Torjäger mit 1,95: Österreichs unbekannte Größe bei der Eishockey-WM

Es gab Weltmeisterschaften, da stellte Österreich Mannschaften, die schon alleine wegen der Körpergröße im Schatten der großen Nationen standen – wenn etwa die Schweden mit ihren 1,95-Meter-Verteidigern auftauchten. Es war üblich, dass mehr Österreicher unter 1,80 Meter waren als über 1,85.
Heute ist dies anders: Besonders im Angriff beweist Österreich bei der WM 2023 in Tampere Größe. Mit Kapitän Thomas Raffl (1,94), Paul Huber (1,93) und Oliver Achermann (1,95) stehen drei Riesen im Team. Im Dienstag-Spiel gegen Dänemark (15.20 Uhr/live ORF 1) wird Achermann aber nicht der Größte sein. Der Däne Oliver Lauridsen misst sogar noch zwei Zentimeter mehr.
Überragender Wert
„Oliver wer?“, werden Nicht-Insider fragen. Oliver Achermann ist 29 Jahre alt, gebürtiger Schweizer, Sohn eines Eidgenossen und einer Österreicherin – und er war in der abgelaufenen Saison der zweiten Schweizer Liga zweitbester Scorer. In 58 Partien kam er auf 46 Tore und 37 Assists. Ein überragender Wert, der ihn auch bei Schweizer Erstligisten ins Gespräch gebracht hat.
Bitter schmeckte für ihn nur, dass nach dem Zweitliga-Titel mit La Chaux-de-Fonds der Aufstieg in der Relegation nicht gelang. „Ich hatte super Sturm-Kollegen. Es hat extrem Spaß gemacht. Das ganze Team hat an einem Strang gezogen“, erzählt Achermann. Besonders die zweite Saisonhälfte mit La Chaux-de-Fonds war beeindruckend. „Wir hatten schon 20 Punkte Rückstand. Ab Mitte Januar haben wir aber eine unglaubliche Serie mit nur vier Niederlagen in 32 Spielen hingelegt.“
Kleine Genugtuung
Die Karriere des 29-Jährigen ist das beste Beispiel dafür, dass es nicht immer nur Schritte nach vorne, sondern manchmal auch zur Seite geben kann, der Weg aber dennoch nach oben führt. Schon im Nachwuchs wurde er von einem Klub zum anderen transferiert, mit 20 wechselte er nach Österreich zu Dornbirn und Bregenzerwald: „Zu einem gewissen Grad ist das jetzt schon eine Genugtuung“, gibt Achermann zu.
Er weiß aber auch: „Es war schön, eine solche Saison gehabt zu haben. Das Schwierige wird sein, es im nächsten Jahr zu bestätigen.“ Aber: „Das Jahr davor hatte ich eigentlich schon meine beste Saison, und ich konnte sie noch toppen.“ Dass es für ihn in seiner Laufbahn nicht immer leicht war, habe ihn wohl stärker gemacht. Der Stürmer erzählt mit Schweizer Akzent: „Das hat mich schon geprägt. Wenn der Widerstand größer wird, dann gibst du nicht auf oder versuchst, einen Ausweg zu finden. Ich versuche, stärker aus der Situation herauszukommen.“
Schon wieder spricht alles über den Österreicher David Reinbacher. Seinetwegen war Detroits General Manager Steve Yzerman zum Testspiel gegen Tschechien nach Wien gekommen, seinetwegen tummelten sich die NHL-Scouts in den ersten beiden WM-Partien auf der Tribüne. Der 18-Jährige gilt als weltbester Verteidiger des Jahrgangs 2004 und als heißes Eisen im NHL-Draft im Juni. Als er im Schweden-Spiel nach einem Check mit schmerzverzerrtem Gesicht liegen blieb, war nicht nur seine weitere WM-Teilnahme in Gefahr. Eine Untersuchung im Krankenhaus ergab keinen Bänderriss. „Gegen Dänemark wird er sicher nicht spielen“, berichtet Teamchef Bader. Die Hoffnung auf eine Rückkehr ist aber groß.
Große Hoffnung hat auch Deutschland: NHL-Top-Stürmer Leon Draisaitl ist mit Edmonton gegen Las Vegas ausgeschieden. „Es sind sehr viele Dinge zu erledigen. Wir sind sehr akribisch im Hintergrund“, sagte DEB-Sportdirektor Christian Künast. Draisaitl könnte frühestens gegen Ende der Woche nach Finnland kommen. Am Freitag spielt Deutschland gegen Österreich.
Viele Qualitäten
Nach den zwei Niederlagen gegen Frankreich und Schweden muss auch Österreichs Team bei der WM stärker werden. Welche Qualitäten Achermann dazu beitragen kann? „Ich denke, ich kann das Spiel gut lesen. Ich arbeite defensiv und offensiv gut. Und natürlich ist der Abschluss eine Stärke. Meine Größe versuche ich natürlich einzusetzen.“ Spätestens nach der Weltmeisterschaft soll diese keine Unbekannte mehr sein.
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