Tribüne, Piste, Fanmeile: Wie Ski-Fans die WM in Saalbach erleben

Zusammenfassung
- WM-Fans in Saalbach reisen vielfältig an und genießen eine friedliche, fröhliche Atmosphäre auf Tribünen und Pisten.
- Die Fanmeile bietet ein buntes Treiben mit kreativen Outfits, musikalischen Einlagen und prominenten Persönlichkeiten wie ORF-Reporter Rainer Pariasek.
- Wintersportbegeisterte feiern gemeinsam die sportlichen Leistungen und das freundliche Miteinander, unabhängig von ihrer Herkunft.
Samstag, 10:00, Bahnhof Maishofen:
Der WM-Shuttle füllt sich schnell, eineinhalb Stunden vor dem Rennen. Wenn er weg ist, fährt nur wenige Augenblicke danach der nächste. Seit 6 Uhr Früh sind die Busfahrer und Busfahrerinnen im Einsatz. Strahlender Sonnenschein, 4 Grad Celsius. Der Fahrer ist entspannt, die Fragen immer dieselben: „Fährst du zur WM Strecke…? Wo muss ich aussteigen?“ Auch Sportminister Werner Kogler ist an diesem Tag mit dem Shuttle unterwegs.
„Es kommt mir kaum wie Arbeit vor“, sagt Busfahrer Stefan. Auch wenn er täglich in aller Früh im Einsatz ist und kaum zu etwas anderem kommt als Bus zu fahren. Stefan kommt aus dem Waldviertel und ist zum Aushelfen für eine Woche nach Saalbach gekommen.
Fachsimpeln
Auch um 10 Uhr morgens hat so mancher Fahrgast schon eine Bierflasche mit, Flaggen und Blumenkränze in den Landesfarben ebenfalls. Die Stimmung ist entspannt. Im Bus wird gefachsimpelt. Wer war noch einmal die letzte Abfahrtsweltmeisterin? Welche Chance haben die Schweizerinnen, wie sieht es mit dem ÖSV-Team aus? Wer könnte am Sonntag einen Schweizer Abfahrtssieg der Männer verhindern?
(Niemand, das weiß man aber erst nachträglich. Nur Vincent Kriechmayr kam den Schweizern auf dem Podium in die Quere...)
Ignaz, Simon und Angela kamen aus Diepoldsau mit dem Zug nach Saalbach-Hinterglemm, sie buchten für eine Nacht ein Quartier in Zell am See und bleiben für die beiden Abfahrten. Für die Nacht zahlen sie 100 € pro Person. Die drei Schweizer haben sich spontan auf der Weihnachtsfeier entschieden im Februar zum Speedwochenende nach Saalbach zu kommen. Weil sie für die Tribune nur noch Tickets um 155 € bekommen hätten, schauen sie von der Piste aus zu. „Gold kann man nie voraussagen“, sinniert Angela, „aber sich einen Podiumsplatz zu wünschen, ist wirklich nicht vermessen als Schweizer. Bei all den Doppelsiegen und der Breite im Schweizer Speed-Team.“
(Angela sollte Recht behalten...)

Verena und Urs sind aus der Schweiz nach Saalbach gekommen. Sie hatten Tickets für "Sektor Rot" um 40 Euro erstanden und wurden mit zwei Schweizer Podiumsplätzen belohnt
Ohne Ticket im Schnee
Sonntag, 10:00, Zielbereich:
Während sich die Ticketbesitzer langsam auf ihre Plätze machen, schnallen sich David und Martin die Tourenski an. Die beiden Salzburger gehen eine Skitour entlang der Abfahrt und werden dort in guter Gesellschaft sein.

