Wien bleibt anders: Ist die Hauptstadt noch eine Sportstadt?

Einstellung wie Profi, Gage wie Amateur: Meistergoalie Möstl
Mehr Impulse gehen von den Bundesländern aus.

In Spielberg dröhnen die Motoren, im Ernst Happel-Stadion geben Pink, Harry Styles, die Red Hot Chili Peppers, Bruce Springsteen und Rammstein den Ton an, ehe im August die Zeugen Jehovas auf dem Prater-Rasen ihren Kongress abhalten. Erst am 13. Oktober ist die ÖFB-Nationalelf im 92 Jahre alten Betonoval am Ball, das sich nur für große Spiele (wie dem bereits ausverkauften gegen Belgien) eignet.

Ist das Happel nur halb voll, gleicht es allein schon wegen seiner (seit Jahren nicht mehr benützten) breiten Laufbahn einem Stimmungstöter. Deshalb schließt sich David Alaba den Rufern nach einem Neubau an. Doch es bedarf keiner hellseherischen Qualitäten, um zu prophezeien: Der Stadion-Wunsch wird frühestens in Erfüllung gehen, wenn Alabas Sohn Zion (3)im Profi-Alter ist.

Ohne privaten Investor wird kein Politiker den Bau eines Stadions wagen, das die Kriterien der UEFA für ein Champions-League-Finale erfüllt. Zudem gelingt es, ohne aufregend teure bauliche Maßnahmen der Öffentlichkeit vorzugaukeln, dass Wien ohnehin Nabel der Sportwelt sei.

So lockte die 3x3-Basketball-WM, bei der bloß auf einen Korb gespielt wird und nur mobile Stahlrohrtribünen notwendig waren, beachtliche 73.000 Leut’ auf den Rathausplatz.

Davor war der Wien-Marathon, organisiert von einem Tiroler (Wolfgang Konrad), allein schon aufgrund der enormen Teilnehmerzahl und der prächtigen Ringstraßenkulisse ein voller Erfolg. Und im August wird sich, organisiert von einem Kärntner (Hannes Jagerhofer), bei der Beachvolleyball-EM auf der Donauinsel das jugendliche Publikum selbst feiern, unabhängig davon, ob für Rot-weiß-rot auch sportlich dazu Anlass besteht.

In traditionsreicheren Teambewerben wurde der Wiener selbst auf nationaler Ebene bescheidener. Für Austria und Rapid reicht es seit 10 bzw. 15 Jahren zu keinem Titel. Auch bei Eishockey (Salzburg), Basketball (Gmunden), Volleyball (Tirol) kommen die Meister aus den Bundesländern.

Just die Westwien-Handballer halten die Ehre hoch. Obwohl sie alternierend in sieben verschiedenen Hallen trainieren und ihre Heimspiele in der niederösterreichischen Südstadt austragen mussten.

Die Westwiener Meistermannschaft wird nun aus wirtschaftlichem Grund unwiderruflich aufgelöst. Und Boshafte behaupten, Westwien sei nicht dank, sondern trotz Sportstadtrat Peter Hacker Meister geworden. Der rechtfertigte seine tauben Ohren gegenüber Hilferufe des Union-Vereins damit, dass er nicht dazu da sei, Profisportler zu finanzieren. Wobei der ob seiner Wortgewalt bei Mikrofonträgern beliebte Politiker offensichtlich Handballer mit Kickern verwechselt hat.

Wie kann der aktuell mit einem Ärztestreik in Wien konfrontierte Dreifach-Stadtrat (Gesundheit, Soziales, Sport) auch wissen, dass z.B. Meistergoalie Constantin Möstl bloß 40 Euro pro Punkt erhielt? Bei dessen künftigen Arbeitgeber in Vorarlberg werden die Paraden des jungen Teamtormanns ein bissel besser honoriert.

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