Warum die neue Eishockey-Liga keinen Kindergeburtstag duldet
Seit dem Saisonabbruch am 10. März wurden tausende Arbeitsstunden investiert, damit es eine Eishockey-Meisterschaft 2020/2021 geben kann. Am Freitag geht es endlich los. Mit Bratislava Capitals gibt es einen neuen Teilnehmer (statt Orli Znjomo), mit Puls24 einen neuen TV-Partner und mit bet-at-home einen neuen Sponsor der Liga, die jetzt ICE Hockey League heißt. Seit Juli ist Graz-Präsident Jochen Pildner-Steinburg auch Liga-Präsident. Im Interview erzählt er, welche Hürden es gab und warum die Liga keinen Kindergeburtstag duldet.
KURIER: In der deutschen Eishockeyliga ist immer noch unklar, ob überhaupt gespielt werden kann. Welche Bedeutung hat der Saisonstart der ICEHL?
Jochen Pildner-Steinburg: Wir haben gesagt, dass wir Eishockey wieder präsent machen wollen. Wenn wir noch länger weggeblieben wären, wäre Eishockey aus vielen Köpfen verschwunden. Auch wenn wir in Kauf nehmen müssen, dass weniger Leute in die Hallen kommen können und dass es wieder zu einem Lockdown kommen kann.
Hätten die Klubs eine längere Pause überlebt?
Ob alle die Infrastrukturen hätten erhalten können, ist die große Frage. Es könnte sein, dass der eine oder andere auf gut Steirisch die Patschen gestreckt hätte.
Welche waren die größten Hürden?
Wir haben den Ligasponsor und ServusTV verloren. Das Ende der Meisterschaft im Viertelfinale war ein Horror. Dann war es spannend, ob vom Gesundheitsministerium unsere Konzepte zur Rückkehr genehmigt werden. Das ist dann gelungen, weil im Liga-Management gute Arbeit geleistet wurde.
Von der Politik kamen positive Signale?
Ich kenne Vizekanzler Werner Kogler schon sehr lange. Er hat immer gesagt, dass er uns unterstützt und wir mit allen Anliegen kommen können. Es ist auch von Gesundheitsminister Rudolf Anschober sehr schnell signalisiert worden, dass sie uns helfen wollen und unterstützen, dass wir spielen können. Danach haben wir den Transferstopp aufgehoben und haben auf den Saisonstart 25. September hingearbeitet.
Rund um Ihre Wahl gab es Aufregung, weil das Ergebnis von 4:2 Stimmen wegen der Stimmenthaltungen nicht als Zweidrittel-Mehrheit angesehen wurde. Erst nach einem Gutachten wurden Sie Monate später zum Präsidenten ernannt. Haben Sie da nicht schon die Lust verloren?
Dieses Amt war nie mein Lebensziel. Diese Wahldeutung war eigenartig. Für mich war dann alles erledigt. Aber Hans Schmid (Capitals-Präsident, Anm.) hat nicht locker gelassen und um meine Mithilfe gebeten. Dann habe ich zugesagt. Schließlich war ich ja ein Gründungsmitglied der Liga.
Der Zusammenhalt in der Liga ist durch den gemeinsamen Feind Covid-19 wohl großer geworden, oder?
Ja, die Vereine sind enger zusammengerückt. Es wird untereinander geholfen, es wurde intensiv am Return-to-play-Konzept gearbeitet. Vereine wie Salzburg sind vorangeschritten. Der KAC, die Capitals – alle haben mitgearbeitet.
Dass die Mannschaften so unterschiedliche Legionärszahlen haben, galt früher als unmöglich. Jetzt spielen der KAC oder Wien gegen andere Teams, die doppelt so viele Legionäre haben ...
Das geht jetzt auch wegen Corona. Obwohl irrsinnig viele internationale Spieler zu den besten Konditionen auf dem Markt sind. Manche würden für ein Taschengeld, Auto und Wohnung kommen. Auf der anderen Seite haben einige Vereine seit Jahren hart daran gearbeitet, junge Spieler auszubilden. Bei unserem ersten Testspiel gegen Wien habe ich mich gewundert, welche Spieler auf dem Eis sind. Sie ernten jetzt die Früchte. Beim KAC das Gleiche. Andere Vereine, die keine Akademie haben, müssen erst aufholen. Das Spielerpotenzial in Österreich ist immer noch zu gering. Wir haben das Problem, dass im Verband zu wenig gute und zukunftsorientierte Arbeit gemacht wird. Da kommt uns die ganze Geschichte mit dem Eishockeyverband gar nicht recht, weil da einfach nichts passiert.
