Das abrupte Ende einer Feier
Noch einen Tag vor dem Blutbad wurde beim abendlichen Münchner Empfang von Bruno Kreisky die Bronzemedaille von Ilona Gusenbauer gefeiert. Nur die Hochspringerin fehlte. Statt Kanzler-Ehrung Warten auf den Dopingtest. Dem langen Tag folgte für Ilona eine kurze Nacht. Um 5 Uhr früh hörte sie die Schüsse. Das ÖOC-Damenquartier war nur 100 Meter vom Tatort entfernt.
Gefühlt 100 Höhenmeter über mir werden’s gewesen sein, als 17 Stunden später zwei Hubschrauber mit den Geiseln an Bord Richtung Militärflughafen Fürstenfeldbruck abdrehten. Ich stand auf einem Mini-Balkon, während dies im TV gemeldet wurde. Um 1 Uhr früh dann die vermeintliche Erleichterung. „Geiseln frei“ verkündete der deutsche Regierungssprecher Konrad Ahlers. Worauf zig europäische Zeitungen mit einer Falschmeldung erschienen. Erst nach KURIER-Druckschluss wurde das wahre Ausmaß der Tragödie bekannt.
Alle Geiseln tot!
Ein Olympia-Abbruch als Kapitulation
Bei der Trauerfeier im Olympiastadion rechneten die meisten der anwesenden Athleten und Reporter mit dem Abbruch der Spiele. Irrtum. „The games must go on!“, rief IOC-Präsident Avery Brundage ins Mikrofon. Jener US-Millionär, der sich, vereinnahmt von Hitler, für Olympia 1936 in Berlin starkgemacht hatte. Und der im Jänner ’72 den Winter-Olympia-Ausschluss von Karl Schranz in Sapporo erzwang. Für sein Beharren auf die Fortsetzung der Münchner Spiele aber bekam Brundage sogar von Hugo Portisch Leitartikel-Lob. Zumal ein Abbruch der Spiele die Kapitulation vor dem Terror bedeutet hätte.
Dennoch: Die Palästinenser-Verbrechen von München haben viel verändert. Als weltweite Konsequenz wurden auf Flughäfen die Sicherheitsmaßnahmen extrem verschärft. Und bis heute nicht gelockert.
Vor den Spielen ’72 hatte ein Erscheinen 25 Minuten vor Abflug noch genügt, um an Bord gelassen zu werden. Ohne VIP-Status, ohne Gepäckkontrolle. Ungescannt. Auch das klingt
50 Jahre später wie erfunden.
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