Hype um Plus-Size-Models: Fluch oder Segen fürs Selbstbild?

Kurvige Models stehen trotz steigender Beliebtheit in der Kritik. Wie sich der XL-Trend auf uns auswirkt.

Wie bewirbt man Mode, damit sich möglichst viele potenzielle Kundinnen angesprochen fühlen? Eine Frage, an deren Beantwortung die Marke Plus Size Baby kürzlich kläglich gescheitert ist.

Um neue Unterwäsche und Leggings in Übergrößen anzupreisen, wurden die Produkte nicht der Zielgruppe entsprechend an kurvigen, sondern an dünnen Models fotografiert. Eine der Frauen schlüpfte mit beiden Beinen in eines der Beine einer XXL-Leggings – und führte so deren Dehnbarkeit vor. Die Fotos sorgten auf Twitter für Verständnislosigkeit.

"Wie sehr kann eine Firma ihre Kunden hassen?", schrieb eine Frau auf ihrem Account. Man habe bei Plus Size Baby scheinbar noch nichts von der Body-Positivity-Bewegung, die alle Körperformen als schön feiert, gehört. Das Modeunternehmen erhielt wohl so viele erboste Nachrichten zur Werbung, dass der Onlineshop nun offline ist.

Schönheitsdruck

Doch selbst wenn Firmen Models mit großen Konfektionsgröße engagieren, bricht immer wieder eine Diskussion rund um deren Kurven aus. 2018 schaffte es Model Tess Holliday mit schätzungsweise 130 Kilogramm auf das Cover der Cosmopolitan. Neben viel positivem Zuspruch musste sich Holliday den Vorwurf gefallen lassen, starkes Übergewicht zu glorifizieren – und einen negativen Einfluss auf andere auszuüben.

Laut einer Studie, die im Journal Obesity veröffentlicht wurde, passiert genau das. Von 1997 bis 2015 habe sich aufgrund der Body-Positivity-Bewegung die Zahl der übergewichtigen Frauen, die ihr Gewicht als normal empfinden, von 24,5 auf 30,6 Prozent erhöht. Fazit: Bei den Befragten, die ihr Übergewicht nicht als solches wahrnehmen, waren Abnehmversuche um bis zu 85 Prozent weniger wahrscheinlich.

Hype um Plus-Size-Models: Fluch oder Segen fürs Selbstbild?

Tess Holliday ist das schwerste Plus-Size-Model der Welt

Wirkt sich der Plus-Size-Trend negativ auf unsere Körperwahrnehmung aus? "Nein", sagt Alexandra Münch-Beurle, Psychologin beim Wiener Programm für Frauengesundheit. "Es ist sehr zu begrüßen, dass unterschiedliche Körpertypen in den Medien gezeigt werden." Laut der Expertin wurde viele Jahre lang ein Idealbild vermittelt, das nicht zu dem passt, was man im Alltag sieht. "Je einheitlicher das Schönheitsbild, mit dem wir konfrontiert werden, desto größer wird der Druck."

Erfolgreiche Plus-Size-Models wie die US-Amerikanerin Ashley Graham müssen sich vor allem Kritik zu ihrer Gesundheit gefallen lassen. Die 31-Jährige postet auf Instagram regelmäßig Videos, die sie beim Sport zeigen. Dennoch hat sie mit einer Körpergröße von 175 Zentimetern und einem Gewicht von ungefähr 85 Kilogramm einen BMI (Body Mass Index), der sie offiziell als übergewichtig einstuft – und sich knapp an der Grenze zur Fettleibigkeit bewegt.

BMI ist nicht alles

Können Frauen wie Graham genauso gesund sein wie jene mit Konfektionsgröße 38? "Letztendlich entscheidet die Körperfettmenge", weiß Friedrich Hoppichler, Präsident der Österreichischen Adipositas Gesellschaft. "Der BMI ist nur eine Zahl. Wenn das Übergewicht nicht aus Körperfett resultiert, können sie genauso gesund sein." Sowohl viele Muskeln als auch schwere Knochen wirken sich negativ auf den BMI aus.

Alexandra Münch-Beurle hofft, dass mit der vermehrten Darstellung verschiedener Körpertypen das Stigma zurückgehe, mit dem übergewichtige Menschen oft zu kämpfen haben: Wenig erfolgreich und willensstark zu sein. "Mir gefällt es, dass sie selbstbewusst gezeigt werden", so die Psychologin. Die Diskussion, wie der perfekte Körper auszusehen hat, sieht sie kritisch. "Ob dick oder dünn – die ideale Werbung würde den weiblichen Körper nicht mehr als Verkaufsargument missbrauchen."

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