Frauen: Mehr nackte Haut, weniger Mitgefühl
Mit der Frage, welche Auswirkungen eine sexualisierte Darstellung von Frauen auf das Mitgefühl von Betrachtern hat, haben sich Psychologen aus Wien und Triest auseinandergesetzt. In einer Spielsituation zeigte sich, dass freizügiger bekleideten Frauen weniger Mitgefühl zuteil wird, wie die Forscher im Fachjournal Cortex berichten. Das liege offenbar an einer veränderten Reaktion im Gehirn.
Veränderte Wahrnehmung
Wird eine Person sexualisiert dargestellt - indem etwa sekundäre Geschlechtsmerkmale mittels knapperer Kleidung stärker betont werden - verändert das die Wahrnehmung der Person durch Außenstehende. Aus der sozialpsychologischen Forschung ist bekannt, dass solchen Personen zum Teil Moral und Verantwortung abgesprochen werden, hieß es am Donnerstag in einer Aussendung der Universität Wien. Giorgia Silani von der Fakultät für Psychologie der Uni Wien und Kollegen von der International School for Advanced Studies (SISSA) in Triest (Italien) und der Universität Triest wollten herausfinden, ob sich durch eine reine Veränderung der Kleidung auch das Mitgefühl (Empathie) für die Person verändert.
Dazu ließen sie Studienteilnehmer an einem computergesteuerten Ballspiel teilnehmen. Dabei durften sie mitspielen oder sie erhielten nie den Ball, was Frustration erzeugen sollte. Ebenso erging es einer jungen Frau, die im Bild gegenüber zu sehen war. Diese Dame war entweder mit Hose und T-Shirt oder mit einem engen Abendkleid und Strümpfen bekleidet. Danach gaben die Teilnehmer an, welche Gefühle das Spiel bei ihnen selbst sowie bei der Dame gegenüber ausgelöst hat. Dabei zeichneten die Psychologen die Gehirnaktivität der Studienteilnehmer auf.
Weniger Empathie
Es zeigte sich, dass die Kleidung tatsächlich unterschiedliche Gefühle auslöste: Die Empathie für die Frau, die sexualisiert dargestellt wurde, war reduziert. Das zeigte sich "in verminderter Aktivität jener Hirnareale, die der Empathie zugrunde liegen. Dies deutet darauf hin, dass die betrachtenden Versuchsteilnehmer eine verminderte Fähigkeit hatten, die Emotionen der sexualisierten Frauen zu teilen", sagte Studienleiterin Silani.
Zeigefreudigkeit
Anders sieht es in Bewerbungssituationen aus. Laut einer Untersuchung, die im Jahr 2016 an der Universität Bristol publiziert wurde, werden Bewerberinnen eher zum Vorstellungsgespräch eingeladen, wenn sie am Bewerbungsfoto Ausschnitt zeigen. Offenherzige Bewerberinnen wurden im direkten Vergleich ganze 19 Mal häufiger eingeladen. Mit der Erhebung konnte der Kognitionspsychologe Sevag Kertechian belegen, dass Sexismus im Bewerbungsverfahren gang und gäbe ist. Kertechian zeigte sich von dem Ergebnis ernüchtert. Die Erkenntnisse seien "schockierend und negativ, aber nicht überraschend".
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