Profilerin analysiert Politiker: Kickl als "Rhetorik-Chili" und ein "überdynamischer" Babler
Am 29. September wird ja in Österreich wieder gewählt. Und es ja heißt ja so schön: "Es kann nicht nicht kommuniziert werden" (Paul Watzlawick) - Mimik, Gestik und Körpersprache spielen da eine große Rolle.
Profilerin Patricia Staniek hat sich für den KURIER die Spitzenkandidaten und die Spitzenkandidatin der fünf großen Parteien abseits der Parteiprogramme ganz genau angesehen.
Sie analysiert - was machen sie gut, was eher nicht, was verrät ihre Körpersprache, wo liegen ihre Stärken, wo ihre Schwächen.
"Profiling ist Exzellenz in Menschenkenntnis. Ich befasse mich mit dem Menschen, mit seinem Verhalten. Der Mensch zeigt auch so viel sichtbares Verhalten, das das nichtgeschulte Auge gar nicht mitbekommt, was da ist. Und natürlich auch Mikroverhalten – alles, was der Mensch macht oder wie er sich verhält, gibt Botschaften über seine Persönlichkeit", erklärt Staniek.
Die ganze Analyse sehen Sie hier:
KURIER Talk mit Patricia Staniek
"Hochstatus-trächtig" ist das Stichwort für den amtieren Kanzler Karl Nehammer (ÖVP). "Man sieht auch, dass er eine militärische Laufbahn hat. Das merkt man auch an seiner Haltung, an seinem Stand und am Gang. Er ist schon jemand, der gerne macht, der gerne handelt, der durchaus auch bodenständig ist und sehr, sehr viele Visionen hat", so Staniek.
"Und er ist einer, der braucht niemanden, der ihn von außen motiviert. Er kann sich selbst motivieren. Wobei er aber auch wieder ein sehr guter Kontakter ist. Das bedeutet, er braucht Menschen um sich herum, er ist sehr gerne unter Menschen, er ist auch gerne im Mittelpunkt."
Ein gewisses Maß an Selbstbestimmtheit ist ihm wichtig, genau wie Lob und Anerkennung, so die Profilerin. Mit Kritik tue sich der Kanzler allerdings schwer, meint Staniek.
"Wenn man ihn kritisieren möchte, dann muss diese Kritik schon sehr wohlwollend verpackt sein und er muss natürlich einen Nutzen daraus haben."
Auch seine Begrüßungsrituale seien sehr auffällig. er versucht, die sehr freundschaftlich zu gestalten. "Ich erinnere mich an Präsident Macron oder Vladimir Klitschko, wo er sie wirklich zu sich heranzieht. Soll den Eindruck von ,Wir sind Freunde' vermitteln. Und ich glaube, dass er nicht mit jedem, den er durchschüttelt oder zu sich heranzieht, ein Freund ist. Und das wirkt sehr, sehr oft sehr übergriffig."
Ein bisschen Charisma würde ihm fehlen. "Mein Tipp an den Herrn Nehammer wäre: Mehr echte Lockerheit bringt mehr echte Körpersprache. Er hat ja was zu sagen. Nur sollte er dabei, er sein. Die Menschen wollen Karl Nehammer wie er ist kennenlernen. Um seine Kanzlerrolle richtig leben zu können, müsste er Innenarbeit leisten und nicht nur körpersprachliche Außenarbeit."
"Hemdsärmelig" sieht sie Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). "Werner Kogler ist durchaus sehr mutig. Was er ausstrahlt, ist ein Stück Geselligkeit und Gemütlichkeit. Man hört es an der Sprache. Er hat eine teilweise sehr jugendlich wirkende Körpersprache. Er wirkt manchmal völlig ungelenk. Aber was bei ihm auch ist, dass seine Körperbewegungen sehr klein und eng sind und sehr ruckartig. Das heißt, wenn er die Arme öffnet, macht er maximal ein Stückerl auf, aber nie so richtig weit. Gleichzeitig wirkt er manchmal so, als wäre er unter Strom, also irgendwo an einer Steckdose angeschlossen. Das heißt, es ist eine Überenergie in ihm drin", so Staniek.
Empathie sei bei ihm vorhanden, aber rhetorisch sind seine Schachtelsätze anstrengend. "Das ist etwas, das den Zuschauern nicht so guttut. Denn der Zuschauer will vor dem Fernseher sitzen und verstehen. Und wenn er da jetzt einmal überlegen muss, was Herr Kogler damit meint, dann klinkt sich der definitiv aus. Das heißt, er haut auch Aussagen manchmal vollkommen ungefiltert raus", sagt die Profilerin.
Was aber auch ein Zeichen dafür ist, dass nichts vorgefertigt ist, das er frei heraus spricht und nichts auswendig lernt. "Und das bringt ihn dem Publikum und Volk schon näher." Er würde aber zu wenig Augenkontakt halten. "Er wirkt zu stark bei sich."
Ihr Tipp an ihn: "Er soll konkreter formulieren, die Schachteln rauslassen, die Themen mehr auf den Punkt bringen."
