Auf einmal brach Hektik aus im Österreich-Haus mitten in Sestriere. Hochrangige Mitarbeiter des Österreichischen Olympischen Comités liefen aufgeregt herum, die anwesenden Journalisten griffen zu ihren Handys, überall wurde getuschelt und gerätselt. Razzia im Quartier der österreichischen Biathleten und Langläufer.
Diese Nachricht ereilte das österreichische Olympia-Team gerade mitten im Siegestaumel. Mit Sekt und Bier wurde an diesem Samstagabend im Februar 2006 auf den Medaillenregen angestoßen, der sich während des Tages über die Olympia-Mannschaft ergossen hatte: Gold und Silber im Skispringen durch Thomas Morgenstern und Andras Kofler, dazu Silber für Hermann Maier im Super-G – der Tag hätte nicht besser laufen können, zumal sich auch noch Kanzler Wolfgang Schüssel für die Medaillenparty angekündigt hatte.
In den Zeitungen sollten am nächsten Tag dann freilich keine politischen Lobeshymnen auf die Medaillengewinner angestimmt werden, der damalige Kanzler wurde nur mit drei Worten zitiert: „Wer dopt, verliert.“
"Dumm, dümmer, Austria!"
Über Nacht hatte Österreich einen großen Doping-Skandal produziert, der in den folgenden Tagen weltweit für negative Schlagzeilen sorgen sollte. Die Headline, die im Schweizer Blick erschien, stand stellvertretend für das Bild, das Österreich bei den erfolgreichsten Winterspielen der Geschichte (neun Mal Gold, sieben Mal Silber, sieben Mal Bronze) abgab: „Dumm, dümmer, Austria“
Für den ÖSV-Präsidenten hagelte es harsche Kritik, einige österreichische Politiker forderten ihn zum Rücktritt auf. „Diesen Gefallen werde ich denen nicht tun“, sagte der Tiroler damals in Sestriere. „Und drohen lass’ ich mir schon gar nicht. Dagegen bin ich allergisch. Drohungen mobilisieren bei mir nur zusätzliche Kräfte. Ich gebe sicher nicht auf. Und jetzt setze ich mich an den Fluss und warte, bis die ganzen Leichen vorbeischwimmen.“
Für Schröcksnadel hatte Turin 2006 keine Konsequenzen. Beim Doping-Prozess in Susa wurde er seinerzeit freigesprochen. Und zurücktreten wird er erst in diesem Sommer. Ganz freiwillig.
Auf der Flucht
Wenige Tage später versuchte der Österreichische Skiverband in einer Pressekonferenz noch abzuwenden, was in Wahrheit nicht mehr zu verhindern war. Denn das Bild der Doping-Nation Österreich hatte sich da schon in den Köpfen eingebrannt. Da waren die Aufnahmen von der nächtlichen Razzia, die in allen Zeitungen veröffentlicht wurden; da waren die verbotenen Mittel und Geräte, die in den Quartieren der Österreicher gefunden wurden; da war vor allem die filmreife Flucht des Hauptverdächtigen und Ex-Trainers Walter Mayer.
Die Pressekonferenz von Peter Schröcksnadel auf den Tag genau vor 15 Jahren machte die Sache nicht unbedingt besser. Ursprünglich wollte der ÖSV-Präsident nur den österreichischen Journalisten Rede und Antwort stehen, doch der internationale Aufruhr war viel zu groß.
So lud der Skiverband in das Schwimmbad von Sestriere, die Becken waren eiligst mit Brettern zugedeckt worden, es dampfte wie in einer Sauna, weil sich gefühlt Hunderte Olympia-Journalisten aus der ganzen Welt in dem engen aufgeheizten Schwimmbad drängten. Alle wollten wissen, was der mächtige Funktionär zu diesem Dopingskandal zu sagen hatte. Denn zwischenzeitlich kursierte in Sestriere sogar das Gerücht, dass der ÖSV sämtliche Athleten von den Winterspielen zurückziehen würde.
Die Rede, die Schröcksnadel im Schwimmbad hielt, sollte hohe Wellen schlagen. Denn nachdem er jegliche Form des Dopings verurteilt und strenge Konsequenzen angekündigt hatte, fiel jener Satz, der ihm bis heute nachhängt.
Austria is a too small country to make good doping.
Dieser Satz prägte sich ein und wurde weltweit zitiert. Schon wenige Tage später gab Schröcksnadel im KURIER-Interview zu, die Tragweite seiner Aussage völlig unterschätzt zu haben. „Natürlich war das im Nachhinein ungeschickt von mir. Ich habe mir nicht gedacht, dass so viele Leute zu meiner Pressekonferenz kommen. Das war schlecht gemacht von uns.“
Ich gebe sicher nicht auf. Und jetzt setze ich mich an den Fluss und warte, bis die ganzen Leichen vorbeischwimmen.“
von Peter Schröcksnadel
2006 zur Aufarbeitung
Für den ÖSV-Präsidenten hagelte es harsche Kritik, einige österreichische Politiker forderten ihn zum Rücktritt auf. „Diesen Gefallen werde ich denen nicht tun“, sagte der Tiroler damals in Sestriere. „Und drohen lass’ ich mir schon gar nicht. Dagegen bin ich allergisch. Drohungen mobilisieren bei mir nur zusätzliche Kräfte. Ich gebe sicher nicht auf. Und jetzt setze ich mich an den Fluss und warte, bis die ganzen Leichen vorbeischwimmen.“
Für Schröcksnadel hatte Turin 2006 keine Konsequenzen. Beim Doping-Prozess in Susa wurde er seinerzeit freigesprochen. Und zurücktreten wird er erst in diesem Sommer. Ganz freiwillig.
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