Alec Baldwin: Vom Waffengegner zur tragischen Figur

Alec Baldwin: Vom Waffengegner zur tragischen Figur
Der Hollywoodstar erschoss vergangene Woche während Filmarbeiten versehentlich eine Kamerafrau. Welche Konsequenzen der Unfall haben wird, ist derzeit völlig unklar.

Wenige Rollen, schmutzige Scheidung und Proll-Image: Mitte der 2000er Jahre schien die Karriere von Alec Baldwin am Tiefpunkt. Mit neuer Frau und Trump-Satire schaffte er privat und beruflich die Wende. Bis ein tragischer Unfall vergangene Woche das sich abzeichnende "Happy End" im Leben des Hollywoodstars zunichte machte. Baldwin hatte während der Dreharbeiten zu dem Western "Rust" die Kamerafrau Halyna Hutchins tödlich getroffen, als er bei einer Probe eine Requisitenwaffe, die jedoch mit scharfer Munition geladen war, abfeuerte. 

Baldwin plant laut Medienberichten nun, sich zurückzuziehen.

Angesichts dieses tragischen Unfalls, der wohl aus einem allzu laschen Umgang mit am Set befindlicher scharfer Munition resultierte, klingt es fast nach einem besonders bitteren Treppenwitz der Geschichte, dass sich Baldwin seit Jahren als Waffen-Gegner engagiert und den früheren US-Präsidenten Donald Trump für seine Waffenpolitik kritisierte.

Alec Baldwin: Vom Waffengegner zur tragischen Figur

Das Set, an dem Halyna Hutchins ihr Leben verlor

Trump war für Alec Baldwin aber Fluch und Segen zugleich. Einerseits hat sich der Schauspieler schon während des Wahlkampfs offen gegen den Republikaner ausgesprochen und ihn auch nach Amtsantritt immer wieder zurechtgewiesen.

Andererseits hat Trumps Kandidatur Baldwin eine Satire-Rolle in der Comedy-Show "Saturday Night Live" eingebracht - und viele sagen, dass die ihm ein Comeback verschafft hat. Baldwins "abklingende mittelmäßige Karriere" sei durch seine Trump-Verkörperung in der Comedy-Show gerettet worden, schrieb sogar Trump selbst einmal auf Twitter. Allerdings bezeichnete Trump die Darstellung als "schrecklich" und "Qual für die Zuschauer" (nachdem Baldwin zuvor gesagt hatte, es sei für ihn inzwischen eine Qual, Trump darzustellen).

Der Erfolg der Parodie bescherte den einst bei Kritikern geächteten Baldwin einen zweiten Karriere-Frühling.

Grund genug offenbar für ein böses Revanche-Foul von Donald Trumps Sohn Donald Trump jr., der als Reaktion auf den tragischen Unfall folgendes Posting absetzte: "Dieser Blick, wenn ein Anti-Waffen-Spinner mehr Menschen mit einer Waffe tötet, als es deine große Sammlung an Feuerwaffen je getan hat." 

Rechtsexperten halten es für unwahrscheinlich, dass Baldwin strafrechtliche Konsequenzen drohen - auch wenn zivilrechtliche Folgen möglich sind, zumal Baldwin auch Produzent ist.

Alec Baldwins Lebenstragödie reiht sich ein in eine lange Reihe größerer und kleinerer Fehltritte und Skandale. 

2018 wurde er nach einem Streit in New York wegen versuchten Angriffs und Belästigung angeklagt. Baldwin soll damals einen 49 Jahre alten Mann geschlagen haben, weil dieser ihm einen Parkplatz weggeschnappt hatte. 2014 nahm ihn die Polizei in Gewahrsam, weil er mit seinem Fahrrad in falscher Richtung auf der Fifth Avenue in Manhattan fuhr. Immer wieder fiel Baldwin in der Vergangenheit mit aggressivem Verhalten auf. Ende 2013 hatte der Sender NBC eine nächtliche Chat-Show des Schauspielers eingestellt, weil er einen Fotografen vor seiner Wohnung homophob beleidigt haben soll.

Am Tag des mutmaßlichen Vorfalls war eine kanadische Schauspielerin ins Gefängnis gekommen, die als Stalkerin von Baldwin verurteilt worden war. Anschließend machte Baldwin in einem Artikel im New York Magazine seinem Ärger Luft und schrieb, er habe das Leben in der Öffentlichkeit satt. In New York könne seine kleine Tochter kein "normales Leben" führen. Baldwin schimpfte in dem Artikel über die Medien, über die Stadt, in der er seit 1979 wohnt, und über das Leben in der Öffentlichkeit in den USA im Allgemeinen.

Ruhe nach dem Sturm

Einen Skandal löste er auch 2007 aus, als er seine damals elfjährige Tochter aus seiner ersten Ehe mit der Schauspielerin Kim Basinger als "unverschämtes kleines Schwein" beschimpfte. Damals lieferte sich das Ex-Paar einen erbitterten Sorgerechtsstreit.

Nach dem Studium in New York schaffte Baldwin mit seiner Rolle in "Jagd auf Roter Oktober" 1990 den Durchbruch. Galt er Mitte der 2000er noch als Hollywood-Proll mit schmutzigen Scheidungsschlagzeilen, zahlreichen Film-Flops und immer weniger Rollenangeboten, so hatte er es heute wieder ganz nach oben geschafft: Gefeierte Hauptrolle in der Erfolgsserie "30 Rock" (2006-2012), mehrere andere Film-, Fernseh- und Synchronsprecherjobs und der viel gelobte Interview-Podcast "Here's the Thing". 2018 moderierte er einige Monate lang eine eigene Talkshow im Fernsehsender ABC.

2017 erschien auch seine Autobiografie "Nevertheless" (Trotzdem). "Erfolg hat mir damals mehr Angst gemacht als Versagen, daran war ich gewöhnt", so Baldwin. Jahrelang hatte er mit einer Alkohol- und Drogensucht gekämpft. Noch heute kann er sich gut an das Datum erinnern, seit dem er keinen Schluck Alkohol mehr getrunken hat: 23. Februar 1985.

Lange Zeit sei er "unglücklich" gewesen, sagte er einmal. Doch das Blatt hatte sich für ihn gewendet - beruflich wie privat. 2012 heiratete er die Yogalehrerin Hilaria Thomas, das Paar bekam innerhalb von acht Jahren sechs Kinder.

Wie es nun mit seiner Karriere weiter geht, ist unklar. Die Dreharbeiten für "Rust" wurden bis auf weiteres unterbrochen. Der Kinostart der Umwelt-Doku "Flint: Who Can You Trust?", in der Baldwin als Erzähler auftritt, wurde verschoben. Der Streifen, in dem es um die Wasser-Krise in Flint (Michigan) geht, hätte am vergangenen Freitag in den USA Premiere gefeiert. "Wir haben den Kinostart sowie die digitale Veröffentlichung aufgrund der jüngsten tragischen Ereignisse aus Respekt verschoben", twitterte Regisseur Anthony Baxter.

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