Mit dem Spiel in Wien gegen Schweden (19 Uhr) startet für Österreichs Eishockey-Team die intensive Vorbereitung auf die A-WM in Finnland (13. bis 29. Mai). Wegen des Ausschlusses von Belarus und Russland wurden Österreich und Frankreich kurzfristig nachnominiert.
Der Schweizer Roger Bader (57) brachte als Sportdirektor und Headcoach Kontinuität ins Nationalteam. Im Interview spricht er über die WM, seine private Seite und den David von Michelangelo.
KURIER: Als Trainer haben Sie vom russischen Weltmeister und Olympiasieger Wladimir Jursinow gelernt. Wie geht es Ihnen mit den Russland-Sanktionen?
Roger Bader: Betrachten wir es als Geschenk, dass wir diese Möglichkeit bekommen haben. Unser Motto ist: Wir wollen zeigen, dass wir dazugehören. Die Umstände sind bedauerlich. Es ist schade für diese tolle russische Mannschaft. Natürlich ist der Sport ein Mittel, um Sanktionen zu verhängen, um jemandem, der einen Krieg anfängt, zu zeigen, dass es so nicht geht. Jursinow ist ein Freund, und ich werde ihn wahrscheinlich vor der WM noch treffen.
Sie sind seit 2016 Nationaltrainer. Wie hat sich das Team seitdem verändert?
Ja, es sind schon sechs Jahre, aber die vergangenen zwei Jahre haben wir wegen der Pandemie fast nicht gespielt. Es gab wieder einen Generationswechsel. Wir werden heuer möglicherweise elf WM-Neulinge haben. Es ist schon einiges passiert in diesen sechs Jahren.
Sind Sie mit der Entwicklung des Teams in der Vorbereitung zufrieden?
Wir hatten in den fünf verschiedenen Camps immer andere Schwerpunkte. Diese Woche folgen die drei Spiele gegen Schweden, Finnland und Tschechien. Daher werden wir weniger trainieren. Bis jetzt bin ich sehr zufrieden mit dem, was umgesetzt werden konnte und wie wir uns entwickelt haben.
Nach dem schnellen Salzburger 4:0 im Finale der Liga ist das Nationalteam so früh wie selten zuvor in der Vorbereitung zusammen. Erwarten Sie noch Verstärkung durch Legionäre?
Marco Kasper kommt am Wochenende dazu, gegen Schweden geht es sich noch nicht aus. Bei Dallas-Stürmer Michael Raffl ist die Wahrscheinlichkeit eher gering. Bei Marco Rossi müssen wir auf die Freigabe von Minnesota hoffen (NHL-Spieler müssen nicht für das Nationalteam abgestellt werden, Anm.).
Bei der WM ist Großbritannien Österreichs Hauptgegner im Kampf um den Klassenerhalt. Was wissen Sie über die Briten?
Ihre Liga ist sehr gut geworden. Vor ein paar Jahren hat Manchester in der Champions League Bern geschlagen. Viele im Nationalteam sind groß und spielen körperbetont, einige kamen im Eishockey-Land Kanada auf die Welt. Es wäre überheblich, wenn wir davon ausgehen würden, dass wir Favorit sind.
In der Liga dürfen ab kommender Saison maximal zehn Legionäre pro Klub spielen. Wird das dem Nationalteam helfen?
Es sei mir als Teamchef erlaubt zu erwähnen, dass für mich zehn Ausländer immer noch zu viel sind, weil immer noch viele Schlüsselpositionen von Legionären besetzt werden, die dann auch in den heiklen Phasen eines Spiels auf dem Eis sind. Aber es ist ein Anfang. Das Ziel muss sein, dass diese Zahl über die Jahre weiter sinkt.
Was macht Roger Bader in Wien, wenn er nicht mit Eishockey beschäftigt ist?
Wien ist eine sehr attraktive Stadt. Wenn das Wetter schön ist, bin ich auf der Donauinsel oder an der Alten Donau und mache mein Inspirationsjoggen. Da kann ich gedanklich viel verarbeiten. Natürlich genieße ich die vielen guten Lokale. Ich besuche gerne das Kabarett Simpl oder die Oper. Es gibt extrem viel, was man hier tun kann.
Haben Sie einen Lokaltipp?
Ich gehe gerne italienisch Essen, zum Beispiel ins Regina Margherita. Dort war ich auch am Abend des Terroranschlags. Wir mussten bis um 2 Uhr dortbleiben.
Ihre Tochter ist in der Politik, der Sohn spielt beim SC Bern. Haben Sie sich das für Ihre Kinder gewünscht?
Zunächst einmal will man ja, dass die Kinder zufrieden sind mit dem, was sie tun. Das hat nichts damit zu tun, ob mein Sohn Eishockey-Profi ist oder meine Tochter prominent in der Politik vertreten sein wird. Das ist schön und freut mich für sie. Aber wichtiger ist, dass meine Kinder glücklich sind.
Sie haben einmal gesagt, eine Mannschaft zu bauen sei, wie ein Bild zu malen. Wenn Sie an die WM denken, welches Bild haben Sie vor Augen?
Ein Maler weiß oft nicht, wie das Bild am Ende aussehen wird. Es ist ein Prozess. Bei uns ist es auch so. In der Vorbereitung gibt es personelle Veränderungen, dann ändert sich die Spielweise. Mir gefällt eine Metapher über den David in Florenz. Michelangelo hat in dem sechs Meter hohen Marmorblock von Anfang an das Kunstwerk gesehen und danach gesagt: „Ich habe einfach nur alles weggeschlagen, was nicht zum David gehört.“
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