Schlierenzauer: "Mir war nicht bewusst, wie gut ich eigentlich war"

Schlierenzauer: "Mir war nicht bewusst, wie gut ich eigentlich war"
Der frühere Skisprung-Star Gregor Schlierenzauer über Stefan Kraft, die Vierschanzentournee, seine Karriere und Gedanken an ein Comeback.

Gregor Schlierenzauer startet in einer neuen Rolle ins neue Jahr. Beim zweiten Tourneespringen in Garmisch übernimmt der erfolgreichste Skispringer der Weltcuphistorie (53 Siege) im ORF die Rolle des Analytikers.

Der KURIER traf sich mit dem 33-Jährigen und sprach über ...

... den perfekten Saisonstart von Stefan Kraft

„Bei ihm passiert im Moment relativ wenig im Kopf. Kraft ist sehr klar und sehr frei und hat ein gutes Selbstvertrauen. Vom Typ her ist er ganz anders als ich. Ich war systematischer und analytischer. Ich glaube, dass ihm gar nicht bewusst ist, warum er so gut ist. In Wahrheit kann sich Kraft nur selbst schlagen.“

... die Anstrengungen bei der Tournee

„Wenn du in Topform bist, dann ist es relativ easy. Grundsätzlich ist es aber schon anstrengend. Du hast Zeitstress, du stehst im Fokus und unter Druck. Ich persönlich habe es zu meiner Zeit immer als sehr intensiv empfunden.“

Schlierenzauer: "Mir war nicht bewusst, wie gut ich eigentlich war"

... Gedanken ans Skispringen

„Ich träume nach wie vor vom Skispringen. Aber ich würde mich heute nicht mehr trauen. Klar würde ich es überleben und runterkommen. Wenn du den Mut hast, oben auf dem Balken loszulassen, dann würde sich schon ein Programm im Kopf abspielen. Je länger ich weg bin, desto mehr wundere ich mich über den riesigen Aufwand, den wir damals betrieben haben.“

... Comebackgedanken

„Das Reglement wäre jetzt deutlich besser für mich als noch vor drei Jahren. Aber ich bin nicht der Typ, der sagt, ich fange an, damit ich wieder dabei bin. Wenn, würde ich es noch einmal richtig wissen wollen. Aber ob ich mir diesen Druck wirklich noch einmal geben würde, glaube ich nicht. Stand jetzt nein.“

... seine Erinnerungen

„Mir kommt es ewig vor, dass ich aktiv war. Wenn ich die Bilder von der Tournee sehe oder von meinem Weltrekordflug, dann kriege ich heute noch Gänsehaut. Diese Erlebnisse waren prägend und sehr einschneidend und die Erinnerungen kommen auch immer wieder hoch.“

... seine Karriere

„Mir war damals nicht bewusst, wie gut ich war. Als Sportler denkst du ja nicht daran und du bewertest dich auch nicht am Gesamten, sondern du jagst einem Ziel hinterher. Ich habe erst viel später realisiert, was ich eigentlich erreicht habe. Dazu brauchst du ein gewisses Alter und auch einen gewissen Abstand.“

... seine Beliebtheitswerte

„Die Leute, die Rekorde brechen, sind alle aus dem ähnlichen Holz geschnitzt. Du musst dich abschirmen und dein Programm durchziehen. Mir ist klar, dass das nach außen vielleicht egoistisch und überheblich rüberkommt. Mich hat es schon gestört, dass ich teilweise so wahrgenommen worden bin. Weil nur die wenigsten wissen, wie ich wirklich ticke. Das ist die Kehrseite der Medaille.“

Schlierenzauer: "Mir war nicht bewusst, wie gut ich eigentlich war"

... seine 53 Weltcupsiege

„Das ist eine schöne Zahl, aber man kann die Zeiten auch nicht miteinander vergleichen. Ich glaube, dass es möglich ist, meinen Rekord zu knacken. Ich wäre der Erste, der dann gratuliert.“

... Trainer-Ambitionen

„Ich helfe seit einiger Zeit dem jungen Tiroler Stephan Embacher. Aber nicht als Trainer, ich greife da auch nicht ins Coaching ein, sondern wir tauschen uns regelmäßig aus. Mir taugt es, wenn ein junger Athlet brennt und glänzende Augen hat und ich ihn unterstützen kann. Für mehr müsste ich mir Gedanken machen. Aber ich bin auch noch nie gefragt worden. Für den Trainerjob wäre ich zu ungeduldig.“

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