Ob Erwin Pröll, der am selben Tag seinen Verzicht auf die Kandidatur für die Bundespräsidentenwahl verriet, ob Barack Obama, der die Verstärkung der US-Truppen in Afghanistan verkündete, ob Österreichs Fußball-Nationalteam, das in Paris im WM-Qualifikationsmatch nur noch Sparringpartner für Frankreich spielen durfte – alle und alles drängte Hermann Maier am 13. Oktober 2009 aus den Schlagzeilen.
Mit Tränen in den Augen verkündete der sonst so harte Maier seinen Rücktritt vom Rennsport. Über Nacht – nur ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel und Raiffeisen-Werbechef Leo Pruschak waren eingeweiht gewesen – hatte sich Maier dazu entschlossen und für seine Abschiedsrede einen standesgemäßen Schauplatz gewählt. Die Wiener Hofburg.
„Wirklich? Zehn Jahre ist das schon wieder her?“ Sein ehemaliger sportlicher Vorgesetzter Hans Pum reagiert erstaunt. Pum, 65, selbst trat heuer im Sommer nach 42 ÖSV-Jahren als Österreichs dienstältester und zugleich erfolgreichster Sportcoach ab. Ein paar Monate zuvor waren Pum und Maier einander bei einer Messe in Innsbruck über den Weg gelaufen. Pum: „Der Hermann war super beinand’.“ So, als würde er heimlich trainieren und sich die Fitness nicht nur beim Tourengehen, sondern auch im Kraftkammerl holen.
Zurückgezogen
Abgesehen von diesem Zufallstreff hat Maier zum Skiverband nahezu null Kontakt. Selbst der ÖSV-Veranstaltungsdirektor und Flachauer Rupert Steger, der 1998 in Japan den Herminator bei dessen legendärer Olympiashow (zwei Mal Gold nach Horrorsturz) auf Schritt und Tritt begleitet und betreut hatte, sieht den Flachauer Maier nur noch in der TV-Werbung oder auf Plakaten. Obwohl Hermann Maier seinen Wohnsitz nicht endgültig an den Attersee (wo er eine Villa besitzt) verlegt hat.
Bodenständig
Flachau wird immer seine Heimat bleiben. Dort führt sein Bruder (der ehemalige Profi-Snowboarder) Alex die elterliche Hermann-Maier-Skischule. Dort sind Hermanns unzählige Trophäen ausgestellt.
Dort, in einem Renaissance-Schloss, hat der mittlerweile 46 Jahre alte Salzburger heuer still und heimlich die (steirische) Mutter seiner drei kleinen Töchter geheiratet. Dort unternahmen Hermanns Zwillingsmäderln die ersten Rutschversuche. Dort ist auch sein einstiger Privat- und Erfolgstrainer Andi Evers daheim.
Von Evers, den sich vor wenigen Monaten der Deutsche Skiverband geangelt hat, hielt Maier stets besonders viel. Weshalb es keine Überraschung wäre, würde Maier am Donnerstag bei einer Mini-Pressekonferenz in Wien-Ottakring sagen: „Passt’s ma in der Abfahrt auf die Deitschen auf.“
Maier erklärt sich anlässlich von Raiffeisen-TV-Dreharbeiten in Wien und im Wienerwald zu einer Audienz für einige wenige Medienvertreter bereit, die ihn schon zu seiner aktiven Zeit begleitet hatten und von denen er nicht befürchten muss, dass sie ihn falsch zitieren. Diesbezüglich machte er zuweilen schlechte Erfahrung, weshalb er sich selbst zehn Jahre nach dem Karriereende von PR-Mann Walter Delle Karth vor Fragestellern schützen lässt. Auch empfand er es als unerträglich, wie Touristen busweise zum Maier-Schauen anreisten und „bis ins Wohnzimmer starrten“.
Making of - "Universum" mit Hermann Maier
Geläutert
Dass er bei einem Zeltfest zu fortgeschrittener Stund’ genervt (und leicht alkoholisiert) provokanten „Fans“ von der Bühne herab den Stinkefinger zeigte, ist Schnee von vorgestern; würde ihm heute so wohl nicht mehr passieren.
Maier machte immer schon gern Nägel mit Köpfen. Vielleicht ein Mitgrund, weshalb er seine Hotel-Ambitionen mit Rainer Schönfelder zurückgeschraubt hat. Und nicht mehr Mitgesellschafter, sondern nur noch Markenbotschafter für die familienfreundlichen, leistbaren Drei- bis Vier-Stern-Herbergen ist.
Abgesehen von TV-Drehs für Sponsoren und die ORF-Universum-Serie „Meine Heimat“, wozu er sich kürzlich im Bregenzerwald als Rodelbauer versuchte, meidet Maier Kameras. Social Media sind ihm ohnehin suspekt. Anders als die aktuelle Rennläufergeneration ignoriert er Twitter und Facebook.
Maier nannte es in einem seiner seltenen Interviews alarmierend, „wenn sich Kinder schon am Schulweg hinter ihrem Smartphone verstecken“. Diesbezüglich wird ihm Marcel Hirscher kaum widersprechen, obwohl der als (30 Jahre junger) Rennpensionist auf 582.000 Follower verweisen kann.
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