Eine extrem gute Rhetorik hingegen hätte laut Staniek Herbert Kickl. Der Mann an der Spitze der FPÖ wurde aber auch am stärksten polarisieren.
"Wenn man sich seines psychologische Grundstruktur anschaut, ist er definitiv ein Denker. Er denkt und zieht seine Fäden sehr strategisch. Er blieb auch sehr lange im Hintergrund, hat aber durchaus auch eine mutige Macher-Strömung. Bekannterweise ist Herbert Kickl eher ein zierlicher Mensch und nicht in der Körpergröße des Herrn Nehammer. Das gleicht er aber mit einer extrem guten Rhetorik aus. Wobei die Rhetorik im Moment einer extrem starken Kampfrhetorik gleicht. Die Rhetorik ist so quasi seine Waffe. Er ist so eine extrascharfe Rhetorik-Chili", so Staniek.
Er sei in seinen Gedanken kreativ, wortgewandt und flexibel. In seiner Ideologie würde er aber starr wirken.
"Mein Tipp an den Herrn Kickl: ein bisschen echte Lockerheit. Richtig authentisch ist er nämlich nur dann, wenn er ärgerlich oder wütend ist. Dann hat er sehr oft sehr authentische Phasen. Denn die Emotion Wut und Ärger ist ja auch seine Strategie. Über diese Strategie nimmt er ja auch die verärgerten und wütenden Bürger mit. Also, in der Wut ist er echt, aber grundsätzlich zeigt er auch, wie alle anderen in der Körpersprache, im Verhalten auch Unsicherheiten. Zusammenfassend zu sagen: Aus dem Hinterhof über den Zaun zu schauen und Reden für die anderen zu schreiben, ist schon noch einmal eine andere Nummer als direkt ins Rampenlicht zu gehen und vorne zu stehen."
Engagiert und euphorie-erzeugend sei laut Staniek SPÖ-Chef Andreas Babler. "Er ist vielseitig, er hat unglaublich viele Facetten. Sein Verhalten weist auch auf traditionelle Werte hin. Viel Schnickschnack um ihn herum braucht er nicht. Er spricht gerne, er spricht gut. Er liebt die Menschenmenge und unter den Menschen fühlt er sich auch wohl. Er inszeniert sich stark, Aber nicht über Äußerlichkeiten, sondern über seine Person."
Er sei dynamisch, könne aber auch Dominanz zeigen. "Das sieht man auch immer wieder an seinem ,dirty smile'. Was bei ihm auch so eine kleine Negativbotschaft ist, er lächelt mit schiefem Mund. Das ist grundsätzlich ein Verachtungszeichen oder ein Anzeichen für einen Dominanzanspruch, auch eine Abwertung von etwas", sagt die Profilerin.
Ruhe und Beständigkeit könne er aber auch vermitteln. "Er ist ein Umsetzer und ein Macher", so die Verhaltensanalystin.
"In der letzten Zeit ist er in der Sprache etwas überdynamisch. Manchmal im extremen Fight-Modus."
Er würde auch immer im Dialekt sprechen, was ja grundsätzlich nicht schlecht ist, "sofern die Grammatik stimmt. Bei ihm wäre es sehr wichtig, sich ein bisschen mit Grammatik auseinanderzusetzen. Hochdeutsch würde ihn vermutlich behindern. Das würde ihn unauthentisch wirken lassen. Trotzdem, auf die Grammatik müsste er schon noch ein bisschen schauen, denn das würde ihm einfach mehr Kompetenz in den Gesprächen und auf der Bühne vermitteln", so ihr Tipp.
Eine extreme Logikerin ist laut Staniek Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. "Ihr Denk- und Sprachstil ist ausgerichtet auf Zahlen, Daten, Fakten. Sie braucht Logik, sie arbeitet Dinge auch sehr logisch ab. Was sie aber auch hat, sie kann gut und angenehm ausstrahlen."
Dynamische Körpersprache, extrem weite Gesten und eine starke Mimik nennt sie ihr Eigen. "Über das kann sie sich wirklich sehr gut ausdrücken. Also Mimik und Körpersprache ist beeindruckend und sie lacht spontan", so Staniek.
Genau diese ausladende Gestik könnte aber für manche als störend empfunden werden, meint die Profilerin.
Ihr Tipp wäre: "Bei wichtigen Passagen, die sie rüberbringen möchte, einfach ein bisschen ruhiger und ernster zu wirken, dann kommt sie kompetenter rüber. Was aber eine große Qualität von ihr ist, ist ihre große Konzentrationsfähigkeit, die sie immer wieder zeigt. Diese Frau lässt sich nicht ablenken, sie ist hochkonzentriert. Was sie auch hat: eine rasante Auffassungsgabe. Sie ist oft schneller mit dem Übernehmen der rhetorischen Führung. Da hat der andere noch nicht einmal richtig ausgesprochen, da übernimmt sie schon. Was ihr guttun würde, mehr echte Emotion zu zeigen, auch zuzulassen, von dem Logischen weg ins echte Fühlen hinein, auch an ihre Intuition ein bisschen mehr zu glauben. Damit würde sie mehr Volksnähe zeigen."
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