Skispringerin Sara Marita Kramer: Der lange Weg zum Gesamtweltcupsieg

Austrian Ski Jumping team member tested positive for COVID-19
Auf dem Weg zum Gesamtweltcup musste die 20-Jährige aus Maria Alm viele Rückschläge verarbeiten, nicht zuletzt während Olympia.

Man sieht es Sara Marita Kramer meist nicht an, wie es um ihre Gefühlswelt bestellt ist. Die Skispringerin aus Maria Alm ist jetzt keine Freundin großer Gesten oder übertriebener Emotionen. Sie scheint vieles in ihrem Leben einfach stoisch hinzunehmen. Ganz egal ob sie nun gerade auf Wolke sieben schwebt oder auf dem harten Boden der Realität gelandet ist – an ihrer Mimik lässt sich kaum einmal ein Unterschied erkennen.

Als Sara Marita Kramer aber am Samstag im Auslauf der Sprungschanze in Oberhof stand, war’s plötzlich vorbei mit der demonstrativen Gelassenheit. Obwohl die 20-Jährige eine Corona-Maske trug, konnte jeder sehen, dass sie über das gesamte Gesicht strahlte und regelrecht befreit wirkte. „Es ist eine Last von mir gefallen“, sagte Kramer, nachdem sie sich mit Rang sechs vorzeitig den Sieg im Gesamtweltcup gesichert hatte. „Das war mein großer Traum für diese Saison.“

Harte Rückschläge

Die Realisierung ihres großen Traumes war im Grunde nur mehr Formsache, fünf Punkte hätten der Pinzgauerin in den letzten beiden Saisonspringen bereits gereicht. Doch Sara Marita Kramer weigerte sich in den vergangenen Tagen beharrlich, von der großen Kristallkugel zu sprechen. „Ich wollte es nicht aussprechen, weil ich schon oft erlebt habe, dass es dann anders kommt.“

Sara Marita Kramer ist da ein gebranntes Kind. Nicht erst einmal haben sich die Schanzengötter gegen sie verschworen, der 20-Jährigen ist in den vergangenen 14 Monaten mehr Unheil widerfahren, als den meisten Skispringerinnen während einer ganzen Laufbahn.

Im Jänner 2021 durfte sie bei den Weltcupbewerben in Rasnov wegen eines falsch positiven Coronatests nicht starten und verpasste am Ende um elf Punkte den Sieg im Gesamtweltcup. Bei der WM in Oberstdorf lag Kramer zur Halbzeit in Führung, als die Jury im Finale vor ihr den Anlauf verkürzte und die Salzburgerin deshalb aus den Medaillenrängen rutschte. „Was ich erlebt habe, erleben manche in zehn Jahren nicht“, sagte sie damals.

Große Zukunft

Ohne zu wissen, dass der heftigste Tiefschlag ihrer Karriere erst noch kommen sollte. Wenige Tage vor der Abreise zu Olympia nach China wurde für die Topfavoritin Corona zum Spiele-Verderber. „Es waren grausige Tage, ich war echt im Loch“, erzählt die gebürtige Niederländerin.

Dass sie sich trotz aller Turbulenzen nie unterkriegen habe lassen, sei die größte Leistung von Sara Marita Kramer, meint ÖSV-Cheftrainer Harald Rodlauer. „Sie hat viel durchgemacht und sehr viel auf sich genommen, weil sie eine ist, die Fehler immer zuerst bei sich sucht. Für eine 20-Jährige tritt sie sehr reif auf“, schwärmt der Steirer.

Mit dem Gesamtweltcupsieg hat Sara Marita Kramer einmal ein Ziel erreicht. „Ich wollte immer die beste Skispringerin der Welt sein.“ Die Pinzgauerin denkt aber nicht nur an sich, sondern in größeren Dimensionen. „Ich möchte das Frauen-Skispringen pushen. Es sollen sich noch viel mehr Leute für unseren Sport begeistern.“

Sie sei dafür die beste Botschafterin, meint Trainer Harald Rodlauer und prophezeit: „Die Sara wird das Frauenskispringen prägen.“

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