Das Internationale Olympische Comité (IOC) ist damals gar nicht so unglücklich, das 1968 eingeführte Kontrollsystem zeigt erstmals Wirkung. Doch so einfach ist es nicht. 200 Seiten stark ist mittlerweile die Akte, die einem Kriminalfall gleicht.
Bis heute beteuert Alois Schloder seine Unschuld. Der Mannschaftsarzt habe ihm wegen niedrigerer Blutdruckwerte jenes Medikament verschrieben, das das Stimulanzmittel Ephedrin enthält. Der Mediziner bestreitet das.
Eine exakte Aufarbeitung bleibt lange aus, auch weil der Arzt wenig später stirbt. Die sechsmonatige Sperre gegen Schloder wird zwar rasch vom Weltverband zurückgenommen, doch der Makel bleibt. Selbst Olympia-Bronze vier Jahre später in Innsbruck kann daran wenig ändern.
Denn erst 2016, 44 Jahre nach der positiven Probe von Sapporo, wird Schloder auch offiziell vom IOC rehabilitiert und seine Akte in den Archiven umgeschrieben.
Der Fall Schloder steht bis heute exemplarisch für die Extreme, die im internationalen Kampf gegen Doping warten. Wer ist Täter, wer Opfer? Wie umgehen mit (medialen) Vorverurteilungen?
Ein ähnlich undurchsichtiges Bild zeigt sich den Dopingjägern und -experten bei den Winterspielen 2022 in Peking. Die autoritäre Führung in der Volksrepublik, die systematische Überwachung und Optimierung nahezu aller Lebensbereiche nähren die Zweifel am Bekenntnis Chinas zum Kampf gegen Doping. Ausländische Experten bemängelten bereits im Vorfeld von Olympia den fehlenden Zugriff auf die Proben sowie die umfassende Intransparenz vonseiten der chinesischen Behörden.
Bereits 2016 wurde das Pekinger Labor von der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA suspendiert, weil dort positive Tests als negativ deklariert worden waren. Im gesamten Jahr 2020 meldete die chinesische Agentur bei 14.072 untersuchten Proben so gut wie keine positiven Fälle. Spricht das nun für die chinesischen Athleten oder gegen das Anti-Doping-System im Reich der Mitte?
Erinnerungen werden wach an Sotschi 2014, als Gastgeber Russland mit einem geheimdienstlich gedeckten Staatsdopingprogramm Athleten zu potenziellen Olympiasiegern tunte. „Wir haben gelernt, haben Beobachter auch im Labor und einen neuen Lieferanten der Probenfläschchen“, sagt WADA-Generaldirektor Olivier Niggli. Zehn Jahre lang werden die Peking-Proben gelagert, sollten künftig noch bessere Analysemethoden zur Verfügung stehen.
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