Dieser Wiener gehört zu den teuersten Schuhmachern

Edel-Schuhmacher Markus Scheer
In seiner Werkstatt fertigt Markus Scheer exklusives Schuhwerk an - und ist erfolgreicher denn je.

Seine Vorfahren haben Schuhe für Kaiser und Könige gefertigt - und auch er selbst spielt in der Oberliga: der Wiener Maßschuhmacher Markus Scheer. Maximal 300 Paar fertigt er pro Jahr in seinem Familienunternehmen in der Bräunerstraße, das er in siebenter Generation führt. Zum 200-Jahr-Jubiläum ließ Scheer die Geschichte seines Unternehmens Revue passieren und schrieb ein Buch.

Qualität setzt sich immer durch

"Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unternehmen in der Familie bleibt, das gleiche Produkt auf gleichem Niveau 200 Jahre lang baut, ist fast nicht messbar. Das ist fast unmöglich", sagte Scheer im Interview. Scheer hat das 1816 gegründete Unternehmen vor fünf Jahren von seinem Großvater Carl Ferdinand Scheer übernommen.

Dieser Wiener gehört zu den teuersten Schuhmachern
ABD0022_20161022 - WIEN - ÖSTERREICH: THEMENBILD - Edel-Schuhmacher Markus Scheer mit den Schuhleisten von Kaiser Franz Joseph aufgenommen am Dienstag, 18. Oktober 2016, im Wiener Maßschuhgeschäft Scheer in der Bräunerstraße in Wien. Das 1816 gegründete Unternehmen fertigt maximal 300 Paar pro Jahr. Ein Modell kostet beim Erstauftrag - inklusive Leistenbau und Probeschuh - circa 5.000 Euro. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER

Auf die Frage, ob er jemals Zweifel gehabt habe, einen Betrieb zu übernehmen, der auf eine sehr exklusive Nische setzt, antwortete er: "Anfangs hatte ich keine Ahnung. Ich habe mir gedacht, für einen der weltbesten Schuhe wird es immer einen Markt geben. Das wurde mir von meinen Ahnen im Grunde so vermittelt. Und dass sich Qualität an sich immer durchsetzt und Schuhe ein Produkt sind, um das man nicht Drumherum kommt, gab immer schon eine relative Sicherheit." Mittlerweile wurde das Sortiment um edle Lederwaren wie Handtaschen, Gürtel oder Geldbörsen nach Maß erweitert.

Auch eine achte Scheer-Generation gibt es bereits - der Schuhmachermeister hat vier Kinder, aber eine Übernahme ist deswegen nicht fix: "Ich habe mit meiner Frau gemeinsam ein ganz klares Übereinkommen, dass wir den Kindern eine ehrliche Wahlmöglichkeit lassen. Wir pushen sie weder, noch reden wir es aus."

Viel wichtiger ist Scheer, dass das Unternehmen im Hier und Jetzt funktioniert - auch ohne ihn: "Die Priorität liegt darauf, zu schauen, dass das Know-how sich im Haus so kultiviert, dass sie im Notfall ohne mich auskommen können." Einer seiner Schwerpunkte liegt daher darauf, seinem relativ jungen Team in die Geheimnisse der Handwerkskunst einzuweihen. "Die Dramatik beim Kunsthandwerk ist: Wenn es verloren ist, ist es tatsächlich weg. Man kann das was wir können nicht googeln und morgen wieder starten."

Dieser Wiener gehört zu den teuersten Schuhmachern
ABD0031_20161022 - WIEN - ÖSTERREICH: THEMENBILD - Edel-Schuhmacher Markus Scheer aufgenommen am Dienstag, 18. Oktober 2016, im Wiener Maßschuhgeschäft Scheer in der Bräunerstraße in Wien. Das 1816 gegründete Unternehmen fertigt maximal 300 Paar pro Jahr. Ein Modell kostet beim Erstauftrag - inklusive Leistenbau und Probeschuh - circa 5.000 Euro. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER

Weiters würde sich Scheer wünschen, dass das Interesse für sein Handwerk wieder breitenwirksamer wird: "Der Maßschuh ist für mich in überhaupt keiner Weise Luxus." Vielmehr sei es eine Frage der Gewichtung, wohin man den persönlichen Reichtum verteilt: "Wenn der Schuh wichtiger wäre als das Schiebedach im Auto oder andere Dinge, dann wäre es glaube ich nicht das Problem von Leistbarkeit. Es muss ja jetzt nicht immer ein Scheer-Schuh sein, der in der höchsten Liga spielt und höchsten Aufwand auch an Handwerk und an anderen Dingen beinhaltet."

5.000 Euro für ein Paar

Scheer gilt als einer der teuersten Schuhmacher der Welt. Ein Modell aus seinem Haus kostet beim Erstauftrag - inklusive Leistenbau und Probeschuh - circa 5.000 Euro. Die Folgepaare sind mit 3.500 Euro günstiger. Nach oben hin sind keine Grenzen gesetzt: So wünschte beispielsweise ein Auftraggeber diamantene Initialen.

Über seine Kunden spricht Scheer aus Diskretionsgründen nicht. Nur so viel: "Es wäre fatal zu glauben, dass es nur die Reichen, Schönen, Tollen betrifft, die sich solche Sachen machen lassen. Das sind wirklich Menschen, die sich dafür entscheiden, sich das gönnen zu wollen. Den einen fällt es ein bisschen schwerer, sich das leisten zu können und den anderen fällt es ein bisschen leichter." Und egal wie reich der Kunde ist, er muss in die Wiener Werkstatt kommen - auch wenn es immer wieder die Anfrage gibt, ob man Scheer einfliegen lassen könne.

Die Schuhe werden im ersten Stock in der Bräunerstraße 4-6 von Hand gefertigt. Insgesamt braucht es dafür 70 Arbeitsstunden. Die Wartezeit vom ersten Termin bis zur Abholung des fertigen Paares beträgt im Schnitt ein halbes Jahr. Im Ergeschoß des Hauses befindet sich ein Geschäft, in dem Scheer seine Produkte verkauft bzw. in dem man sich historische Modelle aus nächster Nähe ansehen kann.

Anlässlich des 200-jährigen Firmenjubiläums schrieb Scheer ein Buch. "Der Fuß weiß alles" erscheint am Montag und bietet einen Blick hinter die Kulissen der Schuhmacherkunst. Es ist aber auch ein Plädoyer für einen vernünftigeren Umgang mit den Füßen. "Wir gehen unglaublich sträflich mit unserem Körper um. Und es gelingt uns wenig, uns vom Gehirn bis in die Zehenspitze wahrzunehmen", lautete Scheers Analyse zum körperlichen Status quo des Menschen. Es gehöre dringend etwas geändert, appellierte er, "weil es wirklich eine Sackgasse ist, die kein gutes Ende hat".

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