WM-Kolumne: Was bitte ist eine "Ficklampa"?

Das Schwedische bietet viele Gelegenheiten, um Irrtümern aufzusitzen - aber keine Angst: Der KURIER-Sprachguide hilft.

Man kann hier in Schweden ziemlich leicht auf schmutzige Gedanken kommen. Dafür muss einen gar nicht einmal großartig der Lagerkoller beschleichen, es reicht ein Spaziergang durch Åre. Wer sich im WM-Ort ein bisschen genauer umsieht und vor allem umhört, der stolpert zwangsläufig über Sachen, die unverzüglich das Kopfkino in Gang setzen.

Dabei hätte man ja von den Besuchen in diesem schwedischen Möbelhaus eigentlich schon vorgewarnt sein müssen. Dort wurde tatsächlich einmal ein Bettgestell verkauft, das auf den gewöhnungsbedürftigen Namen „Rekdal“ hörte, mit „Hamarvik“ gab es die passende Matratze gleich mit dazu. Im Sortiment war auch noch das Waschbecken „Gutviken“, nicht zu vergessen: die allseits beliebte Klobürste „Viren“.

Verheiratet ist Gift

Jetzt steht man dann also vor diesem Gebäude, das sich „Affärshus“ nennt, und unweigerlich kommen einem die Betten aus der Rekdal-Serie wieder in den Sinn. Dabei tritt jetzt niemand eine große private Affäre los, wenn er einen Fuß in diese Räumlichkeiten setzt. Selbst Männer, die „gift“ sind, nämlich verheiratet, können unbesorgt eintreten. Der vermeintliche Rotlicht- und Fremdgehschuppen ist nichts anderes als ein Einkaufszentrum, in dem neben vielen anderen Dingen auch „Ficklampa“ angeboten werden. Taschenlampen also.

So geht’s einem hier ständig. Das Stirnrunzeln wird in diesem Land zu einem treuen Begleiter, zumal das Schwedische ein wahres Sprachkuriositätenkabinett ist. Wer zum Beispiel die plumpe Aufforderung „Vill du fika“ bekommt, der kann ruhigen Gewissens zusagen. Wer schlägt schon eine freundliche Einladung zu einem Kaffee aus?

Dazu würde sich dann noch ein „Tigerkaka“ empfehlen. Der schmeckt keineswegs so eklig, wie er sich anhört, sondern präsentiert sich auf dem Tisch als fluffiger Marmorkuchen.

Kissa verboten

Aber das Schwedische irritiert jetzt nicht nur beim Lesen und Zuhören, man sollte selbst auch tunlichst darauf achten, was man von sich gibt. Wer seiner Angebeteten zärtlich „Jag vill kissa dig“ ins Ohr haucht, der wird nicht mehr gar so lang „gift“ sein. Tatsächlich geht dieser Kuss nach hinten los. Diese so liebevoll anmutenden Worte bedeuten nämlich nichts anderes, dass man sein Gegenüber anpinkeln will.

In den meisten Fällen freilich ist Schwedisch aber einfach nur herzig und eine Sprache, die man einfach gern haben muss. Oder ist „Glasögon“ nicht eine großartige Bezeichnung für eine Brille? Und es passt dazu, dass in Schweden auch die Comic-Helden auf andere Namen hören. Batman kennt hier kein Kind, in Schweden rettet der Typ schlicht als „Läderlappen“ die Welt.

Echter Knüller

Das Lustige ist ja, dass es den Schweden umgekehrt auch nicht anders ergeht, wenn sie in einem deutschsprachigen Land zu Besuch sind. Und erleben sie dann zufällig in einem österreichischen „Affärshus“ auch noch gerade einen Winterschlussverkauf, dann gibt’s die schmutzigen Gedanken sozusagen im Sonderangebot.

Wenn Schweden über einen Preisknüller stolpern, dann ist ihnen der Sinn nicht nach Shoppen. „Knulla“ bedeutet auf Schwedisch nämlich genau das, woran mancher Åre-Besucher im ersten Moment beim Wörtchen „ficka“ denken würde.

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