Eine Feier vor der Abfahrt nach dem Auftakt ohne Gips

Egon Zimmermann wird 80 Jahre alt. Der Abfahrts-Olympiasieger ist rüstig genug, um seinen Ehrentag vor Ort in Åre zu feiern.
Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Die Wetterprognosen sind ungünstig. Ob die Herren-Abfahrt am Samstag über die schwedische WM-Bühne gehen, geschweige denn eine ÖSV-Medaille bejubelt werden kann, ist ungewiss. Einen Goldenen aber lässt die rot-weiß-rote Skifamilie auf jeden Fall hochleben.

Egon Zimmermann wird am heutigen 8. Februar 80 Jahre alt. Der Abfahrts-Olympiasieger ist noch rüstig genug, um seinen Ehrentag als Ehrengast vor Ort in Åre zu erleben. Obwohl er vor 20 Jahren mit einer Schock-Diagnose konfrontiert worden war. Multiple Sklerose.

So wie einst als Rennläufer ließ und lässt sich Zimmermann auch als MS-Patient nicht unterkriegen. Er schwört auf Qi Gong. Auf die chinesische Atemlehre. Und so kann’s vorkommen, dass der Arlberger bei Schönwetter die Skier anschnallt, während Jüngere und G’sündere nach Luft ringen.

Was schwedische Ausdrücke betrifft, braucht Zimmermann, zumal mit einer schwedischen Adligen verheiratet gewesen, keinen Dolmetsch. Über so manch eindeutig zweideutige Interpretation wird er schmunzeln. Egon galt als der Fidelste der legendären Läufer-Generation um Karl Schranz. Nur just vor seinem größten Triumph verging dem Sonnyboy das Lachen. Februar 1964: Egons Mutter flehte ihn an, auf einen Start zu verzichten. Ihre Sorge war nachvollziehbar. Beim olympischen Abfahrtstraining auf dem Patscherkofel war der Australier Ross Milne vom schmalen Schneeband abgekommen und gegen einen Baum geprallt. Der 19-Jährige starb am Unfallort.

Weil der Winter 64 in Nordtirol extrem schneearm war, musste (graues) Weiß vom Brenner per Lastwägen zur Olympiapiste gebracht werden. Der Schnee war mit Steinen durchsetzt. Einer davon dürfte dem Australier zum Verhängnis geworden sein.

Zimmermann beruhigte die Mutter mit dem Argument, das passiere kein zweites Mal. In Wahrheit plagte auch ihn ein mulmiges Gefühl. Er drehte die Bindung bis zum Äußersten zu. „Ich dachte: Besser, wenn’s dir den Fuß abreißt, als dass es dich irgendwo in den Wald haut.“

Sturzräume, Planen und Netze gab es damals noch nicht. Aus heutiger Sicht im Weltcup undenkbar. Dennoch ist die Zahl der (wenn auch nicht lebensgefährlich verletzten) Skiopfer in diesem Winter größer denn je. Weshalb FIS-Weltcup-Direktor Markus Waldner in der Vorwoche Alarm schlug mit den Worten: „Wir haben in jedem Rennen zwei Verletzte. So darf’s nicht weitgehen.“ Ging es auch nicht.

Zumindest nach den beiden WM-Super-Gs blieben die Chirurgen konträr zum dramatischen Trend arbeitslos.

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