Nach dem Horror-Sturz: Wie Rodel-Ass Müller zu WM-Gold raste

Luge - FIL World Championships
Vor drei Wochen überstand der Vorarlberger einen Horrorsturz und zerstörte seine Rodel. In Oberhof raste er nun zu WM-Gold.

Es gibt da dieses Video von Jonas Müller im Internet, das jeden unweigerlich erschaudern lässt. Man kann da den Vorarlberger dabei beobachten, wie er auf und mit seiner Rodel herumgewirbelt wird, als wäre er nicht in einem Eiskanal, sondern in einem Eisshaker. Links, rechts, Bande, oben, unten, irgendwann wird sogar der Schlitten aus der Bahn katapultiert.

Es grenzt an ein Wunder, dass dieser wilde Crash vor drei Wochen in Sigulda (Lettland) keine Verletzten gefordert hat. Die Zuschauer standen gottlob auf der anderen Seite des Eiskanals.

Und Jonas Müller schmerzten weniger die Glieder und Muskeln als der Zustand seines Sportgeräts. Seine Rodel war nach dem Unfall nicht mehr als Schlitten erkennbar und reif für den Sperrmüll. „Ein Totalschaden“, sagt der 25-Jährige.

Rodeln Weltmeisterschaft Oberhof

Für einen Skifahrer oder Skispringer wäre das kein großes Malheur. Er schnappt sich einfach die nächsten Latten und lässt sie rennfertig präparieren. Nimmt man hingegen einem Kunstbahnrodler seinen Schlitten weg, dann verliert er in gewisser Weise auch ein Stück weit seine Identität und individuelle Note.

Maßanfertigung

Die Schale, in denen ein Rodler liegt, ist maßgefertigt. Nahezu jedes wichtige Teil am Schlitten wird individuell für den Sportler gebaut und angepasst, um im Kampf um Tausendstelsekunden konkurrenzfähig zu sein. Würde sich Jonas Müller zum Beispiel auf den Schlitten seines Mannschaftskollegen Wolfgang Kindl legen, käme er nie richtig in Fahrt.

Umso erstaunlicher und bewundernswerter war daher der glänzende Auftritt von Jonas Müller am Sonntag in Oberhof. Drei Wochen nach dem Sturz und der Verlust seines vertrauten Schlittens raste der 25-Jährige zu WM-Gold im Einsitzer.

Im Eiltempo haben Jonas Müller und Österreichs Betreuer in der verbliebenen Zeit bis zur WM einen rennfertigen Schlitten gezimmert, auf dem der Vorarlberger nun den größten Erfolg seiner Karriere einfuhr.

„Im Hintergrund haben so viele mitgeholfen. Deshalb hat es perfekt gepasst“, sagte der 25-Jährige. „Es macht brutal viel Spaß, vor so vielen Leuten zu rodeln.“

Das Rodeln machte dem Vorarlberger nicht immer so viel Freude. Jonas Müller hat ein schwieriges Jahr 2022 hinter sich, zu den Winterspielen in Peking wurde er nicht mitgenommen, irgendwie hatte er die Erfolgsspur verloren, nachdem er 2019 mit 22 Weltmeister im Sprint geworden war.

Rodeln Weltmeisterschaft Oberhof

Andererseits ist es Jonas Müller schon gewohnt, mit Widerständen und Problemen Schlitten zu fahren. Als Vorarlberger hatte er in jungen Jahren einen Standortnachteil gegenüber den Rodlern aus Tirol, die direkt vor der Haustür einen Eiskanal in Igls haben. Deshalb brach er nach seiner Malerlehre im Ländle auch die Zelte ab. „Die Übersiedlung nach Tirol war wichtig für mich“, erklärt Müller. „Da habe ich dann einen riesigen Sprung nach vorne gemacht.“

In Oberhof führte Jonas Müller eine starke österreichische Abordnung an. David Gleirscher rodelte im Einsitzer zu Bronze, im Team gab es Silber. Insgesamt holte das Team acht Medaillen.

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