Vier ÖSV-Läufer hatten einen Gletscher für sich allein
16 Tage sind inzwischen vergangen, seit Marcel Hirscher seinen Rücktritt erklärt hat. Aber das Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn“ scheint beim achtfachen Gesamtweltcupsieger nicht zu gelten. Die Lichtgestalt wirft immer noch einen langen Schatten, dem sich seine ehemaligen Teamkollegen nur schwer entziehen können. Wie denn auch, wenn sie praktisch immer und überall mit Marcel Hirscher konfrontiert und zu ihm befragt werden?
Das wird wahrscheinlich noch eine Zeit lang so weitergehen. Vor allem dann, wenn die Erfolge ausbleiben sollten. Andererseits wäre es höchst unfair, von den Fellers, Matts und Schwarz’ jetzt ähnliche Wunderdinge zu verlangen. „Ich kann nicht am Start sagen: ,Ich muss jetzt gewinnen, weil einige Millionen Österreicher das wollen‘“, sagt Manuel Feller. „Das wird so nicht funktionieren. Aber natürlich wollen wir, dass Österreich die Skination Nummer eins bleibt.“
Sondertraining
Und um diese Vormachtstellung zu behaupten (Österreichs Herren gewannen seit 1990 durchgehend den Nationencup), überlässt man beim Skiverband nichts dem Zufall und unternimmt die größten Kraftanstrengungen. So wurde für vier ÖSV-Läufer sogar eigens der Pitztaler Gletscher präpariert. Das Techniker-Quartett Marco Schwarz, Manuel Feller, Michael Matt und Christian Hirschbühl hatte in dieser Woche das ganze Skigebiet für sich alleine. „Es ist toll, dass solche Sachen möglich sind und wir hier trainieren durften. Da können wir uns einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz rausholen“, erklärte Michael Matt.
Als amtierender Vizeweltmeister im Slalom ist der Flirscher so etwas wie der legitime Nachfolger von Marcel Hirscher, der im Februar in Åre die Goldmedaille gewonnen hatte. Michael Matt verspürt nach dem Rücktritt des Seriensiegers keinen zusätzlichen Druck, vielmehr sieht er jetzt die Gelegenheit gekommen, sich mehr in Szene setzen zu können. „Hirscher hat uns sicher auch viel abgenommen. Aber auf der anderen Seite ist es auch eine Chance, dass wir jetzt mehr im Rampenlicht stehen. Natürlich muss man damit auch umgehen können.“
Papafreuden
Einer, dessen Name gerne genannt wird, wenn es um den nächsten österreichischen Gesamtweltcupsieger geht, ist Marco Schwarz: Der 24-jährige Allrounder hat im vergangenen Winter mit drei WM-Medaillen aufgezeigt, ehe sein steiler Aufstieg durch einen Kreuzbandriss gebremst wurde. „Ich fühle mich geehrt, dass mir die Leute das zutrauen, aber für mich ist das heuer nur ein Übergangswinter“, sagt Schwarz, der noch nicht einmal weiß, ob er beim Weltcupauftakt in Sölden (27. Oktober) an den Start gehen wird. Auf dem Pitztaler Gletscher wagte er sich das erste Mal auf einen Riesentorlauf-Kurs.
Auch das Antreten von Manuel Feller beim Auftaktrennen am Rettenbachferner ist noch ungewiss. Nach dem Abgang von Marcel Hirscher ist der Tiroler im Riesentorlauf der einzige Österreicher in der ersten Startgruppe (15.). Feller könnte das Heimrennen aber aus einem erfreulichen Anlass verpassen: Der Geburtstermin seines ersten Kindes ist Anfang November. „In Sölden kann ich noch öfter fahren, aber im Kreißsaal stehe ich nur einmal.“
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