ÖSV-Chefcoach: "Ohne Skihalle werden wir ein Riesenproblem kriegen"

ÖSV-Chefcoach: "Ohne Skihalle werden wir ein Riesenproblem kriegen"
Wegen der Klimakrise sucht der Skiverband nach alternativen Trainingsmethoden. In Chile soll ein fixer Stützpunkt für das Schneetraining im Sommer installiert werden.

Hätte Matthias Mayer einen Wunsch frei, er würde sich wohl dafür entscheiden, dass ihm ein kalter Wind entgegen bläst und dunkle Wolken über dem österreichischen Skiteam aufziehen. „Früher sind wir um diese Zeit am Mölltaler Gletscher gefahren“, erzählt der dreifache Olympiasieger. „Heute ist das undenkbar.“

Heute absolviert Matthias Mayer Mitte September mit seinen ÖSV-Abfahrerkollegen beim Stanglwirt in Going ein Boxtraining, die Sonne brennt unerbittlich herunter, kein Wölkchen trübt den Blick auf den Wilden Kaiser, und nicht nur die Athleten befällt deshalb fünfeinhalb Wochen vor dem Weltcupstart in Sölden (22. Oktober) die große Sehnsucht: Ein Königreich für kein Kaiserwetter.

ÖSV-Chefcoach: "Ohne Skihalle werden wir ein Riesenproblem kriegen"

Der dreifache Olympiasieger Matthias Mayer und Doppelweltmeister Vincent Kriechmayr ließen im Training die Fäuste sprechen

Auf den Tag genau vor einem Jahr hatten die ÖSV-Herren am Pitztaler Gletscher schon ihre Spuren im heimischen Schnee hinterlassen. Heuer herrscht große Skepsis, dass die Weltcup-Saison plangemäß in der vorletzten Oktober-Woche auf dem Rettenbachferner in knapp 3.000 Metern Seehöhe beginnen kann. „Wir brauchen zehn kalte Nächte, um genug Schnee produzieren zu können“, erklärt ÖSV-Alpinchef Herbert Mandl.  „Dann kann es sich ausgehen.“

SKI ALPIN: ÖSV-MEDIENTERMIN MIT DEM RTL-TEAM DER MÄNNER: MANDL

ÖSV-Alpinchef Herbert Mandl

Die Hitzeperiode der letzten Wochen bringt die Verantwortlichen beim Skiverband ordentlich ins Schwitzen. Um den Sportlern eine adäquate Vorbereitung auf den Winter zu ermöglichen, wurden im August sämtliche Teams zum Skitraining nach Südamerika gekarrt.

Im fernen Chile und Argentinien fanden sie jene Pistenverhältnisse vor, die in Mitteleuropa im Spätsommer in Zukunft wohl nur mehr Schnee von vorgestern sind. „Es wird uns nicht erspart bleiben, in den nächsten Sommern in Südamerika zu trainieren“, prophezeit Herbert Mandl.

ÖSV-Chefcoach: "Ohne Skihalle werden wir ein Riesenproblem kriegen"

Die ÖSV-Abfahrer absolvierten einen Trainingskurs im Stanglwirt in Going

Stützpunkt in Chile

Deshalb verfolgt der ÖSV bereits intensive Pläne, einen fixen Stützpunkt auf der südlichen Halbkugel zu installieren, so wie es Italiener und Franzosen bereits im argentinischen Ushuaia praktizieren. ÖSV-Herrenchef Marko Pfeifer wurde bei mehreren Skigebieten in Chile vorstellig, „da gilt es jetzt, Nägel mit Köpfen zu machen. Wir werden nicht drum herum kommen.“

Natürlich hat so eine exklusive Partnerschaft ihren Preis. Im Gegenzug erwartet sich das auserkorene chilenische Skigebiet die Installierung einer Beschneiungsanlage. Das ist eine gängige Praxis, als der Skiverband zu Beginn der 2000er-Jahre eine Kooperation mit einem neuseeländischen Skiressort einging, gab es Schneekanonen als Einstandsgeschenk.

Alpinchef Mandl umtreibt vor allem die Sorge um den Nachwuchs, der beim Pistentraining im Sommer auf der Strecke bleibt. „Die Talente müssen auf Schnee.“

Aus diesem Grund schickte der ÖSV dieser Tage einige Läufer sogar nach Litauen in die Skihalle. Dem Indoor-Training gehört die Zukunft, „wir sind angewiesen auf Skihallen“, sagt Alpinchef Mandl. Schon in der Vergangenheit mietete sich der Skiverband im Sommer für ein Monat in deutschen Skihallen ein.

„Ohne Skihalle werden wir ein Riesenproblem bekommen“, prophezeit Herren-Trainer Pfeifer.

ÖSV-Chefcoach: "Ohne Skihalle werden wir ein Riesenproblem kriegen"

Skifahren in der Halle? Mehr als nur eine Alternative

Angesichts der Klimakrise wird beim ÖSV längst auch über andere alternative Trainingsmethoden nachgedacht. Der Vorarlberger Skiverband lässt seine Athleten auf einem Simulator üben, selbst das Skifahren auf Matten, wie es der britische Kitzbühel-Slalom-Sieger Dave Ryding in seiner Jugend in England fabrizierte, soll kommen. „Auch das ist ein Thema“, so Mandl.

Vorerst hoffen Matthias Mayer und Co. aber vor allem auf Hilfe von oben. Als sie am Dienstag im Stanglwirt den Boxring verließen, zogen bereits erste Wolken über dem Wilden Kaiser auf. Für das Wochenende ist eine Kaltfront angekündigt.

„Wenn 20 bis 30 Zentimeter Neuschnee kommen, dann können wir nächste Woche in Sölden trainieren“, frohlockt Alpinchef Mandl.

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