Weinstein: Welche prominenten Freunde lieber schweigen

Quentin Tarantino (li.) will nichts zu Weinstein sagen
Das Schweigen der Männer - die Machokultur in Hollywood wankt.

Der Sturz von Harvey Weinstein bringt prominente weibliche Opfer aus der Deckung - aber vereinzelt auch Männer, die erkennen, dass sie die Machokultur im Showbiz mit gepflegt haben.

Damit sich die tief verwurzelte Kultur sexuellen Missbrauchs - von anzüglichen Kommentaren gegenüber Frauen bis zur Vergewaltigung - in der Entertainment-Branche wandelt, müssen "Männer vortreten", schreibt das Magazin Variety: "Wenn Du kein aktiver Teil der Lösung bist, bist Du ein Teil des Problems."

Die Mittäter - viele schweigen lieber

Denn selbst ein Hit-Produzent wie Weinstein, dessen Vermögen auf etwa 217 Millionen Euro geschätzt wird, agiert nicht im luftleeren Raum. Mitarbeiter beschrieben dem New Yorker zufolge eine "Kultur der Mittäterschaft an Weinsteins Geschäftsorten". Zahlreiche Kollegen hätten volle Kenntnis von seinem Verhalten gehabt und es entweder "begünstigt oder weggeschaut".

Beispiel dafür mögen die mehr als 20 männlichen Schauspieler und Regisseure sein, die der britische Guardian um eine Reaktion zur Causa Weinstein bat. Sie alle arbeiteten oder arbeiten derzeit mit Weinstein, darunter Quentin Tarantino ("The Hateful 8"), David O. Russell ("Silver Linings") und Michael Moore, der derzeit einen Film über US-Präsident Donald Trump mit Weinstein dreht.

Fast alle von ihnen schweigen zu den Vorwürfen. Einige, darunter Matt Damon und Colin Firth, kamen erst spät oder auf Nachfrage aus der Deckung. Selbst Ben Affleck (Weinstein realisierte "Good Will Hunting" von Affleck und Damon und machte sie damit zu Stars) entschuldigte sich erst, als eine Nutzerin auf Twitter an sein fragwürdiges MTV-Interview von 2003 erinnerte. Nur George Clooney erklärte, dass sie Vorfälle "unentschuldbar" seien, er aber nie mitbekommen habe, dass sich sein langjähriger Bekannter Harvey so verhalte.

Die Liste der angefragen Männer, die mehrmals mit Weinstein gearbeitet haben:

Ben Affleck, Matt Damon, Colin Firth, Bradley Cooper, Brad Pitt, Leonardo DiCaprio, Daniel Day-Lewis, Russell Crowe, George Clooney und Ewan McGregor, sowie die Regisseure Tarantino, Russell, Ryan Coogler, Tom Hooper, Lin-Manuel Miranda, Michael Moore, Rob Marshall, Robert Pulcini, Garth Davis, Doug McGrath, John Madden, Simon Curtis, Kevin Williamson, Martin Scorsese, John Hillcoat und John Wells.

Über Weinstein wurden längst Witze erzählt

Im Filmbiz war Weinsteins Verhalten so bekannt, dass es als offener Running Gag durch die Branche wanderte. "Ich bitte Dich, ich habe Angst vor niemandem im Showbusiness", sagt Jenna (Jane Krakowski) in einer 2012 ausgestrahlten Folge der Serie "30 Rock". "Ich habe Geschlechtsverkehr mit Harvey Weinstein nicht weniger als drei Mal abgelehnt. Von fünf."

Und die HBO-Serie "Entourage" stellte einen Furcht einflößenden Produzenten namens "Harvey Weingard" vor, der Talenten droht, ihre Karriere zu beenden.

Gewagter Witz von Seth MacFarlane

"Family Guy"-Erfinder Seth MacFarlane wagte auf noch größerer Bühne einen Weinstein-Witz, als er 2013 die Oscar-Nominierungen für die beste Nebendarstellerin verkündete: "Glückwunsch, ihr fünf Ladys müsst nicht länger so tun, als würdet ihr Harvey Weinstein attraktiv finden." Das Gelächter im Saal war nicht zu überhören.

Mächtige und prominente Männer, die sexuell übergriffig werden, sind nur die Spitze des Eisbergs. Nach Weinstein, Fernsehmoderator Bill O'Reilly und dem mittlerweile verstorbenen "Fox News"-Chef Roger Ailes dürften weitere Fälle bekannt werden. Stars wie Taylor Swift, die den Po-Grapscher eines Radio-DJs öffentlich machte und ihn dann erfolgreich verklagte, haben den Stein ins Rollen gebracht. Auch der Prozess gegen Entertainer Bill Cosby hat die Debatte beschleunigt.

Doch Übergriffe gegenüber Frauen passieren nicht nur auf "Casting-Sofas und in Hotelzimmern", schreibt die Zeitung USA Today. Es geschieht jeden Tag, in Restaurants, im Einzelhandel, in der Krankenpflege, in Fabriken und in Büros in den ganzen USA und weltweit.

Moderatorin Gretchen Carlson, die Ailes wegen sexueller Belästigung verklagte, schreibt in der New York Times: "Je mehr Männer ihre Kollegen (und Vorgesetzten!) zur Verantwortung ziehen, desto schneller können wir dieses Verhalten beenden."

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