruch verantwortlich sind, plötzlich jede Menge zu tun. Wissenschafter haben mittlerweile herausgefunden, dass allzu häufiges Duschen unter Anwendung von seifigen Duschgels nicht förderlich ist. Das regelmäßige Entfernen der hauteigenen Fette trocknet vor allem aus und liefert eine wunderbare Brutstätte für Bakterien aller Art.

Statt eines herkömmlichen Deos begann er schließlich eine natürliche, vegane Deocreme zu verwenden, die ohne Aluminium auskommt. Doch sogar darauf verzichtet er mittlerweile. Während der ersten Umstellungsphase habe es sehr wohl Kommentare bezüglich seines Körpergeruchs gegeben. Manche hätten einen "zwiebeligen Geruch" wahrgenommen.

"Ich rieche wie ein Mensch, nicht wie ein Produkt"

Heute riecht Hamblin laut eigenen Angaben trotz seines veränderten Waschverhaltens ganz normal. "Der beste Beweis ist meine Freundin, die sagt, dass ich zwar einen Geruch habe, dieser aber nicht aggressiv ist. Ich rieche eben wie ein Mensch, nicht wie ein Produkt."

Allgemein gültige Empfehlungen will Hamblin keine geben. Er habe eine "einzigartige Erfahrung" gemacht, die aber bestimmt nicht jedermanns Sache sei. "Ich will nicht sagen, dass es jedem so ergehen würde und man muss nicht so extrem werden wie ich", sagt er im Interview. Aber jeder Mensch könne zumindest seine Waschrituale überdenken.

James Hamblin schreibt für The Atlantic, gründete die Youtube-Video-Reihe " If Our Bodies Could Talk" und schrieb ein gleichnamiges Buch über ganz alltägliche Gesundheitsfragen.

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