Glücksgefühle
Neben Grimassen jeglicher Art beherrscht Jan Hörl noch einen anderen Gesichtsausdruck. Der Pongauer kann auch das Siegerlächeln. Selten einmal hat ein Gewinner seinen Erfolg am Bergisel so ausgelassen bejubelt wie der aufgeweckte Mann aus Bischofshofen, der nach seinem Triumph im Überschwang der Glücksgefühle bäuchlings den Schanzenauslauf runterrutschte. Auch beim Aprés Skispringen verdiente sich Jan Hörl in Innsbruck hohe Haltungsnoten.
Dieser Gefühlsausbruch passt auch irgendwie zu ihm und seinem Image. Österreichs Chefcoach Andreas Widhölzl nennt Jan Hörl nicht von ungefähr einen „Lauser“ und das ist vor allem liebevoll gemeint.
Widhölzl war seinerzeit als Springer selbst kein Kind von Traurigkeit und er findet sich in Hörl durchaus wieder. „Er hat einen extrem guten Schmäh und sorgt immer für Stimmung im Team“, berichtet der österreichische Springer-Chef. „Und ist auch keiner, der jetzt nur daheim herumsitzt.“
Verkrampfung
Mit 25 Jahren scheint Jan Hörl nun endgültig der Sprung an die Weltspitze gelungen zu sein, nachdem er schon seit einigen Jahren hoch gehandelt worden war. Der erste, und bis Mittwoch einzige, Weltcupsieg 2021 war kein Turbo für die Karriere gewesen. Jan Hörl gehörte zwar dem ÖSV-Quartett an, das bei den Winterspielen in Peking Gold im Teambewerb gewann, die persönlichen Erfolge wollten sich aber nicht einstellen.
„Aus den letzten Saisonen bin ich enttäuscht herausgegangen“, erzählt der Salzburger. „Ich habe mir nach dem ersten Weltcupsieg gedacht, dass es danach so ähnlich weiter gehen würde.“
Doch die eigenen Leistungen konnten mit den gestiegenen Ansprüchen nicht Schritt halten, weshalb Hörl mehr und mehr seine Unbekümmertheit verlor. Und bekanntermaßen fliegt nichts schlechter als ein verkrampfter Skispringer. „Ich habe gewusst, dass ich in der Lage bin zu gewinnen, aber mir hat einfach die Geduld gefehlt. Ich wollte es mit aller Gewalt erzwingen.“
Reifeprozess
In dieser Saison erlebt Jan Hörl die Leichtigkeit des Seins. Vier Mal landete der Österreicher seit November auf dem Podest und damit häufiger als in all den Jahren zuvor im Weltcup. „Er ist reifer geworden“, versichert Cheftrainer Andreas Widhölzl. „Ich habe meine Sachen beisammen und bleibe bei meinem Konzept“, ergänzt Hörl.
Der Bischofshofner kommt nun als Gesamt-Dritter und bester Österreicher zum Tourneefinale auf seiner Hausschanze. Mit 23,4 Zählern ist der Rückstand auf den japanischen Leader Ryoyu Kobayashi allerdings schon enorm. „Grundsätzlich bin ich schon sehr weit weg. Ich glaube nicht, dass das noch aufzuholen ist.“
Sollte das Wunder aber tatsächlich gelingen, werden dann die Konkurrenten Grimassen ziehen.
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