David und Martin gingen den Berg hinauf, um einen Platz zu finden. Ob sie die rund 900 Höhenmeter gegangen sind oder nur kürzer, ist nicht überliefert
Mehrere Tausend Wintersportler und Wintersportlerinnen spielten bei den Abfahrten am Samstag und Sonntag Zaungäste. Manche zu Fuß, manche bergauf mit Tourenski, manche bergab von der Bergstation der 12-er-Kogel-Bahn.
Dort oben, auf knapp 2.000 Metern Seehöhe ist es an diesem Wochenende angenehm warm. Es staut sich beim Ausstieg. Abfahrer geben rund eine Stunde vor dem Start Autogramme auf Ski und Helme.

Stefan Babinsky bei der Bergstation, auf dem Weg zum Starthaus
Stefan Babinsky steht bereitwillig mit einem Lächeln für Selfies zur Verfügung. Später wird er sagen: „Wenn man hier runterfährt, hat man das Gefühl, der ganze Berg bebt.“
Die Pistenrutscherinnen Lena und Michelle geben inzwischen Tipps, wo man am besten auf die Strecke sieht und nennen die Mittelstation, wo sich später Hunderte einfinden. Geheimtipp sollte es keiner bleiben.

Lena und Michelle hatten sich als Volunteers gemeldet und sind fürs Pistenrutschen eingeteilt
Auch Patrick und sein Vater Josef sind aus Leogang mit der Skischaukel zum Start gekommen. Ein paar Abfahrten reichen, um das beste Plätzchen am Zaun zu finden. Einen „Vater-Sohn-Tag machen wir heute“, sagt Josef. „Abfahrt schauen und ein bisschen selbst skifahren.“

Patrick und Josef nutzten ihre Liftkarte, um von Leogang nach Saalbach zu "schaukeln". Nach ein paar Abfahrten fanden sie einen Platz am Zaun
So auch Willi uns seine Familie und Freunde aus Oberösterreich, die nur für den Sonntag ein Liftticket gekauft haben. Die Gruppe hat sich oberhalb der Mittelstation im Firn einen guten Platz in der ersten Reihe gesichert.
Die Kinder haben am Start noch mit ihrem Idol und Landsmann Vincent Kriechmayr gequatscht. „Er war sooo sympathisch“, sagt Theresa. Am Ende freuten sie sich mit ihm über Silber.

Willi, David, Mattia, Sophia, Theresa, Noah und Manuel feuerten ihren oberösterreichischen Landsmann Vincent Kriechmayr an
Von der Nachtschicht
Ortswechsel in das Epizentrum der Skileidenschaft. Hinterglemm hat die Aufsperrstunde nach vorne verlegt, am Tag der Männer-Abfahrt erwacht der WM-Ort deutlich früher als in der ersten WM-Woche, als die Szenerie noch verschlafen wirkte. Ab 7 Uhr ziehen die ersten Gruppen durch die Fanmeile, einige scheinen direkt von der Nachtschicht zu kommen.

Skifans sind ein illustres Völkchen. Wer noch nie bei einem Skirennen war, wird staunen über die Outfits und den Einfallsreichtum der alpinen Anhängerschaft. Ein Slalomlauf durch die farbenfrohe Fanmeile kann mitunter unterhaltsamer sein als eine Weltcup-Abfahrt.
Hier trifft man verwegene Schuhplattler mit nacktem Oberkörper und dröhnende Guggenmusikkappellen, die mit ihren Blechinstrumenten bei keinem Rennen fehlen dürfen. Nicht zu vergessen: Die riesige lautstarke Abordnung aus Kleinlobming (616 Einwohner). Gefühlt der halbe Ort ist angereist, um WM-Debütant Stefan Eichberger anzufeuern.

Attraktion ORF
Die Hauptattraktion auf der Fanmeile ist aber ... Rainer Pariasek. Bei seinem Liveeinstieg ist der bekannte ORF-Mann sofort umringt von Fans. Schweizer, Österreicher und Deutsche lassen ihn gemeinsam mit Jubelgesängen hochleben.
Das Skifest wird Seite an Seite gefeiert, das Miteinander steht über allem. Hier wird niemand schief angeschaut, weil er eine Schweizer Kuhglocke bimmelt. Hier muss keiner Angst haben, wenn er Flagge bekennt.
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