Das Erfolgsrezept der Eishockey-Weltmeisterschaft

Christoph Mauer spricht über die Organisation und deren Herausforderungen sowie ein mögliches Comeback von Wien.

Die WM ging am Donnerstag mit dem Viertelfinale in die entscheidende Phase. 403.882 Zuschauer sorgten in den 56 Spielen der Vorrunde für volle Hallen. Für die Vermarktung des Turniers ist Christoph Mauer verantwortlich. Der Schweizer ist Senior Director von Infront, eine Agentur mit 39 Büros und rund 1.000 Mitarbeitern weltweit. Im Interview spricht er über über die Herausforderungen einer Eishockey-WM, den Jahresrhythmus der Endrunde und ein mögliches Comeback von Österreich als Veranstalter.

KURIER: Wie zufrieden sind Sie mit dem Verlauf der WM?

Christoph Mauer: Wenn wir das Wetter ausnehmen, dann ist alles super. Von Vermarkterseite sind wir sehr zufrieden. Bis auf das Ausscheiden der Slowakei ist die Stimmung gut. Der Ticketverkauf liegt über den Erwartungen.

Wie viele Leute arbeiten bei diesem Turnier?

Das Kernteam von Infront hat 20 bis 30 Personen. Insgesamt sind es 300 bis 400 Mitarbeiter. Dazu zählen TV-Produktion, Fahrer, Merchandiser, Catering, Bandenproduzenten, Unter-Eis-Company, Security, Hostessen etc. Das ist schon richtig großer Aufwand.

Wenn ein Veranstalter den Zuschlag bekommt, wann beginnen die Planungen?

Schon vorher. Hier im Kongress werden die Turniere für die Jahre 2023, 2024 und 2025 vergeben. Die richtige Arbeit beginnt im Sommer nach der Vergabe. Die Besuche beginnen dann zwei Jahre davor. In diesem Sommer werden wir Minsk und Riga für 2021 besuchen. Mit zwei Veranstalter-Ländern ist es immer ein wenig schwieriger, aber auch das ist machbar, wie man mit Deutschland-Frankreich und Schweden-Finnland gesehen hat.

Ist es leichter in Städten, in denen es echte Eishockey-Hallen wie hier in Bratislava gibt?

Vom Sportlichen her absolut. Sie haben hier einen Eismeister, der weiß, wie man Eis macht. Die Infrastruktur und das Know-how sind da. Aber eine Arena wie in Kopenhagen hat auch ihren eigenen Charme. Sie war nur zwei Minuten vom Flughafen weg, sie lag nicht im Wohngebiet, somit war es einfacher für die Umsetzung des Fan-Dorfs mit entsprechend mehr Platz hierfür. Kopenhagen war eine Konzertarena, daher war es eine Herausforderung. Die Aufgabe der IIHF (der internationale Weltverband, Anm.) ist ja auch den Sport zu entwickeln. Sie können nicht immer in Schweden, Finnland, Deutschland, Schweiz, Russland und Tschechien die WM durchführen. Das wird irgendwann langweilig.

Gibt es typische Probleme?

Nein. Es ist meine 24. WM. Man darf nicht in Arroganz verfallen und sagen, man kennt alles und weiß alles. Die Erfahrung hilft. Aber es gibt keine klassischen Schwierigkeiten.

Außer wenn das Eis schmilzt…

Wenn Sie Dänemark ansprechen, es war nicht dramatisch. Aber das war eine Sache, die man sich am ersten Wochenende ansehen muss. Wir hatten für die Jahreszeit sehr warme Temperaturen und das über einen sehr langen Zeitraum. Das hatte dann in den ersten Spieltagen mit jeweils drei Spielen pro Tag den entsprechenden Effekt. Aber das wurde seitens des Veranstalters gut gelöst.

Ich meinte eher Wien 2005 …

Ah, das habe ich schon fast vergessen. Aber auch das haben wir gelöst.

Gibt es von den Ländern her Unterschiede?

Wenn ein Veranstalter innerhalb einer Dekade wieder dran kommt, gibt es oft den Ansatz, dass sie vieles gleich machen wollen, wie damals. Aber, die Zeit läuft. Zehn Jahre sind bei den Medien und im Sponsorship wie hundert Jahre im normalen Leben. Es ändert sich vieles.   Alleine vom Fan-Village oder der Social-Media-Part – das muss man im Kopf löschen und neu anfangen. Das ist manchmal nicht einfach.

Die Eishockey-WM findet jedes Jahr statt. Warum?

Die Frage geistert seit Jahren durch die Presse. Ich weiß nicht, warum sie noch gestellt wird. Im Fußball findet auch nicht nur alle vier Jahre ein Turnier statt. Alle vier Jahre gibt es die WM, alternierend die Euro. Jetzt gibt es die Nations League und Qualifikations- und Testspiele. Im Eishockey gibt es keine Europameisterschaft. Das heißt, wir machen nichts anderes als die anderen. Aber wir spielen auch im Olympia-Jahr eine WM. Das machen andere nicht. Dennoch: 2006 waren wir im Olympiajahr in Lettland:  1,9 Millionen Einwohner im ganzen Land und wir hatten 360.000 Zuschauer. 2010 war das Weltrekordspiel in der Arena AufSchalke zwischen Olympia und Fußball-WM. Wir hatten 80.000 Zuschauer und hätten 105.000 Karten für das eine Spiel verkaufen können. Dort sind wir erstmals über die kumulierte Milliarde an TV-Reichweite gekommen. 2014 in Weißrussland:  660.000 Zuschauer, das war bis dahin der Rekord für eine WM. Den Sport können Sie in dieser Größe nicht zwei Jahre pausieren lassen. Produkt ist so gut und wird so gut angenommen, dass das ein großer Fehler wäre. Dann kommt der Faktor Geld: Die Erlöse gehen direkt in den Sport. Es geht nicht nur um die Top-WM, darunter gibt es noch viele Turniere, die von der IIHF gefördert werden. Wenn man also die WM streicht, dann fehlt auch das Geld für Nationen und Turniere, die man gerne fördern würde .Warum soll man es sein lassen, wenn alle happy sind? Auch die Athleten wollen es so. Sonst wären ja die Stars wie Owetschkin, Draisaitl usw. nicht alle da.

Ist es für die Vermarktung einfacher mit 16 Ländern?

Im Moment schon. Das heißt aber nicht, dass wir aus allen Nationen etwas erlösen. Wir haben ja nicht nur den Auftrag, für Umsätze, sondern auch für die Verbreitung des Events und des Sports zu sorgen. Wir haben über 150 Nationen, die über die WM berichten.

In Wien wird bis ’24 eine neue Arena gebaut. Kommt Österreich als Veranstalter infrage?

2020 ist die Schweiz dran, 2021 Weißrussland und Lettland, Finnland bekommt für 2022 eine neue Halle. Für 2023, 2024 und 2025 ist Österreich nicht im Rennen. Und dann ist 2026 wieder ein Olympia-Jahr. Wer weiß? Warum nicht?

Das Erfolgsrezept der Eishockey-Weltmeisterschaft

Christoph Mauer

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