50 Jahre Hermann Maier: Ein Ski-Held, der keiner mehr sein will
Das Ski-Idol feiert seinen 50. Geburtstag – und zwar ganz anders als früher: in Ruhe und abseits der Öffentlichkeit. Erinnerungen an einen Ausnahmesportler, der niemanden kalt ließ.
Wenn am 7. Dezember der ORF seinem einstigen Quotengaranten Hermann Maier zu dessen 50. Geburtstag im ansonsten für die Fußball-WM reservierten Einser-Kanal die Prime-Time widmet, wird deshalb kein Sportfreund ein Match versäumen. Denn an dem Tag ist spielfrei. Zufall. Doch irgendwie typisch für Maier. Zu besonderen Anlässen stand – nicht immer zur Freude der Teamkollegen – stets allein er im Mittelpunkt.
Seit Maier die Karriere beendete, vor allem seit er dreifacher Vater ist, verhält er sich hingegen nach dem Motto: Willst du gelten, komme selten. Auch zum Schutz seiner Familie. Wie seine Mädchen (darunter Zwillinge) heißen und wo sie die Schule besuchen, will er in keinem Medium hören oder lesen.
Im vom Schweizer Blick geführten Doppelinterview mit Weltcupsieger Marco Odermatt stichelte der Salzburger Maier zwar ein bissel gegen den Salzburger Marcel Hirscher. Mit Ratschlägen, wie man den Weltcup interessanter und das ÖSV-Team besser machen könne, aber hält er sich zurück.
Wenn nicht gerade die Slalom-Damen vor seiner Flachauer Haustür gastieren, ist Maier auf keinem Weltcup-Schauplatz anzutreffen. Zwar wird ihm nicht Ähnliches passieren wie manchmal dem Jahrhundertfußballer und ORF-Experten Herbert Prohaska (67), der von Kindern schon gefragt wurde, ob er selbst einmal Fußball gespielt habe. Aber auch bei Maier sind’s bald 25 Jahre her, als er bei Olympia in Nagano nach 18 Abfahrtssekunden und einigen Überschlägen nach 40 Metern jenseits der Absperrung aufschlug.
Der Olympia-Chefarzt erklärte ihn für rennuntauglich. Maiers mehrfaches Glück im Unglück: Dass ein zweiter Arzt noch eine Mini-Chance für Maier sah; dass Alpinchef Hans Pum daraufhin pokerte, indem er Maier für den Super-G auslosen ließ. Und dass man den Super-G wetterbedingt verschob.
Vor Feststehen der Verschiebung war Maier, obwohl er ohne fremde Hilfe kaum in die Skischuhe fand, am nebligen Startplatz erschienen. Womit er die Konkurrenz irritierte, ehe er sie bei Sonnenlicht endgültig entnervte: Gold im Super-G, Gold danach auch im Riesenslalom.
Maier verhaftet
Selbst Medien aus schneefremden Gegenden berichteten groß vom Maier-Wunder. Was neun Monate später als erste die Denver Post titelte, war indes keine Reklame: „Olympic winner in jail.“ Maier im Häfn! Dass es so weit gekommen war, dafür machte Maier später in seinem Buch den Krone-Skiexperten Charly Pointner und mich mitverantwortlich. Was nicht ganz gelogen war.
In einer Pizzeria von Aspen hatten Maier und Freund Andreas Schifferer gefragt, wie es denn zu Franz Klammers Zeiten abseits der Piste zugegangen sei. Unsere Antwort: „Verglichen mit einem Grissmann, Enn, Weirather oder Klammer seid ihr heute alle brave Ministranten.“
Davon „aufmunitioniert“, behauptet Maier, habe man vor der Weiterreise nach Kanada in einer Villa außerhalb von Aspen auf Einladung der örtlichen Schickeria unbekümmert gefeiert. Als in den frühen Morgenstunden kein Taxi aufzutreiben war und die Gastgeber die Rennläufer nicht gehen lassen wollten, startete Maier, der gelernte Maurer, ein Baufahrzeug. Ehe man entschied, auf ein altes Fahrradl umzusteigen.
Aufgeschreckt vom Lärm, alarmierte ein Anrainer die Polizei. Just während die heranbrauste, verlor Maier auf der steilen Straße in einer Kurve seinen Co-Piloten Schifferer. Worauf die Weiterfahrt nach Aspen in Handschellen erfolgte.
Maier unerreicht
Es bedurfte einiger Überredungskunst von Trainer Toni Giger, um das Duo aus Aspens „Gemeindekotter“ auszulösen. Vor der WM ’99, die elf Wochen später ebenfalls in Colorado stattfand, musste Alpindirektor Pum eine Kaution hinterlegen. Andernfalls hätte Maier nicht einreisen, nicht starten, nicht Doppel-Weltmeister werden können in Beaver Creek. Dort, wo bis heute keiner so oft (= fünfmal) siegte wie er.
Mehr Emotionen als alle diese Triumphe aber hat beim Superman sein Super-G-Sieg am 27. 1. 2003 in Kitzbühel vor fast leeren Tribünen ausgelöst. Gelang ihm doch damit das Comeback 20 Monate nach seinem Motorradunfall.
Der Kunst der Ärzte (allen voran Artur Trost) war zu verdanken, dass Maier eine Beinamputation erspart blieb. Auf die Hartnäckigkeit von ÖSV-Boss Peter Schröcksnadel war zurückzuführen, dass auf der Streif an einem Montag trotz Schlechtwetter gefahren wurde. Schröcksnadel machte alles für Maier. Auch jubelte er enthusiastisch, als Maier 2005 in Bormio noch einmal Riesenslalom-Weltmeister wurde.
Zum Abschiedsfest von Schröcksnadel, 81, heuer im April erschien Maier nicht im Salzburger Hangar-7. Vielleicht, weil er nicht vergisst, wie ihn der ÖSV lange übersah, weshalb Maiers Karriere erst in einem Alter begann, in dem sie andere (z.B. Hansi Hinterseer) schon beendet hatten. Vielleicht aber auch, weil das einstige Feierbiest lieber daheim in seinem Viermäderlhaus als in der Seitenblicke-Gesellschaft ist.
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