Zur Ehrenrettung der 29-Jährigen: Haaser war in ihrer Weltcupkarriere zuvor noch nie auf einem Podium. Und sie ist nicht unbedingt für große Gefühlsausbrüche und emotionale Gesten bekannt. In den Stunden nach dem dritten Platz in der Kombination war bei der Läuferin vom Achensee die Verwunderung auch größer als der Jubel. „Ich checke es nicht, was gerade passiert ist“, gestand Ricarda Haaser.
Selbstzweifel
Dabei hatte sie selbst sich sehr wohl auf der Medaillenrechnung. Nur wollte sie partout niemanden in ihre Ambitionen einweihen. „Der Gedanke war immer da, dass ich eine Medaille holen kann“, erzählte die 29-Jährige. „Nur wollte ich das bei der Pressekonferenz nicht sagen, denn dann hätte es nur wieder geheißen: ‚Lass’ sie nur reden. Was will die überhaupt? Die hat eh noch nichts zusammengebracht.‘“
Das begleitet Ricarda Haaser schon die gesamte Laufbahn. Schon vor Jahren war die Allrounderin aus Tirol von den Trainern als Siegläuferin gehandelt worden, praktisch vor jedem Winter wurde ihr der Durchbruch prophezeit. „Aber nur bis zum ersten Rennen. Dann habe ich runtergeleert, und das Gerede war wieder vorbei“, weiß Haaser.
Mit jedem Jahr, in dem die Europacup-Gesamtsiegerin von 2014/’15 den hohen Erwartungen und Erfolgen im Weltcup hinterherfuhr, wuchsen bei ihr die Selbstzweifel. Hartnäckige Rückenprobleme machten es Haaser nicht leichter, irgendwann war die Tirolerin an dem Punkt, an dem sie sich ernsthaft die Sinnfrage stellte. „Will ich das noch? Zahlt sich das aus? Und komme ich jemals auf ein Podium?“
Sie sei oft zu verbissen gewesen, gestand Ricarda Haaser am Montag. „Ich war immer der Typ, der oft etwas zu ernst genommen hat.“ Damit stand sich die Allrounderin selbst im Weg. „Mir hat die Lockerheit gefehlt. Ich habe nicht gewusst, was ich tun kann, damit ich die Leistungen vom Training auch einmal im Rennen zeige.“
Mit 29 hatte Haaser nun endlich das Aha-Erlebnis, das sie so herbeigesehnt hatte. Dass sie bei ihrem dritten Platz hinter Federica Brignone (ITA) und Wendy Holdener (SUI) auch vom Ausfall von Superstar Mikaela Shiffrin profitierte – geschenkt.
„Ich habe immer daran geglaubt, dass auch ich es schaffen kann. Sonst würde ich heute nicht hier stehen.“
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