Der Charles Bronson vom Arlberg

Skilehrer Willi Mathies
Willi Mathies ist seit 52 Saisonen Skilehrer – und hat sich nun mit einem Buch verewigt.
Von Uwe Mauch

Noch ein letzter Schluck in „Willis Pils-Stüble“ in Stuben am Arlberg. Dann startet der Willi erneut durch. „Gemeinsam mit meinen Gäschten“, sagt der Siebzigjährige stolz, „gehe ich in diesem Winter bereits in meine 53. Saison.“

Der Willi heißt mit vollem Namen Willi Mathies, er stammt aus einer bekannten Vorarlberger Skilehrerdynastie. Doch sein Familienname tut in Stuben am Arlberg nichts zur Sache: „Kannscht Willi zu mir sagen.“

Weil alle Willi zu ihm sagen. Zumindest hier oben im Bergdorf, auf 1410 Metern über dem Meeresspiegel. Auf der Schank liegt seine Biografie. Der Buchtitel liefert die Auflösung: Ab 1000 Meter wird geduzt. Trashiger Untertitel: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers. (Heyne, 240 Seiten, 9,30 €)

Vom alten Schlag

Der Charles Bronson vom Arlberg
Skilehrer Willi Mathies
Der Willi ist noch ein Skilehrer vom alten Schlag. Seine Gäste nannten ihn wegen seines buschigen Schnauzbarts und seines wilden Draufgängertums den „Charles Bronson vom Arlberg“. Er selbst sagt so: „Uns haben die Frauen noch angehimmelt.“

Schauten die Stewardessen von den amerikanischen Fluggesellschaften für einen Tag und eine Nacht auf dem Arlberg vorbei, gab es bei ihm und seinen Kollegen immer ein Geriss um die Anfängerinnen-Gruppen. Der Alpin-Bronson will aber immer nur ein Draufgänger auf der Piste gewesen sein: „Ich bin ja bereits seit meinem 24. Lebensjahr glücklich verheiratet.“ Früher sei auch mehr „g’soffen“ worden. Willi dazu: „Dasch kannscht gar nicht mit heute vergleichen.“

Der Klassiker: „Wenn ich mit den Gäschten in der Früh auf den Berg rauf bin, dann hat’s oben auf dem Galzig einen ordentlichen Frühschoppen gegeben, und auf der Valluga noch ein Schnapserl. Dann ist man zur Ulmer-Hütte abgefahren. Dort hat es eine Speckknödelsuppe und wieder ein Schnapserl gegeben. Am Nachmittag sind wir gemütlich nach Stuben hinunter. Dort ist es in meinem Stüble bis in die Früh munter weitergegangen.“ Es soll lange Winternächte gegeben haben, an deren Ende der Willi vom Stüble direkt ins Skischulbüro gestapft ist. „Von Winterschlaf konnte da keine Rede sein.“

Heute führt der 39-jährige Sohn vom Willi die Skischule. Der heißt, was jetzt nicht unbedingt verwundert, auch Willi. Mathies, nicht Bronson. Die Skischule und das zum Restaurant ausgebaute Stüble sind inzwischen ein veritabler Mittelstandsbetrieb. An Spitzentagen sind 40 Skilehrer im Einsatz, das Restaurant ist am Abend gleich zwei Mal, um 18 und 20 Uhr, ausreserviert.

Der Senior-Willi ist längst in die zweite Reihe zurück getreten. Er führt am liebsten seine Stammgäste in den Tiefschnee. Auf Vorarlbergerisch grenzt er die so ein: „Die wo ich schon ewig habe.“

Jener englische Sir etwa, der seit vierzig Jahren zu ihm auf den Arlberg kommt, der ist auch sein Freund.

64 Saisonen als Ziel

Der Charles Bronson vom Arlberg
Skilehrer Willi Mathies
Weniger gerne fährt er mit jüngeren Gästen: „Das sind alles super Skifahrer, aber die wollen den ganzen Tag nur fahren, fahren, fahren. Die wollen nicht, dass man ihnen die Bergwelt erklärt.“ Wieder erinnert er sich an früher: „Da waren wir noch richtige Animateure.“

230 Euro kostet ein Tag mit dem Willi. Dafür bestimmt der Gast, wo und wie lange gefahren wird. Auch nicht immer lustig: „Da gibt es Leute, die glauben, dass man ihnen innerhalb eines Tages auch noch das Salto-Springen beibringen kann.“

Zuletzt hat die Wirtschaftskrise auch den Arlberg erreicht. Aber noch nicht seine Familie, sagt der Willi. Und doch macht sich auch er Sorgen: „Die Gruppen bleiben aus. Da merkt man halt schon, dass das Geld weniger wird.“

Die Mathies-Dynastie ist bis hinunter in die Flachland-Regionen bekannt. Der Vater vom Willi und drei seiner vier Geschwister haben sich als Skilehrer profiliert (nur eine Schwester blieb bei der Mutter unten im Lebensmittelladen). Der Vater ist auch Willis Vorbild: „Der ist 64 Saisonen lang gefahren.“

Ein bisserl Schmäh führen, ein bisserl Ski fahren, ein bisserl Sonnenschein spielen. Ein lässiger Beruf halt. Das Image der Skilehrer ist ebenso positiv wie verklärt. Es erinnert an die ähnlich schönen Berufsbilder der Baywatcher oder der Flugbegleiter.

Faktum ist, dass man für die Ausbildung zum Skilehrer heute ordentlich Zeit und Geld investieren muss.

Für den Anwärter bzw. Hilfsskilehrer sind – abhängig vom jeweiligen Landesgesetz – zehn Ausbildungstage und eine Prüfung veranschlagt. Weitere 36 Tage liegen auf dem Weg zum Landesskilehrer. Erst nach einer zweiten Saison und weiteren 75 Ausbildungstagen geht sich der Diplomskilehrer aus (der darf dann mit einer Gruppe auch Varianten im Nahbereich von Pisten und Skirouten fahren).

Die höchste Auszeichnung ist jene des Skiführers, der frühestens nach seinem dritten Ausbildungsjahr auch hochalpine Skiabfahrten anführen darf.

Wenig berauschend ist die Bezahlung der Skilehrer, die sich noch dazu saisonbedingt auf wenige Monate beschränkt. Im Skilehrer-Kollektivvertrag werden 1222 Euro brutto pro Monat angegeben. Eine Sprecherin des Skischul-Verbands in Innsbruck betont, dass die meisten Schulen deutlich mehr zahlen, gibt jedoch zu, dass sich Skilehrer finanziell keine großen Sprünge leisten können. Sind doch Österreichs Skigebiete nicht als extra preisgünstig bekannt.

Wohl auch deshalb sind Skilehrer auf dem Arbeitsmarkt gefragt. Optimal sei der Job für Studenten, die in den Uni-Ferien auf der Piste dazuverdienen können.


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