Harry, Meghan und der milliardenschwere Interessenkonflikt des Boulevards

Seit Prinz Harry und Meghan Markle am 19. Mai 2018 freudestrahlend die St. George's Chapel in Windsor verließen, scheinen sie mit der britischen Boulevardpresse auf Kriegsfuß zu stehen. Es ist eine lange, schmerzhafte Geschichte, die jüngst den Austritt des Paares aus der königlichen Familie nach sich zog.
Queen Elizabeth II quittierte dies mit dem Entzug ihrer Titel und königlichen Privilegien. Doch das ist es den Sussexes offenbar wert: Was sie sich mehr wünschen, als jeden royalen Status, ist ein Neustart. Ein friedvolleres Leben für die kleine Familie, abseits der blutdurstigen Presse. Denn diese hat alles andere als einen neutralen Beobachterstatus, wenn es um die Royals im Allgemeinen und Prinz Harry im Besonderen geht.
Wieso ist das Verhältnis zwischen Harry, Meghan und dem Boulevard dermaßen zerrüttet? Hat gar ein berechnender Interessenkonflikt der britischen Medienhäuser den Sussexes die "Krone" gekostet?
Keine Privatsphäre für Royals
Besonders seit die beiden Eltern geworden sind ist deutlich spürbar, dass sie sich in erster Linie nach Privatsphäre sehnen. Insbesondere Prinz Harry kann die Maske nur schwer ablegen, die er von Geburt wegen trägt. Die beiden sahen sich in den vergangenen Monaten dazu genötigt, um ihres Friedens willen gegen das ungeschriebene Gesetz des Palastes zu verstoßen, das da lautet: "Never complain, never explain" (dt.: Nie erklären, nie beschweren, Anm.).
So reichte Prinz Harry im Oktober 2019 Klagen gegen die Sun und den Mirror ein, weil diese Nachrichten in seiner Mailbox abgehört haben sollen. Auch in Meghans Namen will das Paar vor Gericht ziehen. Die Klage richtet sich gegen Mail on Sunday und die Mutterfirma Associate Newspapers, nachdem diese nicht nur eine "skrupellose Kampagne" gegen sie führen würden, sondern zudem verfälschte Details eines hochgradig intimen Briefes an ihren Vater Thomas Markle veröffentlichten. In dem Schreiben hatte die Herzogin ihn gebeten, nicht weiter mit der Presse zu paktieren und "keinen weiteren Schmerz zu verursachen (...) falls du mich wirklich liebst, so wie du es den Medien gesagt hast".
Die Mail on Sunday dementierte die Vorwürfe der Sussexes zu diesem Zeitpunkt vehement und ließ verlautbaren, zu der veröffentlichten Geschichte zu stehen.
"Zu lange bin ich stiller Zeuge ihres privaten Leidens gewesen", erklärte der Prinz Harry damals die Entscheidung, die Mail on Sunday zu verklagen. "Nichts dagegen zu tun wäre das Gegenteil von dem, woran wir glauben."
Vergleich in Milliardenhöhe
In einer im Guardian veröffentlichten Analyse macht Alan Rusbridger, Vorsitzender des Reuters-Instituts für Journalismus, darauf aufmerksam, dass der britische Boulevard in der Vergangenheit immer wieder wegen seiner Abhörmethoden verklagt wurde. In den frühen 2000er Jahren stellte sich heraus, dass Boulevardjournalisten regelmäßig auf die Voicemails von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zugegriffen hatten, um Geschichten zu finden.
Jene Klagen landen allerdings nie im Gerichtssaal, sondern werden durch horrende Vergleiche aus der Welt geschafft. In hunderten von Fällen sollen die Mirror Group Newspapers Ltd und die News Group, der neben dem Daily Mirror auch die Sun gehören, so agiert haben, um ob ihrer kruden Vorgehensweisen das Gesicht zu wahren.
Allein die Mirror Group soll Rusbridger zufolge bis Juli 2018 umgerechnet 82 Millionen Euro beiseitegelegt haben, um Abhör-Causae zu regeln, ohne dass diese vor den Richter kommen. Die BBC fand 2019 zudem heraus, dass die 1980 von Rupert Murdoch gegründete News Corp (vormals News Corporation), eines der mächtigsten amerikanischen Medienhäuser, das in Großbritannien die Zeitung News UK hält, annähernd 470 Millionen gezahlt hat. Beide Unternehmen zusammen knacken mit ihren Vergleichssummen die Milliarde.

Ein System, das reibungslos zu funktionieren scheint. Bis die Klage von Harry und Meghan gegen Sun, Mirror und Mail on Sunday die Aufmerksamkeit auf genau das lenkte, was diese Zeitungen so verzweifelt zu vertuschen suchen.
Immerhin verteidigt sich die Sun damit, "ein großes, legitimes öffentliches Interesse" an dem zu haben, was sie offenbar unrechtmäßig ausgegraben hat. Weiters ist in öffentlich zugänglichen Gerichtsdokumenten ist zu lesen, dass sowohl Rupert Murdochs Sohn James als auch Rebekah Brooks, die CEO von News UK, darin involviert sind, jedwedes unmoralische Verhalten innerhalb des Unternehmens zu vertuschen, wie der Guardian berichtet. Es sei sogar die offizielle Position des Unternehmens, rechtswidrige Handlungen "nicht zuzugeben".
Erst Diana, jetzt Meghan
Die Schere zwischen dem Ehepaar Harry und Meghan, das ein ruhiges Leben mit seinem Sohn führen möchte, ohne jeden Tag in den Negativschlagzeilen zu stehen, während Prinz William und seine Frau Herzogin Kate ohnehin eher mit Samthandschuhen angefasst werden, um dem royalen Paar Herzog und Herzogin von Sussex, das dies ertragen muss, ohne eine Miene zu verziehen, ist groß. Zu groß, wie die letzten Wochen zeigen. Vor allem Harry zeigte sich im Oktober schockiert davon, wie die Geschichte seiner Mutter, Prinzessin Diana, sich nun bei seiner Frau zu wiederholen scheint. "Ich habe meine Mutter verloren und jetzt sehe ich, wie meine Frau denselben Mächten zum Opfer fällt", sagte der 35-Jährige.
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