Pisten, Biere, Attraktionen: Die große KURIER-Bilanz zur Ski-WM in Saalbach

Die alpine Ski-WM in Saalbach-Hinterglemm ist Geschichte. 14 Tage lang feierten insgesamt 175.000 Fans mit Athleten und Athletinnen aus mehr als 70 Nationen ein Ski-Fest – meistens im Sonnenschein.
Sieben Medaillen hat das ÖSV-Team geholt, zwei davon in Gold – mehr als die meisten ihm in der aktuellen Saison zugetraut hätten.
Der KURIER zieht Bilanz über die Tops und Flops dieser Heim-WM.
Atmosphäre +
Ein „Wintermärchen“, nannte ÖSV-Präsidentin Roswitha Stadlober die WM und das ist keineswegs eine Übertreibung. Viel Sonne, viele österreichische Medaillen und glänzend aufgelegte und faire Fans waren die perfekten Zutaten für ein zweiwöchiges Skifest im Glemmtal. ÖSV-Geschäftsführer Christian Scherer erteilte der Politik den Rat, sich Anleihe bei der Ski-Familie zu nehmen. „Das könnte ein Signal sein, dass man viel mehr zusammenarbeiten sollte. Dann kann man auch die Bevölkerung begeistern.“
Team-Kombi +
Der neue Bewerb hat den ersten Bewährungstest bestanden und ist eine Bereicherung. Wie oft kann man schon die Stars aus Abfahrt und Slalom an einem Tag bewundern? Die klassische Kombination ist damit endgültig Schnee von gestern.
Sportliche Fans +
An den Wochenenden säumten Tausende Skifans den Streckenrand und standen den Stars Spalier. Aus Fieberbrunn, Leogang und Zell am See kamen die Besucher mit den eigenen Brettl’n zur WM und sorgten für eine einzigartige Kulisse entlang der Piste. Viele verbanden das WM-Spektakel mit Wintersport. „Das sind wunderbare Bilder, die zeigen, welche Faszination der Skisport hat“, meint Stadlober. Beim heutigen Slalom wird sogar Rekordbesuch erwartet.

Stephanie Venier: Glänzender Auftakt
Stephanie Venier +
Ihr Gold im Super-G war eine Initialzündung für das österreichische Ski-Team. Die Headline Venier, vidi, vici hatten viele Journalisten schon lange auf Knopfdruck bereit, aber erst mit 31 schlug der Tirolerin nun die große Stunde. Dank Bronze in der Team-Kombi an der Seite von Katharina Truppe hat Stephanie Venier (inklusive Silver 2017) nun einen kompletten WM-Medaillensatz.
Raphael Haaser +
Mit Gold im Riesentorlauf und Silber im Super-G erlangte der 27-jährige Tiroler bei dieser WM Heldenstatus. Stargehabe und Gefühlsausbrüche sind dem wortkargen Mann vom Achensee fremd, Haaser ist eher der Typ stiller Genießer. Sollte der Tiroler tatsächlich zum Seriensieger avancieren, dann können einem die Sportreporter fast ein bisschen leid tun.
ÖSV-Nervenstärke +
Der sportlichen Führung des ÖSV hätten sich im Laufe dieses Winters viele Gelegenheiten geboten, in Panik zu verfallen und sich dem Aktionismus hinzugeben. Allen Tiefschlägen und Misserfolgen zum Trotz behielten die Trainer die Ruhe und bereiteten das Team penibel auf den Saisonhöhepunkt vor – das wurde mit einem Medaillenregen belohnt, der so vor der WM nicht zu erwarten war.
Perfekte Organisation +
Wenn die Österreicher etwas können, dann ist es Skifeste feiern und diese perfekt zu orchestrieren. Von der reibungslosen An- und Abreise der Fans über den noblen VIP-Champions Club (Kostenpunkt 5 Mio. Euro) und das Home of Snow, in dem zwei Wochen die Gastfreundschaft hochgehalten wurde, bis hin zum Medienzentrum – bei dieser WM lief alles wie am Schnürchen. „Wir haben eine Benchmark gesetzt“, sagt Präsidentin Roswitha Stadlober.

Loic Meillard feierte ebenso wie etliche Schweizer Kollegen und Kolleginnen
Feiernde Schweizer +
Das Schweizer Team hat gezeigt, dass man unter dem Erfolgsdruck nicht zerbrechen muss, 12 Medaillen machen deutlich, dass die Schweiz aktuell die Skination #1 ist. Die gemeinsamen Stunden im Nachtleben des Glemmtals, teils mit illustren Frisuren, machten deutlich, dass diese Truppe ein echtes Team ist und seine Stärke offenbar auch draus zieht.
Minus
Leere Tribünenplätze -
Die Ansage war mutig, vielleicht auch ein wenig blauäugig: Saalbach-Hinterglemm sollte die erste WM werden, bei der alle Bewerbe ausverkauft sind. Dieser ambitionierte Plan ließ sich nicht in die Tat umsetzen. An vielen Tagen gab es teils große leere Flächen auf den Tribünen.
ÖSV-Medaillengewinner -
Es ist nicht alles Gold, was glänzt im ÖSV-Team. Mit Ausnahme von Haaser (27), Liensberger (27) und Truppe (29) sind die Medaillengewinner über 30 Jahre alt. Bei dieser WM konnte das Generationsproblem noch einmal kaschiert werden, aber die Frage muss erlaubt sein: Wo sind im ÖSV-Team die Jahrgänge 2000 und jünger?

Lindsey Vonn: Drama statt Topplatzierung
Lindsey Vonn -
Sportlich spielte die US-Amerikanerin keine Rolle, die einzigen Schlagzeilen schrieb die 40-Jährige vor der Team-Kombi mit ihrem Zwist mit Mikaela Shiffrin, den sie via Social Media austrug.
Nachtleben -
Es gab Abende, an denen kaum jemand auf die Idee gekommen wäre, dass Hinterglemm gerade das Epizentrum des Skisports und Schauplatz einer WM ist. Die Barbetreiber und Restaurantbesitzer werden in den letzten zwei Wochen keine Umsatzrekorde verbucht haben.
Eröffnungsfeier -
Das Beste an der uninspirierten Eröffnungszeremonie war der Kurzauftritt der Österreicher im Teambewerb.
Marco Odermatt -
Sie werden sich vielleicht wundern, wie ein Weltmeister in dieser Rubrik auftauchen kann. Vor dieser WM war nur darüber geredet worden, ob der Schweizer drei, wenn nicht gar vier Goldmedaillen holen würde. Insofern ist die Ausbeute mit Super-G-Gold bescheiden. Sein junger Kollege Franjo von Allmen stahl Odermatt die Show.
Wackelkontakt -
Gefühlte – wenn nicht sogar gezählte – 70 Mal am Tag muss man sich anhören, mit welchem Möbelstück „Künstler“ Oimara vergleicht. Schon der erste Ton erzeugt Gänsehaut, die nur beim Apres-Ski-Fan gut ankommt. Nicht jeder steht auf Ohrwürmer. Nach der WM hat dieses Lied erst einmal Pause.
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