Nach seinen vier Scorerpunkten beim 8:1 des KAC gegen Ljubljana ist Johannes Bischofberger (insgesamt 21 Tore und 21 Assists) der beste gebürtige Österreicher in der ICE Hockey League. Vor etwas mehr als einem Jahr, war Eishockey kein Thema im Leben des 29-jährigen Vorarlbergers. Long Covid verursachte Symptome wie bei einer Gehirnerschütterung, plötzlich hatte Bischofberger auch noch mit einer Depression zu kämpfen. Doch der KAC ließ ihn nicht fallen. Jetzt spricht er über die schwierigste Zeit seines Lebens und seinen Weg zurück.
Sie haben nach fast einem Jahr Pause Ihre persönlich beste Saison gespielt. Wie erklären Sie sich das?
Johannes Bischofberger: Ich habe natürlich viele Sachen umstellen müssen – nachdem, was ich erlebt habe. Zum Beispiel in der Ernährung. Ich schaue ein bisschen besser auf mich vom Lebensstil her. Auf dem Eis habe ich nicht wirklich etwas geändert. Wir haben neue Trainer, die uns sehr viel Selbstvertrauen geben und das sieht man an der ganzen Mannschaft. Es strahlen alle Leichtigkeit aus.
Was kann man sich unter Ernährungsumstellung vorstellen?
Da geht es um Supplementierung, was uns in der Ernährung fehlt. Aber um das genau zu erklären, wird uns die Zeit fehlen. Es ist jedenfalls großes Potenzial in diesem Bereich. Einzelsportler sind da viel weiter.
Sie haben das neue Trainerteam angesprochen. Was zeichnet Kirk Furey aus, der zum ersten Mal eine Profimannschaft coacht und gleich alle Rekorde mit ihr bricht?
Petri Matikainen hat davor einen super Job gemacht, aber es hat dann irgendwann einen frischen Wind gebraucht. Es ist jetzt eine komplett andere Schiene. Die Trainer sind sehr persönlich, es zählt als Erstes der Mensch. Wir haben jetzt mehr Freiheiten in einem System, in dem sich alle daran halten.
Können Sie das konkretisieren?
Wir haben ein striktes System, aber wie wir aus der Defensive herauskommen ist einfach ein bisschen schneller. Und das liegt uns gerade besser. Dadurch ist die Torausbeute so gestiegen.
Es fällt auf, dass der KAC nicht nur Siege feiert, sondern Statements abgibt, wie ein 12:0 gegen Asiago, ein 6:1 gegen den VSV oder ein 8:1 gegen Meister Salzburg ...
In den letzten Jahren haben wir defensiv sehr kompakt gespielt. Da haben wir immer gemeinsam angegriffen. Jetzt sind wir für unsere Gegner unberechenbarer geworden, das hilft uns extrem.
Der KAC hat das nächste wichtige Spiel am 3. März im Viertelfinale. Ist es schwierig, bis dahin den Fokus zu halten?
Nein, wenn man sieht, dass Spiele wie in Wien ausverkauft sind, oder auch bei uns zuhause – es ist ein richtiger Boom in Klagenfurt. Es fühlt sich gut an, wir haben unseren Spaß und sind hungrig. Natürlich dürfen wir den Faden nicht verlieren. Wir haben uns so viel Gutes aufgebaut, da willst du nicht vom Gas runter gehen.
Wenn es so gut läuft, dann macht das Spielen wahrscheinlich noch mehr Spaß als das Trainieren, oder?
Natürlich, die Trainings ziehen sich und du willst eigentlich nur spielen. Gerade um Weihnachten waren extrem viele Partien. Da bleibst du im Rhythmus, das macht Spaß.
Sie sind ein sehr schneller Spieler, haben Sie das speziell trainiert?
Das ist viel Genetik, man kann natürlich schon noch ein paar Prozent rausholen. Aber unser Off-Ice-Crew ist von Allout-Performance in Deutschland gehen sehr individuell auf uns ein.
Sie haben fast eine ganze Saison wegen einer Gehirnerschütterung pausieren müssen. Wie knapp waren Sie vor dem Karriereende?
Wir haben es als Gehirnerschütterung kommuniziert, weil ich nicht genau wusste, was es ist. Im Grunde war es eine Long-Covid-Geschichte. Da können die gleichen Symptome auftreten. Nach einer Covid-Infektion hat sich alles verschlechtert und ich habe nicht gewusst, was los ist, weil ich top-fit war. Mir wurde dann im Concussion-Center in der Schweiz gesagt, dass sich Spike-Proteine im Gehirn ablagern können. Aber einen echten Befund traute sich niemand geben, weil es noch nicht erforscht ist. Ich habe dann lange gehadert und wusste nicht, was ich machen soll. Und dann kommen noch ganz andere Probleme dazu, weil du nicht arbeiten gehen kannst.
Sie meinen psychische Probleme?
Du siehst plötzlich keinen Sinn mehr in deinem Leben. Dann kam die Depression dazu, du kommst nicht mehr aus deinem Bett und kennst dich gar nicht mehr aus. Du glaubst, du bist der faulste Mensch der Welt. Da fällt es dir schwer, zu einem Arzt zu gehen. Da hat sich etwas zusammengebraut, das ich nicht gekannt habe.
Zu diesem Zeitpunkt war Eishockey kein Thema, oder?
Ich war so weit weg davon. Der KAC hat mich extrem unterstützt. Manager Oliver Pilloni hat mir gesagt, dass er meinen Vertrag nicht auflöst. Ich war schon soweit, dass ich keinen Sinn mehr gesehen habe. Er hat aber so viel Geduld gezeigt. Ich bin ihm extrem dankbar.
Wie haben Sie es wieder zurück geschafft?
Ich war in Zürich im Concussion-Center in Zürich. Danach bin ich nach Hennef in der Nähe von Köln. Es nennt sich Mojo-Institut. Sie schauen dort auf chronische Erkrankungen. Sie haben mir total geholfen, dass ich aus der Depression wieder herauskomme.
Mussten Sie auch Psychopharmaka nehmen?
Natürlich. Ich habe sie eine Zeit lang gebraucht. Ich konnte oft nicht schlafen. Ich hatte keine Struktur in meinem Tag. Du wachst um drei am Nachmittag auf und denkst dir, soll ich überhaupt aufstehen. Es ist aber schwer darüber zu reden, weil ich keinem Arzt auf dem Schlips treten möchte. Aber bei mir war es wahrscheinlich nicht notwendig. In Deutschland haben sie mir gesagt, ich soll aufhören damit, weil es mir mehr schadet. Aber ich kann da nur für mich reden.
Wie geht es Ihnen jetzt damit? Haben Sie Werkzeuge, um damit in Zukunft umzugehen?
Es kennt eh jeder: In den Wintermonaten ist es oft härter. Bei dem Einen wird dunkler als bei einem Anderen. Jeder muss für sich herausfinden, was ihm hilft. Bei mir sind es viele Dinge, wie Kältetherapie, Rotlichttherapie, die Ernährung. Ich halte mich daran und jetzt kann ich sagen, ich habe noch nie so viel Energie gehabt.
Im Mai steht wieder eine Weltmeisterschaft an, ist das Nationalteam noch ein Thema?
Es ist sicher ein Ziel. Ich bin immer in Kontakt mit dem Teamchef, musste aber zuletzt zwei Mal absagen. Einmal war ich krank und im Februar hatte ich einige Wehwehchen, die ich auskurieren musste.
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