Sport als politisches Instrument: Nordkoreas bizarre Erfolgsgeschichten
Wenn die Fußballerinnen von Nordkorea nur ein bisschen nach Kim Jong-Il kommen, dem „geliebten Führer“, dann können sich die ÖFB-Frauen heute im Achtelfinale der U-20-WM in Kolumbien warm anziehen. Der Ex-Diktator (1994–2011) soll laut Überlieferungen nämlich eine echte Sportskanone gewesen sein.
So weiß das nordkoreanische Informationsministerium von historischen Heldentaten zu berichten: Auf seiner allerersten Golfrunde habe Kim Jong-Il ganze elf Hole-in-Ones serviert, auch bei seiner Bowling-Premiere war dem 2011 verstorbenen Führer auf Anhieb die maximale Punktezahl von 300 Zählern gelungen. Eigentlich schade, dass der Sportwelt die außergewöhnlichen Fähigkeiten von Kim-Jong-Il vorenthalten geblieben sind.
Die große Show
Die Inszenierung ist auch heute noch Programm im nordkoreanischen Sport. Die bedeutendste Sportveranstaltung im Land, das Arirang-Festival, ist weniger ein Wettkampf als vielmehr eine Leistungsschau, die für Nicht-Nordkoreaner äußerst befremdlich erscheint. Mehr als 100.000 Menschen wirken im „Stadion 1. Mai“ in der Hauptstadt Pjöngjang mit, wenn tanzend und turnend in Massenchoreografien die Geschichte des Landes nachgestellt wird. Und dabei jede Bewegung sitzt. Sitzen muss.
Ähnlich durchorchestriert präsentierte sich auch die sogenannte „Armee der Schönen“, die Nordkorea 2018 zu den Winterspielen nach Pyeongchang in Südkorea entsandt hatte: 229 Frauen, die sich vom Scheitel bis zur Sohle glichen, regimetreu und angeblich von Diktator Kim Jong-Un persönlich auserwählt, die mit ihrem schrillen Singsang die Wettkämpfe begleiteten.
Bei den Olympischen Spielen 2018 hatten die beiden Länder, die sich völkerrechtlich seit sieben Jahrzehnten im Kriegszustand befinden, die Rivalität für kurze Zeit auf Eis gelegt und ein gemeinsames Frauen-Eishockey-Team mit Spielerinnen aus Süd- und Nordkorea ins Rennen geschickt. Auch bei der Eröffnungsfeier waren die beiden Delegationen unter gemeinsamer Flagge einmarschiert.
Die großen Erfolge
Rein sportlich hinkt Nordkorea dem südlichen Nachbarn weit hinterher. Das wurde auch heuer bei den Sommerspielen in Paris wieder deutlich. Während Südkorea 32 Medaillen holte, fielen für Nordkorea lediglich sechs Stück ab – im Boxen, Ringen, Tischtennis und im Wasserspringen.
Die größten Prestigeerfolge konnte das isolierte Land bislang im Fußball feiern. So besiegte Nordkorea bei der WM 1966 Italien und zog ins Viertelfinale ein. Mit den Jugendteams wurden die Nordkoreanerinnen 2006 (U-19-Klasse) und 2008 (U-17) bereits Weltmeister. Das Frauen-Team, das im FIFA-Ranking an neunter Stelle liegt, gewann immerhin schon drei Mal den Asiacup.
Das große Donnerwetter - oder doch Doping
Im Kampf um internationale Aufmerksamkeit nimmt es Nordkorea mit den Spielregeln nicht immer ganz genau. Bei der Fußball-WM der Frauen im Jahr 2011 waren etliche Spielerinnen gedopt, der nordkoreanische Verband tischte danach abenteuerliche Argumentationen für die positiven Tests auf: Die Spielerinnen seien nach einem Blitzschlag mit einem Drüsenextrakt des Moschushirschen behandelt worden. Warum dann gleich 14 verschiedene Steroide in den Proben gefunden wurden, ist eine andere Geschichte.
Das Donnergrollen der FIFA folgte prompt: Vom WM-Turnier 2015 wurden die Nordkoreanerinnen ausgeschlossen und waren seither auch bei keiner Endrunde mehr gesehen.
Das große Schweigen
Auch der letzte WM-Auftritt der Männer 2010 in Südafrika verlief skurril. Bei der 0:7-Abfuhr gegen Portugal stellte der Reporter des Staatsfernsehens ab dem 0:4 die Arbeit ein und schwieg bis zum Schlusspfiff. Nach der Rückkehr in die Heimat wurden Trainer und Spieler von einem 400-köpfigen Gremium zu einem sechsstündigen Rapport gebeten.
Kim Jong-Un, der seit 2011 als „Oberster Führer“ in Nordkorea an der Macht ist, kann man ohnehin nichts vormachen. Der übergewichtige Kettenraucher ist offenbar ein ähnliches Sporttalent wie sein Vater Kim Jong-Il: In den nordkoreanischen Schulbüchern wird jedenfalls darüber berichtet, dass er mit drei Jahren schon ein Meisterschütze war und im zarten Alter von 8 Jahren bereits dem Landes-Segelmeister um die Ohren gefahren ist.
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