Sara Marita Kramer: "Mich wirft nichts so leicht aus der Bahn"

Wer die Karriere von Sara Marita Kramer verfolgt hat, der ist geneigt zu fragen: Was wird ihr wohl in diesem Winter widerfahren? Welche Herausforderungen wird die amtierende Gesamtweltcupsiegerin diesmal meistern müssen?
Die gebürtige Niederländerin hat in den letzten zwei Wintern mehr mitgemacht als viele Springer während einer gesamten Laufbahn:
Sie wurde 2021 bei der WM in Oberstdorf durch eine umstrittene Jury-Entscheidung um eine Medaille gebracht.
Sie verpasste 2021 den Sieg im Gesamtweltcup, da sie in Rasnov trotz negativen Corona-Tests keine Starterlaubnis erhalten hatte.
Und zu schlechter letzt vereitelte eine Corona-Infektion heuer ein Antreten bei den Olympischen Winterspielen in Peking.
Sara Marita Kramer (*25.10. 2001 in Apeldoorn) übersiedelte mit sieben Jahren von den Niederlanden nach Maria Alm. Im vergangenen Winter gewann die Pinzgauerin den Gesamtweltcup, 2021 wurde sie Weltmeisterin mit dem Team.
15 Weltcupsiege hat Kramer schon zu Buche stehen. Damit ist sie bereits die Nummer vier der Bestenliste.
Geht’s bei Ihnen auch einmal ohne Drama?
Ich würde mir wirklich wünschen, wenn ich einmal einen Winter ohne Wellentäler und diese Hochs und Tiefs erleben dürfte. Die letzten zwei Saisonen waren sehr interessant.
Wie haben Sie all diese Tiefschläge verarbeitet?
Ich habe einen Weg finden müssen, mit diesen Rückschlägen und negativen Erlebnissen umzugehen. Mir ist auch gar nichts anderes übrig geblieben. So hart es in dem Moment immer war, heute sehe ich all diese Erfahrungen positiv. Weil sie mich stärker gemacht haben. Ich weiß inzwischen, dass mich nichts so leicht aus der Bahn werfen kann.
Sie sind Gesamtweltcupsiegerin, viele Experten sehen in Ihnen die Dominatorin der nächsten Jahre. Verspüren Sie einen Druck?
Mir ist klar, dass große Erwartungen in mich gesetzt werden. Schlussendlich geht es aber nur darum, was ich persönlich erreichen will. Und ich möchte einfach die beste Skispringerin sein.
Wo setzt man als Nummer 1 der Welt an, wo ist Luft nach oben?
Es ist gar nicht so einfach, etwas zu finden, das einen auf das nächste Level bringt. Diese Erfahrung habe ich im Sommer machen müssen.
Was ist passiert?
Ich wollte unbedingt den nächsten Schritt machen und habe den ganzen Sommer über nach etwas gesucht, was mich besser macht und weiter bringt. Im Nachhinein wäre es vielleicht gescheiter gewesen, ich hätte darauf verzichtet und die Entwicklung einfach passieren lassen. Ich war immer auf der Suche nach mehr und mehr.
Mit welchem Resultat?
Dass es plötzlich gar nicht mehr funktioniert hat. Daher bin ich wieder zurück zu den Basics. Das war notwendig, weil ich das Vertrauen in mein Skispringen etwas verloren habe. Ich muss lernen, mich einfach darauf zu verlassen, was ich kann.
Sind Sie eine Perfektionistin?
Ich will mich immer weiterentwickeln, so bin ich halt. Es ist nicht immer von Vorteil, wenn man perfektionistisch veranlagt ist. Gerade in unserem Sport muss man aufpassen, dass man sich nicht verrennt.
Wie hat sich das Skispringen der Frauen generell entwickelt?
Das Niveau steigt ständig, man muss Gas geben, wenn man vorne dabei sein will. Sprünge, mit denen ich teilweise vor zwei Jahren gewonnen habe, würden heute nicht mehr für den Sieg reichen. Grundsätzlich ist es toll, in welche Richtung sich unser Sport entwickelt.
Die Frauen dürfen in diesem Winter erstmals zum Skifliegen.
Darauf freue ich mich schon extrem. Im nächsten Jahr soll es dann auch die Vierschanzentournee für uns geben. Das wäre der nächste große Schritt. Die Tournee ist die Veranstaltung, die das Herren-Skispringen bekannt und berühmt gemacht hat. Darüber reden sie sogar bei uns daheim in Holland.
Kennt man Sie denn dort?
Seit ich im Weltcup bin, verfolgt man, was ich mache. Nach meinem ersten Weltcupsieg in Sapporo hat sich das holländische Radio gemeldet. Ich habe zwar die österreichische Staatsbürgerschaft und springe für Österreich, aber meine Wurzeln liegen in den Niederlanden. Deshalb fiebern sie dort mit mir mit.
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