Wenn Julia Dujmovits am Dienstag (3.40 Uhr MEZ) in Genting an den Start geht, wird sie das relaxed tun. Nicht, weil sie schon eine Olympia-Goldene hat, sondern weil sie weiß, dass es Wichtigeres im Leben gibt. Die Burgenländerin hat sich einst versprochen, nur das zu machen, was sie begeistert. Dabei hilft es, dass sie leicht zu begeistern ist. So ist sie nicht nur zum Snowboarden gekommen, sondern auch zum Yoga-Unterrichten und zu ihrem eigenen Start-up.
Wenn sie nicht gerade bei Olympischen Spielen teilnimmt, ist Julia Dujmovits gern im Warmen, am liebsten auf Maui, beim Surfen, Kiten und Stand-up-Paddeln – oder einfach beim Atmen. Auch wenn das für manche seltsam klingt: „Es ist wichtig, dass man mehr realisiert, wie viel Kraft in der Atmung liegt“, sagt sie.
Wie es nach den Spielen weitergeht, weiß die 34-Jährige noch nicht. Klar ist nur, dass sie ihr geschwollenes linkes Knie noch in den Griff bekommen muss.
KURIER:Frau Dujmovits, Sie wollten das Snowboard schon einmal an den Nagel hängen. Was hat Sie dazu gebracht, doch noch einmal zurückzukommen?
Julia Dujmovits: In dem Moment, als ich aufgehört hab’ (2018, Anm.), hat sich das richtig angefühlt. Ich habe es keine Sekunde lang bereut, nicht zurückgeschaut, Snowboarden nie vermisst. Ich wurde am Knie operiert und habe meinem Körper einfach Zeit gegeben zu heilen.
Ohne den Hintergedanken, zurückzukommen?
Ja. Das war ein Geschenk an mich selber. Aus dem Leistungssport kannte ich das nicht. Dort heißt es immer nur: „Wann bist du wieder zurück auf deinem Level?“ Das war das erste Mal in meinem Leben, dass es egal war, wie lang das dauert.
Hatten Sie Pläne nach Ihrem (ersten) Rücktritt?
Nein. Das Einzige, das ich mir in Korea versprochen habe, war, dass ich jedes Mal, wenn ich Angst krieg, einen Schritt vorwärtsmache und nicht zurück. Ich wollte nur meinem Herzen folgen und schauen, wo es mich hinbringt. Irgendwann wusste ich, dass ich das mit dem Snowboarden noch einmal mache. Mein Kopf blockierte noch, aber in Wahrheit war da alles schon so vor mir, ich konnte nicht anders. Aber es hat schon Mut gebraucht, denn ich war noch nie so weit weg vom Leistungssport wie in dem Moment.
Was war es, das Sie zurückgezogen hat? Die Wettkämpfe, die Reisen, Olympia?
Definitiv das Ziel mit den Olympischen Spielen. Schon als Kind waren die Olympischen Spiele mein größter Traum. Meine erste Erinnerung daran sind die Spiele in Nagano mit Hermann Maier.
Warum ist Olympia so cool?
Ich liebe das, ein Ziel zu haben, wo man an einem Punkt performen muss. Und dass man diesen „Weg“ zu Olympia gehen kann. Dieser Weg verändert mich jedes Mal und stellt mich immer vor Herausforderungen. Wenn man den Weg sieht, sieht man viele Dinge anders. Auch Misserfolge.
Würden Sie sagen, der Weltcup ist zweitrangig, das große Ziel ist Olympia?
In dieser Saison sicher.
Welches Ergebnis erwarten Sie sich?
In erster Linie ist das Ziel, teilzunehmen. Natürlich habe ich immer das Ziel, ganz vorne mitzufahren. Ich will einfach so gut vorbereitet starten, dass ich es genießen kann. Das Gefühl hab ich schon einmal in Sotschi gehabt. Das waren unglaublich coole Spiele für mich.
Was machen Sie bei Olympia nach den eigenen Rennen?
In China werden wir wohl gar nicht viel machen. Da mach’ ich mir gar keine Vorstellungen. Wir müssen alle dankbar sein, dass wir Rennen fahren können.
Was bedeutet Olympia für Sie?
Olympia ist für mich ein Ziel, das ich seit zwei Jahren hab. Worauf ich mich vorbereitet hab und auf das ich mich freue – und wo ich im besten Fall auch „liefern“ kann. Ich mache keinen Unterschied zwischen Sotschi (Gold) und Pyeongchang (12. Platz). Der Weg hat mich beide Male verändert, hat mir gleich viel gegeben. Beim einen hab ich eine Medaille gekriegt, beim anderen nicht. Diese Medaille ist jetzt in einem Museum, also die hab’ ich jetzt eh gar nicht. Auch der Weg nach Peking hat mich jetzt schon stark verändert. Deshalb bin ich megadankbar.
Werden das Ihre letzten Olympischen Spiele sein?
Olympische Spiele schon.
Hat der 12. Platz in Korea dazu beigetragen, dass Sie zurückgetreten sind?
Nein, es war nicht das Ergebnis. Ich hab’ gemerkt, dass ich in vielen Bereichen am Limit war. Der Moment, als ich meine Entscheidung getroffen habe, gibt mir mehr als Olympia-Gold. Da hab ich gespürt, wer ich bin in meinem tiefsten Inneren. Ich sehe das als Stärke – zu unterscheiden, was begeistert mich, was nicht? Der Moment zu sagen „That’s it“, das war mein Olympia-Gold!
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