Sie ist vielleicht die schwierigste Abfahrtspiste der Welt, mit Sicherheit aber die berühmteste. Eine historische Fahrt auf der Streif in Kitzbühel vom Start bis ins Ziel. Start ist heute, Freitag, und morgen, Samstag, um jeweils 11.30 Uhr (Livestand auf https://kurier.at/sport).
Viel hat sich in den vergangenen Jahrzehnten beim Start verändert. Bäume wurden gerodet, um mehr Platz zu schaffen, im vergangenen Jahr wurde um 1,5 Millionen Euro ein neues Starthaus auf 1.655 Metern gebaut. Nur eines ist gleich geblieben, sagt OK-Chef Michael Huber: „Es gibt keinen Startraum, wo so eine Stille herrscht wie auf der Streif.“ Werner Pischl alias Fips, der legendäre Startrichter, sagt sogar: „Manchmal kann man den Angstschweiß riechen.“
Nach 8,5 Sekunden springen die Fahrer bis zu 60 Meter weit in die Mausefalle. Mit einem Gefälle von 85 Prozent (40,4 Grad) ist sie das steilste Stück der Strecke. Die Geschwindigkeit steigt über 100 km/h an. 1985 flog der Japaner Hiroyuki Aihara seitlich über den Holzzaun, der damals noch dort stand und landete im Wald. Exakt vor zehn Jahren, am 20. Jänner 2011, stürzte Hans Grugger nach einem Fahrfehler schwer. Der Salzburger lag tagelang im Koma und musste danach seine Karriere beenden.
Es folgt das „U-Hakerl“-Karussell. Messungen ergaben, dass die Läufer Fliehkräfte von 3,1 g aushalten müssen. Max Franz weiß es genau: 2017 verlor er an dieser Stelle als Topfavorit einen Ski, 2019 brach er sich ohne zu stürzen bei einem Schlag das Fersenbein.
Wie man perfekt die Steilhang-Einfahrt nimmt, zeigte Stephan Eberharter (großes Bild oben) bei seiner Siegesfahrt von 2004. Experten sind sich einig: So wie er ist vorher und nachher niemand die Linkskurve gefahren. Danach rasen die Athleten auf das Netz zu, die Steilhang-Ausfahrt gehört zu den technisch anspruchsvollsten Abschnitten im Skiweltcup. Immer wieder kam es hier zu schweren Stürzen. Der Kanadier Brian Stemmle brach sich 1989 das Becken, musste 18 Monate in Rehabilitation, schaffte aber das Comeback. Bode Miller vergab 2008 an dieser Stelle den Sieg, als er mit beiden Skiern die Plane entlangfuhr.
Im Brückenschuss und im folgenden Gschöss mit nur zwei Prozent Gefälle kann man das Rennen nicht gewinnen – nur verlieren. Hier hat man einige Sekunden Zeit, um nachzudenken. Die Qualitäten der Gleiter sind gefragt – und schnelle Skier.
Nach dem Flachstück springen die Athleten in die Alte Schneise. Der Hang hängt stark nach rechts weg.
Seit 1994 geht es über den Seidlalmsprung. Hier muss die Richtung stimmen, da das erste Tor dahinter nicht einsehbar ist. Die Seidlalm, auf der Hansi Hinterseer aufgewachsen ist, lassen die Läufer links liegen.
Mit einer starken Rechtskurve geht es in den Lärchenschuss. Danach wird es am Oberhausberg richtig flach, in der folgenden S-Kurve hören die Fahrer schon den Platzsprecher, manchmal sogar ihre Zwischenzeit.
Für manche Fans im Ziel schon sichtbar, tauchen die Athleten mit dem Sprung an der Hausbergkante auf. Die Kräfte lassen bereits nach. Mit einem Oberschenkelbruch endete hier 1999 die Karriere von Patrick Ortlieb. 2016 überschatteten Stürze von Aksel Lund Svindal, Hannes Reichelt und Georg Streitberger an dieser Stelle das Rennen, das danach abgebrochen wurde. Es folgen ein schwerer Linksschwung und eine Schrägfahrt auf dem stark nach rechts hängenden Gelände, die Traverse. Hier entscheidet sich das Rennen. Pietro Vitalini hatte 1995 unglaubliches Glück, als er über die Netze flog und nur deshalb unverletzt blieb, weil sehr viel Neuschnee neben der Strecke lag.
Im Zielschuss erreichen die Abfahrer mit mehr als 140 km/h die höchste Geschwindigkeit. Letzte Konzentration gilt dem Zielsprung, wo Weiten bis zu 50 Metern erreicht werden. Fehler an dieser Stelle haben fatale Folgen. Andreas Schifferer lag 1996 drei Tage lang im Koma, ähnliches musste der Amerikaner Scott Macartney 2008 durchmachen. Der Schweizer Daniel Albrecht erlitt im Jahr darauf ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und Lungenquetschungen. Nach mehr als dreieinhalb Wochen erwachte er aus dem Koma, 22 Monate später kehrte er in den Weltcup zurück.
Das Ziel liegt auf 805 Metern Seehöhe, fast mitten im Ort. Den Streckenrekord hält Fritz Strobl mit 1:51,58 Minuten aus dem Jahr 1997. Das erste Rennen 1931 entschied der Österreicher Thaddäus Schwabl für sich. Er benötigte 3:53,1 Minuten.
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