Sie mussten nach einem Unterschenkelbruch mehrfach operiert werden und standen vor dem Karriereende. Haben Sie einen anderen Blickwinkel zum Sport?
Ich habe es auf alle Fälle zu schätzen gelernt, dass ich wieder ohne Schmerzen Skifahren kann. Und ich empfinde es als Luxus und als Privileg, dass ich dieses Leben führen darf.
War das früher anders?
Ich war wie viele andere in einem Tunnel. Ich habe nicht nach links und nicht nach rechts geschaut und alles als selbstverständlich erachtet. Das ist heute anders.
Sie haben mit Olympia-Silber Ihr großes Karriereziel erreicht. Fährt es sich als Medaillengewinnerin leichter, weil Sie niemandem mehr etwas beweisen müssen?
Es ist schön, dass ich die Medaille habe, aber das heißt nicht, dass ich deshalb auf der faulen Haut liege. Und eines möchte ich festhalten: Man muss grundsätzlich niemandem etwas beweisen. Ich finde es wirklich schlimm, wenn Leute der Ansicht sind, dass man nur durch Erfolg definiert wird. Gerade bei Sportlern ist das aber leider oft die Gefahr.
Was meinen Sie konkret?
Gerade im Sport herrscht das Denken: Wenn ich nicht erfolgreich bin, dann bin ich nichts wert und werde deshalb schlechter behandelt. Man kann als Sportler leicht in dieses Fahrwasser geraten. Erfolg hat aber null damit zu tun, wie man als Mensch gesehen wird.
Sie haben die Polizeiausbildung abgeschlossen, sie absolvieren ein Master-Studium. Ist es für das Selbstwertgefühl von Vorteil, wenn man wie Sie auch abseits des Sports Erfolgserlebnisse feiern kann?
Ich finde, dass es wichtig ist, dass man nicht alles auf den Sport aufhängt. Ich habe auch jahrelang nur den Sport gesehen und hatte eine gewisse Angst vor der Zukunft: Was ist, wenn die Saison nicht gut läuft? Was ist, wenn ich den Kaderplatz verliere? Was ist, wenn es mit dem Skifahren nichts mehr wird? Was mache ich dann?
Was hat Ihnen diese Zukunftsangst genommen?
Bei mir war es die Verletzung. Durch die Verletzung habe ich notgedrungen andere Bereiche des Lebens kennengelernt und festgestellt, dass es außerhalb des Sports andere schöne Sachen auch noch gibt. Und es gibt nun einmal ein Leben nach der Karriere. Ich habe den Vorteil, dass ich relativ breit aufgestellt bin: mit der Polizei und einem Studium. Ich habe relativ viele Ausbildungen gemacht, da brauche ich keine Angst um die Zukunft haben. Aber das musste ich auch erst realisieren.
Apropos Zukunft: Wie weit blicken Sie voraus? 2025 findet die WM in Saalbach statt. Da wären Sie dann 32.
Ich schaue wirklich nur mehr von Jahr zu Jahr. Vor zwei Jahren war unsicher, ob ich überhaupt noch fahren kann, der Körper gibt die Richtung vor. Aber man kann es an den Fingern einer Hand abzählen, wie lange es noch geht.
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