US-Superstar Mikaela Shiffrin und der Schweizer Marco Odermatt haben Soldeu mit den großen Kristallkugeln für den Gewinn des Gesamtweltcups verlassen. Der ÖSV-Alpintross reiste indes am Sonntag zum zweiten Mal hintereinander mit leeren Händen ab, gemessen an Podestplatzierungen war es sogar die schlechteste Saison seit 1984/85.
25 Podestplätze (7 erste, 10 zweite und 8 dritte Plätze) für den ÖSV bedeutet die schlechteste Bilanz seit den 21 der Saison 1984/85 (7/5/9), es wurden die wenigsten Siege seit 1986/87, als nur zwei eingefahren wurden. Im Nationencup trat der Fall ein, dass Österreich erstmals weder bei Frauen noch Männern in den Top zwei landete.
In welchen Disziplinen machte sich die triste Bilanz der österreichischen Fahrerinnen und Fahrer aber besonders bemerkbar? Wo hat der ÖSV den größten Aufholbedarf?
Der KURIER warf einen Blick auf die Zahlen der abgelaufenen Saison. Es war ein Winter, der für Österreich nur wenig Positives zu bieten hatte.
- Die Punkteausbeute des ÖSV
Mit am Ende 8.729 Punkten (siehe Grafik oben) waren die ÖSV-Stars im zurückliegenden Winter weit weg von jenen Werten, über die sich der Verband noch Anfang der 2000 regelmäßig freuen durfte. Noch schlechter lief es lediglich in der Saison 2019/'20, als lediglich 7.694 Zähler gelangen. Damals wurden aber aufgrund der Corona-Pandemie deutlich weniger Rennen (66) ausgetragen. Heuer waren es insgesamt 86 Bewerbe.
Die Punkteausbeute pro Rennen offenbart daher: Die ÖSV-Frauen kamen auf 105 Zähler pro Rennen und mussten damit die schlechteste Saison seit der Jahrtausendwende hinnehmen. 2016/'17 waren die österreichischen Fahrerinnen mit rund 106 Punkten nur minimal besser.
Auch die ÖSV-Männer können nicht zufrieden sein. Zwar schnitten Vincent Kriechmayr und Co. mit 125 Punkten pro Rennen etwas besser ab, es ist aber dennoch der zweitschlechteste Wert in den letzten 23 Jahren. Enttäuschender verlief nur die Saison 2019/'20 mit 108 Zählern.
Österreichs Fahrerinnen und Fahrer hatten mit der Entscheidung um die große Kristallkugel überhaupt nichts zu tun. Weder bei den Frauen, noch bei den Männern. Dem besten ÖSV-Athleten Kriechmayr fehlten fast 1.100 Punkte auf Saison-Dominator Odermatt. Bei den Frauen waren es fast 1.700 Zähler, die Cornelia Hütter (Platz 14) auf Ski-Star Shiffrin fehlten.
Dass der beste Österreicher nur auf Platz fünf zu finden ist, war zuletzt 2011 der Fall. Damals fiel die Bilanz der drei besten ÖSV-Herren ähnlich enttäuschend aus. In den Jahren darauf gab es zwar mit Marcel Hirscher einen dominanten Fahrer, die österreichische Ausbeute dahinter ließ aber ebenfalls zu wünschen übrig.
Und doch: Immerhin schafften es mit Vincent Kriechmayr, Marco Schwarz und Manuel Feller drei Österreicher unter die Top 10. Die Bilanz der Frauen fällt da anders aus. Cornelia Hütter (14.), Mirjam Puchner (19.) und Franziska Gritsch (23.) waren abgeschlagen Österreichs Top-Trio der abgelaufenen Saison. Nur 2016/'17 war das Frauen-Team noch schlechter. Damals war Nicole Schmidhofer als 15. beste ÖSV-Läuferin in der Endwertung.
Zum zweiten Mal in Folge musste der ÖSV eine Nullnummer verkraften. Und das bereits zum dritten Mal in den letzten vier Jahren. Seit dem Abgang und letzten Gesamtweltcup-Sieg von Marcel Hirscher 2019 war die große Kristallkugel kein Thema mehr, Österreich hatte aber auch in den Disziplinen-Wertungen zumeist nur eine Nebenrolle inne.
Zuletzt jubelte man 2021 über die kleinen Kristallkugeln im Slalom (Marco Schwarz und Katharina Liensberger) sowie Super-G (Kriechmayr). Seitdem hat die Konkurrenz die Nase vorne. Im abgelaufenen Winter war Kriechmayr in der Abfahrt noch am nächsten dran, er hatte am Ende aber 146 Punkte Rückstand auf Sieger Aamodt Kilde.
Auch da lohnt sich wieder ein Blick auf die durchschnittliche Punkteausbeute pro Rennen. Da zeigt sich, dass die ÖSV-Fahrerinnen und -Fahrer fast in allen Disziplinen den eigenen Erwartungen hinterherfuhren. Bei den Herren etwa im Slalom, wo man mit lediglich 102 Punkten pro Rennen den drittschlechtesten Wert seit 2000 verbuchte. Im Super-G war die abgelaufene Saison sogar die zweitschlechteste, mit 147 Zählern jedoch auf deutlich höherem Niveau. In Riesentorlauf (110 Punkte) und Abfahrt (134) sieht es nur bedingt besser aus.
Bei den Frauen ist die größte Baustelle offensichtlich: Im Slalom lieferten Liensberger und Co. die mit Abstand schlechteste Leistung der letzten 23 Jahre ab. In elf Rennen gelangen dem ÖSV im Durchschnitt bloß 58 Punkte. Hier stürzte das Frauen-Team im Vergleich zu den Vorjahren deutlich ab. Im Riesentorlauf gelangen 71 Zähler pro Rennen, der drittschlechteste Wert seit 2000.
Immerhin konnte die Speed-Abteilung rund um Cornelia Hütter oder Mirjam Puchner die österreichischen Fahnen halbwegs hochhalten. Im Super-G (170 Punkte) und in der Abfahrt (127) bewegt man sich im Vergleich mit den letzten Jahren im Mittelfeld.
Die Weltmeisterschaft in Courchevel und Meribel endete für den ÖSV zwar nicht derart enttäuschend, wie die Weltcup-Saison, wirklich zufrieden konnten die Verantwortlichen aber auch nicht sein. Was vor allem daran lag, dass die erhoffte Gold-Medaille ausblieb. Österreichs Team sicherte sich drei Silber- und vier Bronze-Medaillen. Erstmals in diesem Jahrtausend blieb der Verband jedoch ohne WM-Titel.
- Die Erfolgsbilanz des ÖSV
Mit nur sieben Saisonsiegen kann der österreichische Ski-Verband nicht zufrieden sein. Alleine vier davon gingen auf das Konto von Vincent Kriechmayr (drei Siege in der Abfahrt, einen im Super-G). Schlechter fiel die Bilanz nur im letzten Jahr aus, als es sechs Erfolge waren. Da waren es aber auch 12 Rennen weniger.
Der ÖSV hat jedenfalls seine Vormachtstellung längst verloren. Die Schweiz verbuchte heuer mehr als dreimal so viele Siege wie Österreich, 24 an der Zahl. Mit 11.318 Punkten war es zudem die erfolgreichste Saison überhaupt für die Eidgenossen. Was die Saisonsiege angeht, ist der ÖSV überhaupt nur mehr die fünftstärkste Kraft im Ski-Weltcup. Neben der Schweiz waren auch Norwegen (17 Siege), die USA (14) sowie Italien (8) erfolgreicher. Kein Ruhmesblatt für die einstige Ski-Macht Österreich.
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