Cher ist 75: "Männer genieße ich nur wie Desserts"
Der alte Witz – vor mehr als 10 Jahren von der US-Late-Night-Legende David Letterman (74) erfunden – wiederholt sich alljährlich: "Teile von Cher sind 75." Aber es ist nicht nur ihr Äußeres, das so jung geblieben ist. Cherilyn Sarkisian, die am 20. Mai 1946 in einem fürchterlichen Kaff namens El Centro in Kalifornien als Tochter einer Beauty-Queen und eines Lkw-Fahrers zur Welt kam, brach mit 16 die Schule ab und studierte Schauspiel.
Mit 18 traf sie den elf Jahre älteren Sonny Bono (gest. 1998) und der Rest ist Musik- und Filmgeschichte. Es ist müßig, all ihre Erfolge aufzuzählen. Ja, sie hat einen Oscar (1988 für "Mondsüchtig"), einen Emmy und einen Grammy, drei Golden Globes und eine Goldene Palme, aber viel interessanter ist ihre lange Karriere voller Höhen und Tiefen, ihr Talent, immer wieder neu zu beginnen, und ihre Ehrlichkeit.
KURIER: Sie haben privat wie beruflich stets lustvoll Tabus gebrochen: Sie waren Rockstar und Schauspielerin, hatten Beziehungen mit viel jüngeren Männern – Jahrzehnte, ehe das gesellschaftlich akzeptiert wurde. War Ihnen klar, in wie vielen Bereichen Sie bahnbrechend waren?
Cher: Nein. Ich machte immer nur das, was ich wollte – ich wurde Sängerin, weil mir Sonny Bono sagte, dass ich als Schauspielerin dazwischen oft arbeitslos sein würde. Und ältere Männer fanden mich einfach nie wirklich attraktiv.
Was liegt Ihnen mehr, Musik oder die Schauspielerei?
Singen ist mein Job – die Schauspielerei mache ich, weil ich sie liebe und nur, wenn ich ein Filmprojekt besonders schätze. Aber ich halte mich für eine viel bessere Schauspielerin als Sängerin. Noch nach dem Durchbruch (1985, "Die Maske") glaubte keiner an mich. Okay, die hat Talent, aber sie zieht sich doch nicht an wie eine ernst zu nehmende Schauspielerin, schläft mit so viel jüngeren Männern und überhaupt ihr ganzes Image, bla bla bla ...
Als ich für "Silkwood" (1983) vorsprach, ließ mich der Regisseur nicht mal fertigreden, sondern fragte, ob ich den Film mit Meryl Streep (71) machen will. Ich meinte: "Sicher!" Er fragte, ob ich die Story wissen will. Aber die war mir wurscht. Er erklärte, dass ich eine Lesbe spielen würde. Ich sagte: "Super".
Und was sehen Sie als Initialzündung für Ihre Karriere?
Ich sah "Cinderella", als ich vier war, und wusste schon damals, dass ich das werden will, was ich heute bin. Und ich hatte das große Glück, mit einer Mom aufzuwachsen, die mich dazu noch ermutigte – und nach meiner Mutter war es dann Sonny Bono.
Wie denken Sie darüber, dass "Sonny & Cher" nicht in der "Rock-’n’-Roll-Hall of Fame" aufgenommen wurden?
Es kotzt mich richtig an. Sonny & Cher sollten da drin sein. Aber uns hat Amerika ja nie verstanden ... Wir sahen nicht aus wie all die anderen, wir kleideten uns anders und wir begannen mit einer völlig neuen Musikrichtung. Darum wurden wir auch zuerst in Europa berühmt. Die Europäer begriffen uns.
Sie sind seit 56 Jahren ein absoluter Superstar. Gibt es irgendjemanden auf der Welt, der Sie nicht kennt?
Oh ja, das ist mir erst kürzlich passiert! Da kam so ein Typ auf mich zu und fragte: "Wer sind Sie?" Ich starrte ihn an und erwiderte: "Haben Sie die letzten 30 Jahre in einer Höhle verbracht?!"
Sie werden oft als Powerfrau bezeichnet. Halten Sie sich denn selbst für stark?
Ich bin mir nicht sicher, ob ich stark geboren wurde, aber ich hatte große Vorbilder in meiner Mutter und in meiner Oma. Ich bin gern eine Frau. Okay, ich finde Männer großartig, aber wir Frauen sind ein bisschen besser, ein bisschen tougher. Ich liebe Männer, aber sie sind wie Desserts: Nett zu genießen, aber du brauchst es nicht dauernd und nicht zum Überleben. Natürlich verzichte ich auch mal auf die Hauptspeise und esse nur das Dessert!
Verraten Sie uns auch Ihre schlechten Seiten?
Ich bin entsetzlich stur, ein echter Stier eben. Aber dafür habe ich auch die guten Seiten dieses Sternzeichens: Ich liebe schöne Dinge.
Ihre Biografie liest sich wie die eines Workaholics. Sind Sie wirklich so getrieben?
Oh nein, ich bin entsetzlich faul. Ich denke mir nur immer, oh, das könnte lustig werden, und nehme oft die unglaublichsten Engagements an. Selber schuld.
Sie sehen fantastisch aus und vor allem haben Sie eine unfassbare Energie, ob live auf der Showbühne oder im Leben abseits davon. Wieso haben ausgerechnet Sie so ein Problem mit dem Altern?
Weil ich nicht weiser werde, das ist doch Bullshit! Was ich jetzt weiß, das wusste ich schon mit 40 – der Rest sind nur Jahre, Jahre, Jahre. Ich genieße es überhaupt nicht, älter zu werden. Leute, die so was sagen, sind riesige Lügner. Ich werde nicht besser mit dem Alter, sondern nur älter!
Werden Sie mit den Jahren wenigstens etwas relaxter?
Nein, ich finde, man wird mit dem Alter komplizierter, das Leben selbst ist komplizierter. Aber ich bin gesundheitlich voll auf der Höhe, sogar meine Stimme ist besser als je zuvor. Das mag angeberisch klingen, aber es stimmt. Arbeit ist sehr leicht für mich. Ich wusste ja nicht mal, dass ich 40 bin, bis ich 60 war!
Was tun Sie alles, um so toll auszusehen?
Wie alle wissen, habe ich nachgeholfen, und zwar schon ziemlich früh. Ich hatte eine fürchterliche Nase, und damit begann es. Aber ich habe auch mein Leben lang trainiert, ich tanze, ich ernähre mich gesund, ich trinke und rauche nicht, denn das macht alt, vor allem die Haut. Auf die habe ich immer ganz besonders geachtet.
Und ich habe in Nepal Meditieren gelernt. Das hilft wirklich, das entspannt und man ist mit sich im Reinen. In Balance. Und ich bin der Typ, der zuvor nie in Balance war.
Wie erklären Sie jemandem das Phänomen Cher?
Gar nicht. Meine Mutter sagte immer: Du wirst nie die Schönste sein und du wirst nie die Talentierteste sein. Aber du hast was, was kein anderer und keine andere hat – was, das weiß ich bis heute nicht.
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