Was muss passieren?
Unser aller Ziel muss sein, eigene junge Spieler in der Liga spielen zu sehen und die Legionärszahl zu reduzieren.
Das wird aber auch ein Anliegen der neuen Verbandsführung sein, mit der die Liga einen neuen Kooperationsvertrag aushandeln muss...
Wir wissen noch nicht, was der Verband will. Ich kenne die Herrschaften nicht einmal. Es gab noch kein Gespräch. Meine Vorstellung ist beispielsweise, dass es kein Fan merken würde, wenn wir das Niveau in der Liga ein wenig senken würden und mit mehr österreichischen Spielern spielen würden. Wir würden uns viel Geld sparen und verbreitern die Basis. Aber das muss ausverhandelt werden.
Wie viele Spiele absolviert werden können, wird auch von der Disziplin der Profis abhängen. Können Sie etwas vom Sicherheitskonzept erzählen?
In den Hallen gibt es strenge Regeln. Da darf es in der roten Zone zum Beispiel keinen Kontakt mit fremden Personen wie Journalisten geben. Außerhalb haben die Spieler ihre Kontakte zu reduzieren, auch die familiären. Das größte Problem ist, dass viele Spieler Kinder im Kindergarten und in der Schule haben. Dadurch werden sie mit Corona konfrontiert sein.
Wenn ein Fan einen Spieler auf der Straße nach einem Autogramm fragt, bekommt er eines?
Das wird natürlich ein Problem sein. Es wird viel von der Disziplin der Spieler abhängen. Wie für jeden gilt, dass er Distanz halten muss. Die Maßgabe ist aber schon so, dass sich die Spieler von Fans fernhalten müssen.
Kindergeburtstagsparty ist wohl eher tabu ...
Das ist absolut verboten. Wir können natürlich niemanden auf Schritt und Tritt verfolgen, aber wir rechnen mit der Vernunft der Spieler. Bis jetzt hat es in der Vorbereitung gut funktioniert. Es geht ja um ihren Arbeitsplatz.
Red Bull Salzburg (Stand bei Abbruch: Viertelfinale): Mit Teamstürmer Raphael Herburger, der die Schweiz gewechselt ist, Chad Kolarik, Bud Holloway und Connor Brickley haben die Salzburger vier Topstürmer abgegeben. Dennoch gilt das Team von Trainer Matt McIlvane als heißer Kandidat auf den Titel. Namhafteste Verstärkungen sind Ex-NHL-Verteidiger Taylor Chorney und der Ex-Linzer Rick Schofield. Im Tor können die Bullen wieder auf J.P. Lamoureux bauen, Backup Lukas Herzog fällt wegen einer Hüftoperation die ganze Saison aus. Da die beiden deutschen Talente John Peterka (18) und Justin Schütz (20) vom Schwesternclub Red Bull München bis zum DEL-Start in Salzburg Spielpraxis sammeln dürfen, sind zu Saisonstart sogar mehr Legionäre im Kader (8) als im Vorjahr (6).
Vienna Capitals (Viertelfinale): Kein Klub hat seine Ausrichtung so geändert wie die Caps. Waren die Wiener in der vergangenen Saison noch mit elf Legionären angetreten, sind es diesmal nur sechs. Dafür stehen 19 Wiener im Kader, 14 Spieler kommen aus dem eigenen Nachwuchs, fünf 18- und 19-jährige Talente erhielten Profiverträge. Hinter der Bande herrscht mit Dave Cameron Kontinuität. Der prominenteste Abgang ist Riley Holzapfel, der seine Laufbahn beendet hat. Neben drei neuen Legionären wurden Teamstürmer Alexander Cijan, Schweden-Heimkehrer Benjamin Nissner und Marco Richter geholt. Im Tor setzt man auf ein österreichisches Trio aus Routine (Bernhard Starkbaum/34) und Jugend (Max Zimmermann/21, Sebastian Wraneschitz/18).
KAC (Viertelfinale): Die Klagenfurter standen bei Abbruch der Liga vor dem Viertelfinal-Aus (0:3 gegen Linz), gehen aber wieder als Titelverteidiger in die Saison. Der dänische Torhüter Sebastian Dahm soll den "Rotjacken" im Tor Rückhalt geben. Neben Österreichs Teamtorhüter David Madlener fällt auch Verteidiger Dave Fischer längerfristig aus. Trainer Petri Matikainen hat nur fünf Legionäre, die wenigsten aller Teams, zur Verfügung, dafür 13 Spieler aus dem eigenen Nachwuchs. Während unter anderem Top-Torschütze Andrew Kozek abgegeben wurde, holte der KAC mit Verteidiger David Maier und Daylon Groulx, Sohn von Wayne Groulx, zwei 20-jährige Österreicher aus Nordamerika. Mit dem Sieg beim Red Bull Salute gelang dem KAC eine erfolgreiche Generalprobe.
