Wie ein Tiroler das Familienvermögen für den olympischen Traum opferte

Es war absehbar, dass Benjamin Maier seine Frau einmal im Eiskanal finden würde. Jede andere wäre wahrscheinlich längst mit ihm Schlitten gefahren und hätte gefragt, ob ihm denn nichts Besseres einfallen würde, als das gesamte Familienvermögen in einen Bob zu stecken.

Elisabeth Maier, die unter dem Mädchennamen Vathje für Kanada WM-Bronze im Skeleton gewann, versteht als Spitzensportlerin aber nur zu gut, was Benjamin Maier antreibt und warum er so viel Zeit und auch Geld in seine Leidenschaft investiert: Der Tiroler hat es sich nun einmal zum Ziel gesetzt, ein Bobstar zu werden. „Entweder man zieht den Schlussstrich, oder man zieht es durch. Es funktioniert nur ganz oder gar nicht“, sagt Benjamin Maier.
In Wahrheit sind die Bobfahrer die ärmsten Hunde, da sie mit Abstand den teuersten Sport betreiben, den es bei Olympischen Winterspielen zu bestaunen gibt. Wenn Skispringer mitunter jammern, dass ein neuer Sprunganzug mittlerweile 800 Euro kostet, dann kostet das Benjamin Maier nur ein müdes Lächeln. Im Eiskanal redet man von ganz anderen Summen.
Der Viererbob, mit dem der 27-Jährige am Samstag und Sonntag in Yanqing auf Medaillenjagd geht, hat einen Wert von 120.000 Euro. Und da lenkt der Tiroler noch gar nicht einmal den Luxusschlitten. Mit dem Bob allein ist es freilich nicht getan: Auch die Kufen haben ihren stolzen Preis, „da muss man pro Satz mit 10.000 bis 15.000 Euro rechnen“.
Es erklärt sich von selbst, dass Bobpiloten, die erfolgreich sein wollen, etliche Kufen im Fundus haben müssen. „Alles Geld, das ich habe, steckt da drinnen“, gesteht Benjamin Maier. „Entweder du bleibst dabei, oder du bist quasi pleite.“
Wie fast alle seine Bobkollegen hat auch der Rumer sich schon die Sinnfrage gestellt. Am Ende war die Lust auf Medaillen und Erfolge immer größer als die Sorge vor einem finanziellen Ruin. Die vergangenen Jahre bestätigten ihn und sein Team darin.
2021 wurde Maier im Vierer Vizeweltmeister, mit dem großen Schlitten war der Tiroler zuletzt Stammgast in den Top drei. „Bei Olympia war von uns immer schon alles auf den Vierer ausgerichtet“, erzählt Maier, der mit Rang fünf in der Zweierbob-Konkurrenz bewies, dass ihm der lange, anspruchsvolle Eiskanal in China liegt.
Seine Erfahrung und sein Fahrgefühl kämen ihm jetzt bei seinen dritten Spielen zugute, meint Maier. Als 19-Jähriger hatte er 2014 in Sotschi sein Olympiadebüt gegeben, 2018 in Pyeongchang scheiterte die Mission Medaille noch am Material. Jetzt wäre die Zeit reif für eine Medaille und einen Lohn für die Entbehrungen und Investitionen. „Wir haben alles unternommen und uns ein Umfeld geschaffen, dass wir diesmal sagen können: ,Wir müssen nicht darauf hoffen, dass jemand anderem ein Fehler passiert. Wir haben es selbst in der Hand.‘“
Zweierbob
Katrin Beierl hatte sich die Vorbereitung auf den Saisonhöhepunkt anders vorgestellt. Eine Corona-Infektion warf die Bobpilotin aus Himberg im Jänner aus der Bahn, erst mit Verspätung konnte die 28-Jährige zu den Winterspielen reisen. „Ich habe zwei Wochen nicht trainiert“, sagt Katrin Beierl, die im vergangenen Winter zusammen mit Jennifer Onasanya sensationell den Gesamtweltcup gewinnen konnte.
Dennoch wäre es vermessen, von der Niederösterreicherin im Zweierbob heute und morgen eine Medaille zu erwarten. Im vergangenen Corona-Winter hatten einige weibliche Bobstars auf den Weltcup verzichtet. In dieser Saison konnte Beierl, die sich für den Bewerb den Zweierbob von Benjamin Maier ausleiht, nicht mehr an die Top-Ergebnisse aus dem Vorjahr anschließen. 2018 war sie 17. geworden, diesmal sollte ein Top-Ten-Platz möglich sein.
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