Graz 99ers (Viertelfinale): Aufgrund der Pandemie haben sich die Grazer von mehr Spielern getrennt als geplant und gaben die Legionäre Cristopher Nihlstorp, Sebastian Collberg, Joakim Hillding, Kalle Johansson, Trevor Hamilton, Robin Weihager, Matt Garbowsky, Alexander Reichenberg und den zweifachen Stanley-Cup-Sieger Dwight King ab. Geholt wurden bekannte Spieler wie Hunter Fejes, Topscorer der Black Wings Linz, Joel Broda aus Innsbruck oder der einzige neue Verteidiger Mario Altmann. Im Tor setzt Doug Mason auf den britischen Teamtorhüter Ben Browns, in der Abwehr hat er mit Charlie Dodero aktuell nur einen Legionär im Kader.
VSV (Viertelfinale): Die Villacher haben mit dem Kanadier Dan Ceman, schon Meister in Dänemark und der Slowakei, einen neuen Trainer, der gleich auch einen Torhüter (Tyler Beskorowany) mitbrachte. Flügelstürmer Scott Kosmachuk, Verteidiger Matt Mangene, Center Sahir Gill sowie Teamverteidiger Raphael Wolf sind die namhaftesten Verstärkungen. Zudem spielt der deutsche Teamstürmer Maxi Kammerer (23) bis zum Trainingsstart von Düsseldorf für die Adler. Daniel Wachter (Innsbruck) und Philipp Kreuzer (KAC) sind ihn ihre Heimatstadt zurückgekehrt, mit Sebastian Zauner und Julian Kornelli wurde zwei Deutsche mit österreichischem Pass engagiert. Urgestein Markus Schlacher erhielt keinen neuen Vertrag und beendete mit 33 Jahren seine Karriere.
Black Wings Linz (Viertelfinale): Die Linzer, die nun Black 1992 heißen, haben den turbulentesten Sommer der 28-jährigen Clubgeschichte haben hinter. Im Streit mit Präsident Peter Freunschlag haben die drei Vizepräsidenten, Manager Christian Perthaler und die Hauptsponsoren den Verein verlassen und wollten - letztlich erfolglos - mit einem eigenen Club (EHV Linz) in die Liga einsteigen. Der neue Manager Gregor Baumgartner musste unter schwierigen Bedingungen ein Team für den neuen Coach Pierre Beaulieu zusammenstellen und setzte dabei auch auf Bewährtes: Er holte die Routiniers Andrew Kozek (34, Sturm), Sebastien Piche (32, Verteidiger) und Marc-Andre Dorion (33, Verteidigung) zurück. Zehn Legionäre sollen den jungen heimischen Spielern Rückhalt geben, darunter mit Center Juha-Pekka Hytönen ein zweifacher finnischer Meister und CHL-Sieger. In der Verteidigung werden fünf Legionäre die Hauptarbeit verrichten, im Tor erhielt ÖEHV-Teamtorhüter David Kickert Konkurrenz durch den Slowenen Luka Gracnar.
HC Innsbruck (Platz 10/ausgeschieden): Innsbruck hat sich nach vier Jahren von Trainer Rob Pallin und allen Legionären mit Ausnahme des Tschechen Jan Lattner getrennt. Mitch O'Keefe, der Neue hinter der Bande, hat aber wieder zwölf Legionäre, einige davon langjährige AHL-Spieler, zur Verfügung. Im Tor steht Tom McCollum, der immerhin drei NHL-Spiele absolviert hat.
EC Dornbirn (Platz 11/als Letzter ausgeschieden): Als Kai Suikkanen einen Monat vor Saisonbeginn das Training startete, hatten die Bulldogs erst acht Spieler unter Vertrag. Mittlerweile verpflichteten die Vorarlberger aber einige Legionäre, zuletzt stießen auch noch drei Spieler aus dem Farmteam der Edmonton Oilers hinzu, die aufgrund des verschobenen Saisonstarts der AHL bis mindestens Dezember in Dornbirn bleiben. werden. Mittlerweile haben die Bulldogs wieder elf Fremdarbeiter im Kader.
Kommentare